Raphael Lustenberger ist der neue Tenniskönig von Mollis

Während dreier Tagen wurde am vergangenen Wochenende in Mollis Tennis der nationalen Spitzenklasse geboten. Dank dem einzigartigen Wetter, packen-den Tennis-Fights und hervorragender Zuschauerkulisse wurde die Ausgabe 2008 des Ochsner Sport Tennis Opens zum grössten Erfolg seit Bestehen des Frühjahresturniers.



Das Siegefoto 2008. V.l.n.r.: Walter Iten
Das Siegefoto 2008. V.l.n.r.: Walter Iten

Während sich bereits am Freitagabend die Spieler der tieferen Tableaux die Ehre gegeben hatten, entbrannte in der Spitzenkategorie MS N2/R1 am Samstagmorgen der Kampf um die Königskrone von Mollis. Zahlreiche Spieler der nationalen Tenniselite hatten sich im Vorfeld angemeldet, sodass der Sieg in diesem Tableau offen war wie schon lange nicht mehr. Zu den Top-Favoriten gehörte nebst dem an Nummer 2 gesetzten Jiri Lokaj (N2 26) vor allem der zwanzigjährige Raphael Lustenberger aus Ebikon (LU), welcher als Nummer 23 der Schweiz an Nummer 1 gesetzt ins Molliser Tennisfest starten konnte. Doch auch den drei Deutschen Mario Eckardt (N2 30), der aus Los Angeles angereiste Philipp Gründler (N2 28) sowie der aus Thun stammende Janusch Graf (N2 28) konnte der Sieg zugetraut werden. Mit diesem starken Teilnehmerfeld waren also packende Tennisspiele garantiert, sodass es nicht sonderlich ins Gewicht fiel, dass am Samstagmorgen noch drei Absagen eingetroffen waren.

Die Königsklasse war entfesselt

Den ersten heroischen Kampf um ein Weiterkommen bestritt der ursprünglich aus dem Glarnerland stammende Basler Linus Zweifel (N4 89), welcher am Samstagmorgen seinen gleichklassierten Gegner in drei Sätzen förmlich niederrang. Einfacher hatte es Luca Roshardt (N3 45), welcher zur gleichen Zeit seinem Kontrahenten die Höchststrafe von 6:0/6:0 verpasste. Die Sechszehntelfinals stimmten auf das ein, was am Nachmittag kommen sollte: Der Einstieg der N2-Spieler ab den Achtelfinals. Dies war gleichzeitig auch das Pech vom einzigen Glarner im Tableau, Marco Honegger (N4 120), welcher sein Startspiel gegen den in der nationalen Rangliste zwei Plätze vor ihm liegenden Yannic Wymann relativ klar gewonnen hatte, traf er doch anschliessend mit Mario Eckardt auf einen der Turnierfavoriten. Dieser liess ihm keine Chance und entschied die Partie klar mit 6:2/6:1. Auf dem Platz nebenan spielte Raphael Lustenberger seine Achtelfinalpartie gegen Yanick Mandl (N3 58) und setzte sich in knapp eineinhalb Stunden mit 6:2/6:1 schliesslich durch. Dies bedeutete, dass mit Lustenberger und Eckardt bereits im Viertelfinal vom Sonntagmorgen zwei N2 Spieler aufeinandertreffen würden.

Das Augenmerk lag schliesslich beim ehemaligen Sieger der amerikanischen College-Meisterschaften, dem Deutschen Philipp Gründler, zumal dieser mit grossen Vorschusslorbeeren ins Glarnerland angereist war. Bereits seine erste Partie zeigte, dass der Top-Favorit für den Turniersieg wohl gefunden war: Gründler haute seinem Gegner, dem immerhin an R1-klassierten Westschweizer Andrei Jourovski förmlich die Bälle um die Ohren. Hie und da ging ein Raunen über die praktisch volle Molliser Tennistribüne, als Gründler seine Bälle über das Netz drosch. Das fast unheimliche Spiel des Deutschen war indes bereits nach knapp dreiviertel Stunden vorbei, zumal er seinen Gegner mit 6:0/6:1 förmlich vom Platz fegte.

In der unteren Tableauhälfte konnte man gespannt sein, wie sich der dreimalige Hefti Sport-Cup Gewinner Jiri Lokaj wieder an den Molliser Sand gewöhnen würde. Die Rückkehr des ehemaligen Molliser Königs war dank seinem klaren Startsieg gegen Jannis Liniger (N4 75) geglückt, sodass sämtliche Favoriten in die Viertelfinals am Sonntagmorgen einziehen konnten. Auch der am Samstag noch amtierende König von Mollis, Patrick Schnidrig (N3 42), konnte seinen Achtelfinal für sich entscheiden und war somit auch am Sonntag noch dabei.

Sonntag, 09:00, Tennisplatz Wydeli, Mollis: Das Spektakel war vorprogrammiert

Die Viertelfinals des obersten Tableaux fanden mit Ausnahme von Schnidrig und Linus Zweifel, welcher sich in den Achtelfinals in einem heroischen Kampf gegen Luca Roshardt zuerst ins Spiel zurückgekämpft und dieses dann auch noch für sich entschieden hatte, ausschliesslich mit N2-Teilnehmern statt. Nicht mehr dabei war indes Philipp Gründler, welcher sich bereits bei seiner Tennislektion gegen Jourovski mehrmals an den Rücken griff und schliesslich aufgrund dieser Schmerzen für die weiteren Partien Forfait geben musste. Somit war ein vermeintlicher Sieger bereits ausgeschieden. Besonderes Spektakel durfte man vor allem vom Spiel Lustenberger gegen Eckardt erwarten, welches auf dem Centre-Court angesetzt war. Das Spiel nahm seinen Gang und war geprägt von einigen sensationellen Ballwechseln und Szenen, in denen sich die beiden Kontrahenten nichts schenkten: Aufschlagspiel um Aufschlagspiel entschieden die jeweiligen Aufschläger für sich, sodass das Tie-Break über den Gewinn des ersten Satzes entscheiden musste.

Es war schliesslich Lustenberger, welcher das bessere Händchen bewies und den Satz mit 7:6 für sich entscheiden konnte. Die Intensität des Spiels nahm nachher aber nicht ab, sondern erhöhte sich: Von Lustenberger, welcher vor allem durch seine präzisen Schläge und seine unglaubliche Fitness und Schnelligkeit glänzte, in die Enge getrieben, mochte Eckardt nicht mehr gleich energisch Stand zu halten, wie ihm dies noch im ersten Satz gelungen war. Resultat war eine Fehlerquote, die zunahm sowie den Verlust seines Aufschlagspiels. Lustenberger spielte stark auf und setzte Mal um Mal Glanzpunkte, sodass er den zweiten Satz mit 6:3 und somit das Spiel für sich entscheiden konnte.

Der Fall des Königs

Im zweiten Viertelfinal traf Titelverteidiger Patrick Schnidrig auf den Thuner Janusch Graf, welcher sich am Vortag durch sein gemütliches Wesen zum heimlichen Liebling zahlreicher Molliser Zuschauer gemausert hatte. Zumindest in Punkto Anreise hatte Graf indes bereits einen grossen Vorteil, war er doch der einzige Spieler, welcher mit seiner Freundin direkt auf dem Turnierareal in seinem Wohnmobil übernachtete und somit den kürzesten Anreiseweg aller Teilnehmer, Organisatoren und Zuschauern gehabt hatte.

Der erste Satz zwischen den beiden verlief ausserordentlich ausgeglichen, ehe Patrick Schnidrig das Spiel unterbrechen musste, zumal seine Schlaghand vermehrt übersät war mit Blasen. Getaped ging es indes (vorerst) weiter, doch nun waren die Rollen endgültig verteilt: Schnidrig wehrte sich tapfer gegen den Gegner und die Schmerzen an der Hand, doch Mitte des zweiten Satzes, beim Stand von 6:3/3:0 für Graf, musste Schnidrig Forfait geben.

New Kings, please

Der andere ehemalige König von Mollis, Jiri Lokaj, war weiterhin im Rennen: Er traf im Viertelfinal auf Sandro Salvi (N3 57), welcher sich gegen Altmeister Richard Farda (N4 117) durchgesetzt hatte: Während Lokaj den ersten Satz standesgemäss mit 6:2 für sich entscheiden konnte, tat er sich im zweiten Satz zunehmend schwer mit den immer feuchter werdenden Bällen. Der junge Salvi roch den Braten und spielte volles Risiko, was ihm den Gewinn des zweiten Satzes einbrachte. Mit neuen Bällen ging es in den dritten, entscheidenden Satz, in welchem Lokaj wieder aufdrehte und sein spektakuläres Spiel, welches ihm drei Molliser Turniersiege nacheinander eingebracht hatte: Die Erfolgsquote war hoch, die Fehlerquote minim. Salvi hatte keine Chance mehr und musste sich schliesslich auch im dritten Satz mit 2:6 geschlagen geben.

So traf Lokaj im Halbfinal auf Janusch Graf, während es der mittlerweile zum Top-Favoriten der Zuschauer gewandelte Raphael Lustenberger mit Linus Zweifel, welcher durch das Forfait von Gründler profitieren konnte, zu tun bekam. Das Weiterkommen von Zweifel ist insofern bedeutsam, zumal so weiterhin (mindestens halbe) Glarner Power im Turnier vorhanden war.

Die Favoriten setzen sich durch

Während der erste Halbfinal zwischen Lustenberger und Zweifel mit einem klaren Sieg für den Luzerner relativ rasch über die Bühne ging, kämpfte auf dem Centre-Court der zweiunddreissigjährige Lokaj in der sengenden Hitze des Glarner Frühlings um den Einzug in seinen insgesamt vierten Final im Molliser Frühlingsturnier. Die beiden Kontrahenten schenkten sich nichts, sondern spielten ihr bestes Tennis, was zu einem langen ersten Satz führte. Dies war umso erstaunlicher, da Graf im Vergleich zu Lokaj weit kürzere Vorrundenspiele hatte und somit frischer in die Partie gehen konnte als der gebürtige Tscheche. Graf gewann schliesslich den ersten Satz knapp im Tie-Break mit 7:6. Der zweite Satz indes war Lokaj-Time, mobilisierte dieser sämtliche Kräfte, um sein bestes Tennis zu spielen. Dies gelang ihm auch, gab es für die Zuschauer fortan beinahe magisches Tennis zu bewundern, in welchem der Zauberer Lokaj Schläge auspackte, welche eigentlich gar nicht möglich wären. Graf hatte dagegen kein Mittel und verlor den zweiten Satz äusserst klar mit 1:6. Es ging in die Verlängerung. Man stellte sich die Frage, wie lange Lokajs Batterien noch halten würden, zumal dies für den im Vergleich zu Graf deutlich älteren Spieler bereits die zweite Partie war, welche in den dritten Satz ging.

Graf indes zeigte keine Müdigkeitserscheinungen, doch auch die Sorge um Lokaj schien unnötig gewesen zu sein: Die beiden Spieler zelebrierten nochmals ihr bestes Tennis, sodass auch der Entscheidungssatz äusserst knapp war: Beim Stand von 5:5 gelang Lokaj das Break, sodass er schliesslich zum Aufschlag servieren konnte. Doch Graf hatte noch nicht aufgegeben, sondern ging mit 40:15 in Vorsprung und somit zwei Chancen zum Re-Break. Dies reichte nicht: Lokaj zeigte keine Nerven, holte den Vorsprung auf und gewann das Game, den Satz, und den Match.

Ein Final, das kein Verlierer verdient hat

Um 14:45 hielt OK-Mitglied Walter Iten die traditionelle Turnier-Laudatio, in welcher er sich bei den zahlreichen Helfern, den grosszügigen Sponsoren und vor allem auch bei den Spielern für ihre äusserst fairen Partien bedankte. Unter Augen des Ehrengastes des Tennisclubs Mollis, Regionalverbandspräsident Dario Ghisleni, welcher extra nach Mollis angereist war, dem Turnier beizuwohnen, begann um 15 Uhr der Final zwischen zwei Spielern der absoluten Spitzenklasse: Auf der einen Seite der Routinier Jiri Lokaj, welcher bereits nach einer halben Stunde Pause wieder bereit war, weiter zu spielen. Auf der anderen Seite der topgesetzte Raphael Lustenberger, welcher in Mollis sein erstes Turnier nach längerer Verletzungspause in Angriff nahm und auf seinem Weg in den Final namhafte Spieler aus dem Weg geräumt hatte. Bis zum Alter von 13 Jahren hatte Lustenberger nebst seiner Tennis- auch noch eine aussichtsreiche Karriere als Fussballer vor Augen, ehe er sich, wie dazumal ein gewisser Roger Federer, entschloss, voll auf den Tennissport zu setzen.

Mit seiner unglaublichen physischen Verfassung stellte Lustenberger seinen Gegner Lokaj schon zu Beginn des Finalspiels vor grosse Probleme, welchem man seine beiden vorergehenden Kämpfe langsam, aber sicher anmerkte: Lustenberger variierte sein Spiel derart, dass Lokaj nur noch reagieren statt agieren konnte. Unbeirrt kämpfte er indes weiter, doch Lustenberger war ihm in diesem Final stets ein Schritt voraus, variierte die Bälle, wechselte die Seiten, erlief jeden Ball und zwang Lokaj zu Fehlern. So gewann Raphael Lustenberger den ersten Satz klar mit 6:1, doch auch im zweiten Satz liess er nichts mehr anbrennen: Lokaj war gezwungen, mitzuhalten, was er angesichts seiner Verfassung nur noch schwerlich konnte. Beim Stand von 1:4 war Lokaj aufgrund seinen immer stärker werdenden Rückenschmerzen nicht mehr in der Lage, weiter zu spielen. Am Sieger hätte sich mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit ohnehin nichts mehr geändert, sodass das Ende des Finals zwar ein wenig abrupt, der Turniersieg von Raphael Lustenberger indes nicht weniger verdient gewesen ist. Somit ist Raphael Lustenberger der neue König von Mollis und komplettiert das Triumvirat um die bisherigen Turniersieger Jiri Lokaj und Patrick Schnidrig.

Glarner in anderen Kategorien erfolgreich

In den unteren Kategorien gewannen mit Stefan Trümpi in der R2/R5 Kategorie sowie Marco Lo Presti bei den Jungsenioren und Senioren zwei Glarner ihre Tableaux. Lo Presti setzte sich im Final gegen Marco Di Renzo mit 6:4/6:4 durch, während Trümpi seinen Teamkollegen im Interclub, Adrian Gnehm, mit 6:1 und 6:2 vom Platz fegte. Gnehm war es auch, der den einzigen Molliser im Tableau, Walter Iten jun., im Halbfinal ausgeschaltet hatte. Trümpi setzte sich in seinem Vorrundenspiel gegen den Niederurner Sämi Lang mit 6:1 und 6:2 durch.

Bei den Herren R6/R9 unterlag der Niederurner Bastian Rath im Final dem Sieger Adrian Frei mit 1:6 und 2:6, nachdem dieser den topgesetzten Tobias Vassella klar geschlagen hatte.

Die Geschichte geht weiter

Das Glarnerland blickt auf ein Turnier zurück, welches es in dieser Form noch nie gegeben hat: Begleitet durch einen grossen Zuschauerauflauf, wurde das Ochsner Sport Tennis Open 2008 dank den hervorragend besetzten Tableaux und Petrus‘ erneutem Wohlwollen zum grössten Erfolg in der Turniergeschichte. Viele Spieler lobten unisono die hervorragende Organisation, die einzigartige Lage und auch die nahezu perfekten Plätze, welche sie im Wydeli vorfanden. Bereits jetzt haben sich einige hochkarätige Teilnehmer bereits für das nächste Jahr wieder angekündigt, sodass davon ausgegangen werden kann, dass auch das Ochsner Sport Tennis Open 2009 wieder glarnerös sein wird.