«Private Viewing»

Für einmal stehen die Türen der Villa Fontana in Ennenda offen: Künstlerin Ekaterina Chernetskaya zeigt Illustrationen zum Kinderbuch «Die Bienenkönigin», das Märchen der Brüder Grimm hat Romana Ganzoni modern auf die Tiere fokussiert. «Private Viewing» mit Tee und Blick auf die Sequoia.



Ekaterina Chernetskaya vor ihren Illustrationen. (Foto: FJ)
Ekaterina Chernetskaya vor ihren Illustrationen. (Foto: FJ)

Am Freitag, 27. November, und Samstag, 28. November, führte Ekaterina Chernetskaya durch ihre Ausstellung in der Villa Fontana – so etwas nennt sich «Private Viewing», Alternative zur Pre-Buchpräsentation, die coronabedingt ins Wasser fällt. Da geht es vorbei am dicken grauen Kater ins Wohnzimmer, wo zwölf Bilder hängen, auf denen Ameise, Biene und Ente – naturalistisch – mit Dummling, seinen beiden Brüdern und den Prinzessinnen abgebildet sind. 2021 erscheint das Bilderbuch im Baeschlin Verlag – finanziert auch durch Friendfunding.

Verlagerter Fokus
Im Grimm’schen Märchen sind es die drei Helden, die im Mittelpunkt stehen. Während die beiden Älteren den Tieren den Garaus machen wollen, setzt sich der Jüngste – genannt Dummling – für die Tiere ein. Autorin Romana Ganzoni verlagert in ihrer Neuinterpreation den Fokus auf die Tiere. Sie verfolgen die Action unter den drei jungen Männern, betrachten sie kritisch, setzen sich für die Menschen ein. Die Illustrationen dazu sind ungewohnt – naturalistisch einerseits, eher Biologiebuch als Kindermärchen, und doch dem kindlich schauenden Auge angepasst: Die Ameise – manchmal so gross wie die Ente und beide grösser als der Mensch – wird auf dem nächsten Bild doppelt so gross wie die Perle, welche sie sammeln soll. Die Biene, naturgetreu im Flug aufs Nest, doch mit schreckgeweiteten Augen. Das Spiel mit den Grössen erinnert an «Little Nemo», die Optik passt sich der Szene an – bis hin zu den tauchenden Enten, die aus einem Tierdokumentarfilm stammen könnten.

Tee trinken

In der Küche wird Tee aufgetragen, wahlweise Kaffee aus der Olympia Express, dazu abgepackte Kuchen, Schokolädchen, Schälchen mit Nüssen. Da hat die Detailverliebte sich ausgetobt und an den Wänden hängen ihre Werke – jene aus der russischen Zeit vom Fischmarkt, von Kühen, von Hügeln, die sich bis zum Horizont erstrecken, jene neueren, anderen, die das Glarnerland mit Liebe fassen, der Volksgarten, das Wasser des Stausees Garichte, der abendliche Weg über Ennetrösligen. Man darf sie kaufen, wenn man sie sich für die eigenen vier Wände schenken möchte. Die Malerin empfiehlt derweil den Film «Brat» (Der Bruder) von Alexei Balabanow, oder seine Bulgakov-Verfilmung «Morphine», «Zerograd» (Die Stadt Zero) von Karen Shakhnazarov. Da steht «Fisch» in Kyrillisch und die Menschen stehen da in Pelzmützen. Ilja Kabakov erzählte, wie er und seine Malerfreunde in Sowjetzeiten niemals ausstellen konnten und sich einfach gegenseitig besuchten. Chernetskaya erzählt von ihrem Grossvater, dem Autor, von ihrem Vater, dem Illustrator. Mit ihm durfte sie an «Die Vögel der Sowjetunion» mitzeichnen. Kein Wunder, gelingen ihr Enten so natürlich. Besuche mit Voranmeldung bei Thomas Schätti: [email protected]