Regierungsrat beantragt Kredit für Sterbehospiz

Unheilbar kranke Menschen sollen würdevoll sterben können. Der Regierungsrat beantragt einen Kredit von 800 000 Franken für den Pilot-Betrieb eines Sterbehospiz während vier Jahren.



In einem Trakt des Alters- und Pflegeheims Salem in Ennenda soll während eines Pilotbetriebs ein Sterbehospiz eingerichtet werden (• Foto: APH Salem)
In einem Trakt des Alters- und Pflegeheims Salem in Ennenda soll während eines Pilotbetriebs ein Sterbehospiz eingerichtet werden (• Foto: APH Salem)

Der Kanton Glarus möchte unheilbar kranken Einwohnerinnen und Einwohnern ein würdevolles Sterben in einem Hospiz ermöglichen. Das Hospiz nimmt Patientinnen und Patienten in ihrer letzten Lebensphase auf, wenn die Behandlung im Spital nicht mehr notwendig und eine angemessene Betreuung zu Hause oder in einem Pflegeheim nicht möglich ist. Das Angebot steht Patientinnen und Patienten zur Verfügung, die an einer fortschreitenden Erkrankung leiden, eine Heilung aber ausgeschlossen ist. Sie haben eine Lebenserwartung von Tagen, Wochen oder wenigen Monaten. 

Mit einem Pilotprojekt mit dem Alters- und Pflegeheim Salem in Ennenda, sollen Erfahrungen gesammelt werden, bevor über eine definitive Einführung entschieden wird. Während der vierjährigen Pilotphase sollen drei Hospizbetten angeboten werden. Es ist ein Kostendach von maximal 800 000 Franken vorgesehen. Die Gewährung eines entsprechenden Kredits wird dem Landrat beantragt. 

Bund und Kantone haben sich in der «Nationalen Strategie Palliative Care» dazu bekannt, den Menschen einen adäquaten Zugang zu qualitativ guten Palliativpflegeangeboten zu gewährleisten. Die Finanzierung von Hospizbetten richtet sich nach den bekannten Regelungen in Alters- und Pflegeheimen, wonach sich Patienten, Krankenversicherer, Wohngemeinden und Kantone die Kosten teilen. Der Kanton Glarus verpflichtet sich im Pilot zu einer leistungsorientierten Vergütung von 260 Franken pro Aufenthaltstag, wobei er seine Beitragszusicherung auf eine absolute Obergrenze von 200 000 Franken pro Jahr beschränkt. Es handelt sich nicht um Zusatzkosten. Schwer kranke Menschen bedürfen einer täglichen Behandlung und Therapierung. Diese Kosten fallen entweder im Hospiz oder dann an einem anderen Ort wie einem Spital oder einem Alters- und Pflegeheim an.

Hospiz – das Bedürfnis steigt

Die Anzahl an Personen mit unheilbaren, chronischen Krankheiten wächst analog der demografischen Alterung. Parallel dazu steigt die Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung ständig. Menschen leben, auch mit schweren Krankheiten, länger. Sie sind angewiesen auf eine umfassende, medizinische, pflegerische, therapeutische und psycho-sozial-spirituelle Versorgung. Entsprechend wird Palliative Care national wie auch regional weiter an Bedeutung zunehmen.

Zusammenarbeit mit Bethesda Alterszentren AG

Im Kanton Glarus besteht mit der Palliativstation im Kantonsspital bereits ein Angebot der spezialisierten Palliative Care. Zudem wurde im Rahmen der neuen Koordinationsstelle Gesundheit auch eine Teilzeitstelle «Spezialisierte Palliative Care» geschaffen, um einerseits die notwendige Fachexpertise und Qualität zu sichern und andererseits die Koordination zwischen den Patienten und den Leistungserbringern sicherzustellen.

Die Bethesda Alterszentren AG, zu der das Alters- und Pflegeheim Salem gehört, hat ein Konzept ausgearbeitet und eine kantonale Mitfinanzierung für einen befristeten Pilot-Betrieb von drei Hospizbetten im Alters- und Pflegeheim Salem beantragt.

Während einer Pilotphase sollen im Erdgeschoss des Alters- und Pflegeheims Salem drei Zimmer für Patientinnen und Patienten, Aufenthaltsräume mit Küche und ein Stationszimmer zur Verfügung stehen. Dieses Angebot wird aber durch einen separaten Eingang erschlossen. Erfahrungen zeigen, dass ein separater Hospiz-Eingang für die betroffenen Personen als wesentlicher Vorteil gesehen wird. Die schnelle Erreichbarkeit für die Besuche bei den schwer erkrankten Menschen tragen zur Entlastung der Angehörigen bei.

Bestmögliche Lebensqualität

Die Behandlung, Pflege und Begleitung der schwerkranken Menschen erfolgt durch ein multiprofessionelles Team. Dieses besteht aus Pflegefachpersonen, einem Seelsorger, einer Phyto-Fachfrau (z. B. für Wickel und Kompressen) sowie Aktivierungsmitarbeiterinnen und Freiwilligen. Die ärztliche Versorgung und weitere therapeutische Begleitung werden durch eine geplante Kooperation mit dem Kantonsspital Glarus gewährleistet. 

Im Vordergrund steht die Behandlung belastender Beschwerden wie Schmerzen, Atemnot, Angst und eine individuelle Pflege unter Berücksichtigung psychosozialer, kultureller und spiritueller Aspekte. Angehörige und Bezugspersonen werden gemäss dem Willen der Patienten in die Betreuung und Pflege miteinbezogen.

Pilotphase und Alternativen

Mit der Schaffung eines Hospizes im Kanton kann für die betroffenen Menschen wohnortsnah ein wertvolles Angebot der spezialisierten Palliative Care angeboten werden. Personelle und materielle Ressourcen können gezielt auf die Bedürfnisse der meist komplexen Fälle verteilt werden. Entsprechend wird der Glarner Bevölkerung ein vergrössertes und zeitgemässes Versorgungsangebot bereitgestellt.

Eine grosse Unsicherheit besteht jedoch beim Bedarf. Gemäss den Empfehlungen der Fachleute und auch den Erfahrungs- und Planwerten von anderen Kantonen dürfte für den Kanton Glarus im Durchschnitt ein Hospizbett den Bedarf abdecken. Ein Angebot mit nur einem Bett lässt sich jedoch nicht wirtschaftlich betreiben und bietet auch keine Flexibilität, wenn mehrere Personen gleichzeitig ein Hospizangebot benötigen. Es ist daher sinnvoll, den Bedarf für ein Hospiz erst im Rahmen eines Pilotprojekts zu erheben und dann über eine definitive Einführung zu befinden.

Mit der vorgesehenen leistungsorientierten Vergütung ist sichergestellt, dass sich der Kanton nur an den Kosten von effektiv bezogenen Leistungen beteiligen muss. Mit der Begrenzung auf 200 000 Franken pro Jahr besteht daneben auch eine absolute Obergrenze, welche die Kostenfolgen begrenzt. Das Projekt kann bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten (Auslastung über 3 Monate unter 60%) innert sechs Monaten abgebrochen werden. 

Sollte sich in der Pilotphase zeigen, dass tatsächlich nur ein geringer Bedarf besteht, könnte als Alternative eine Subjektfinanzierung geprüft werden: Anstatt an eine Institution leistet der Kanton dabei einen direkten Beitrag an die Hospizpatienten, die sich eine geeignete Institution selber aussuchen können.

Definition «Palliative Care»

Palliative Care umfasst die Betreuung und die Behandlung von Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen und/oder chronisch fortschreitenden Krankheiten. Sie wird vorausschauend miteinbezogen, ihr Schwerpunkt liegt aber in der Zeit, in der die Heilung der Krankheit nicht mehr möglich ist und kein primäres Ziel mehr darstellt. Patientinnen und Patienten wird eine ihrer Situation angepasste optimale Lebensqualität bis zum Tode gewährleistet. Nahestehende Bezugspersonen werden angemessen unterstützt. Die Palliative Care beugt Leiden und Komplikationen vor. Sie schliesst medizinische Behandlungen, pflegerische Interventionen sowie psychologische, soziale und spirituelle Unterstützung mit ein.
 

Definition «Hospiz»

Ein stationäres Hospiz nimmt Patientinnen und Patienten in ihrer letzten Lebensphase auf, wenn die Behandlung in einem Krankenhaus nicht mehr notwendig und eine angemessene Betreuung zu Hause oder in einem Pflegeheim nicht möglich ist. Ziel stationärer Hospizarbeit ist es, in Ergänzung zur rein palliativ-medizinischen Behandlung im Spital eine Pflege und Betreuung anzubieten, welche die Lebensqualität der sterbenden Menschen verbessert und ihre Würde nicht antastet. In einer zugelassenen Hospizeinrichtung soll auch ein teilstationärer Aufenthalt (Ferien-, Tages-, Nachtaufenthalte) erfolgen können mit dem Ziel, den Patientinnen und Patienten sowie den Angehörigen Entlastung und Unterstützung zu bieten, um es den Betroffenen zu erlauben, möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung zu bleiben.