Psychotherapeutische Betreuungskonzepte werden geprüft

In seiner Antwort auf eine Interpellation stellt der Regierungsrat die Umsetzung einer integrierten psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung – coronaverzögert – auf Anfang 2023 in Aussicht.



Die Beratungs- und Therapiestelle Sonnenhügel in Glarus •(Foto: BTS)
Die Beratungs- und Therapiestelle Sonnenhügel in Glarus •(Foto: BTS)

Die Interpellation der grünliberalen Partei Kanton Glarus erkundigt sich nach dem Ausbaustand der psychiatrischen Grundversorgung des Kantons, vor dem Hintergrund, dass angesichts der Coronavirus-Pandemie vermehrt solche Dienstleistungen nachgefragt werden.

Der Regierungsrat hat die Stärkung der integrierten Gesundheitsversorgung als ein Ziel in der Legislaturplanung 2019–2022 definiert. Ein wichtiges Projekt ist dabei die Schaffung einer integrierten psychiatrisch-psychotherapeutischen Grundversorgung im Kanton. Die Strukturen in diesem Bereich sind organisch über die Jahre gewachsen. Dies führt zu Problemen und Lücken, die mittels einer umfassenden Reorganisation angegangen werden sollen.

Das integrierte Angebot soll die Prävention im Bereich der psychischen Gesundheit, die Beratung in Lebenskrisen, die Sucht-, Familien- und Paarberatung sowie ambulante, tagesklinische und stationäre psychiatrische Behandlungen und Therapien für alle Altersgruppen auf dem Areal des Kantonsspitals Glarus umfassen.

Das Projekt startete im Herbst 2019 (vgl. Tätigkeitsbericht 2019, S. 25 f). Das von den Interpellanten erwähnte Grundlagenpapier vom 30. August 2019 ist auf der Webseite des Departements Finanzen und Gesundheit (Departement) einsehbar.

Beantwortung der Interpellation

Inwieweit ist das Legislaturziel der regierungsrätlichen Planung 2019–2022, der Schaffung einer integrierten psychiatrischen-psychotherapeutischen Grundversorgung erreicht oder wieweit ist die Planung fortgeschritten?

Regierungsrat: Die Umsetzung der angestrebten integrierten psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung verzögert sich aufgrund der COVID-19-Pandemie. Aktuell erscheint eine Umsetzung per Anfang 2023 realistisch, wobei dieser Termin nicht zuletzt vom weiteren Verlauf der Pandemie sowie der angestrebten Lösung abhängig ist.

Der aktuelle Stand präsentiert sich dabei wie folgt: Das Kantonsspital Glarus und die Psychiatrischen Dienste Graubünden haben im letzten Herbst je ein eigenes Konzept für ein solch integriertes Angebot im Kanton Glarus beim Departement eingereicht. Das Departement hat die beiden anonymisierten Konzepte durch einen unabhängigen Experten beurteilen lassen. Dieser Expertenbericht wurde im Februar 2021 den beiden Leistungserbringern zur Stellungnahme unterbreitet. Sobald diese Stellungnahmen eingegangen sind, dürften alle benötigten Grundlagen vorliegen, damit der Regierungsrat im Sinne eines Grundsatzentscheides festlegen kann, welchen Leistungserbringer er mit der Umsetzung dieses integrierten Angebotes beauftragt. 

Wie beabsichtigt der Regierungsrat die strukturellen Mängel mit drei verschiedenen Leistungserbringern und vier Leistungsaufträgen zu bereinigen?

Regierungsrat: Wie das Departement im Grundlagenpapier ausführt, lautet die zentrale Zielsetzung, die Versorgung optimal auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten auszurichten. Im heutigen System sind die Interessen der einzelnen Leistungserbringer nicht deckungsgleich, was eine integrierte Versorgung erschwert bis verunmöglicht. Die individuelle Behandlungskontinuität für die Patienten auch bei unterschiedlicher institutioneller Behandlungsbedürftigkeit soll verbessert werden, indem der Kanton künftig anstelle von vier Leistungsaufträgen mit drei Leistungserbringern nur noch eine umfassende Leistungsvereinbarung mit einem Leistungserbringer abschliesst («Versorgung aus einer Hand»).

Wie beabsichtigt der Regierungsrat aufgrund des allgemein gestiegenen Bedarfs sowie der aktuellen Krisensituation die viel zu langen Wartezeiten auf einen Termin zu verringern?

Regierungsrat: Wie verschiedene Berichte zeigen, ist die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgungssituation schweizweit und aufgrund der COVID-19-Pandemie angespannt, was oftmals lange Wartezeiten für neue Patientinnen und Patienten bedeutet. Der Kanton Glarus bildet dabei keine Ausnahme. Dies, obwohl er in der Vergangenheit Massnahmen ergriffen hat. Mit der Schaffung einer allgemeinpsychiatrischen Tagesklinik und eines kinder- und jugendpsychiatrischen Dienstes wurde die Versorgung gestärkt. Trotzdem besteht weiterhin eine Unterversorgung. Hier zeigt sich, dass der Mangel an Fachkräften nicht nur im Bereich des Pflegewesens besteht, sondern sich in verschiedenen anderen Bereichen des Gesundheitswesens ebenfalls bemerkbar macht. So gelang es beispielsweise dem Kantonsspital Glarus trotz intensiver Suche nicht, eine zusätzliche Psychiaterin oder einen zusätzlichen Psychiater zu rekrutieren. Erfreulicherweise kann zumindest die Beratungs- und Therapiestelle Sonnenhügel per 1. April 2021 ihre psychotherapeutischen Ressourcen aufstocken, damit die Wartefrist von aktuell vier auf zwei Wochen reduziert werden kann.

Es ist weder Aufgabe des Regierungsrates noch hat er die Möglichkeiten, die Wartezeiten auf einen Termin für eine Therapie direkt zu steuern. Dies fällt in die Verantwortung der Akteure im Gesundheitswesen, die sich gegenüber dem Regierungsrat und damit gegenüber dem Kanton in einer Leistungsvereinbarung verpflichten. Selbstverständlich geht es dabei auch um die konkrete Definition von verschiedenen Versorgungsleistungen wie beispielsweise eine Aufnahmepflicht oder eine dringliche Beistandspflicht (in Notfällen). Erfüllt der Leistungserbringer die vereinbarten Ziele nicht, beispielsweise weil er zu wenig personelle Ressourcen für die Erfüllung des Leistungsauftrages beschäftigt und es dadurch zu längeren Wartezeiten kommt, ist der Regierungsrat gezwungen, über die Steuerung der Leistungsvereinbarung zu handeln. In diesem Fall sind von inhaltlichen Anpassungen bis zum Entzug der Leistungsvereinbarung verschiedene Varianten möglich.