Regierungsrat beurteilt Rechnungsmodell HRM2 positiv

Im Gegensatz zur Interpellation «Harmonisierung Steuerfuss Budget/Jahresabschluss» hält der Regierungsrat das Rechnungslegungsmodell HRM2 für ein geeignetes Instrument. Er beurteilt die bisherige Erfahrung damit als positiv.



Medienmitteilung von der Regierungsratssitzung vom 22. September (Foto: Keystone/SDA
Medienmitteilung von der Regierungsratssitzung vom 22. September (Foto: Keystone/SDA

In einer Interpellation wird der Regierungsrat gefragt, wie er die heutige Situation mit dem Rechnungslegungsmodell HRM2 beurteilt, das vor 10 Jahren «zu Recht eingeführt wurde, aber heute unbefriedigend» sei, und was er zu unternehmen gedenke, «damit das Budget und der Jahresabschluss als Ganzes angesehen» werde.

Frage 1: Wie beurteilt der Regierungsrat die heutige Situation mit HRM2, das vor 10 Jahren zu Recht eingeführt wurde, aber heute unbefriedigend ist?

Antwort Regierungsrat:

Mit dem Wechsel von HRM1 zu HRM2 per 2011 erfolgte ein Wechsel in der Grundausrichtung der Rechnungslegung der öffentlichen Haushalte: Das HRM1 war stark im Vorsichtsprinzip verhaftet und setzte den Schwerpunkt auf rasche Abschreibungen und eine schnelle Refinanzierung von Investitionen. Das ausgewiesene Eigenkapital wurde durch stille Reserven auf dem Vermögen zu tief dargestellt. Die Ausrichtung war somit eher finanzpolitisch. HRM2 hingegen strebt Transparenz und die Abbildung der tatsächlichen finanziellen Verhältnisse an (True and Fair View). Durch die Harmonisierung sollen die Rechnungen der öffentlichen Hand vergleichbar werden. Das ausgewiesene freie Eigenkapital wird mit HRM2 nicht mehr durch stille Reserven beeinflusst und dient als Ausgleich der Erfolgsrechnung. Finanzpolitisch zweckmässig ist ein Mindestmass an Eigenkapital, damit dieses ein negatives Ergebnis aus der Erfolgsrechnung decken kann.

Der Regierungsrat beurteilt die bisherige Erfahrung mit HRM2 als durchaus positiv und zufriedenstellend. Die Ziele der erhöhten Transparenz und Vergleichbarkeit sieht er grundsätzlich als erfüllt.

Die Aussagekraft der Rechnungen von Kanton und Gemeinden hat sich erhöht. Als kantonales Anwendungsbeispiel sei hier das Gemeindefinanzrating genannt, welches dem Regierungsrat jährlich durch die Fachstelle für Gemeindefragen vorgelegt wird. Auf nationaler Ebene ermöglicht HRM2, Vergleiche unter den Kantonen vorzunehmen.

Natürlich gibt es nach bald zehn Jahren Praxiserfahrung einen gewissen Anpassungsbedarf. HRM2 ist auch nicht starr, sondern wird durch Änderungen und Präzisierungen durch die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) bzw. das Rechnungslegungsgremium für den öffentlichen Sektor (SRS) stetig weiterentwickelt. 

Der Regierungsrat beantragte dem Landrat vor fünf Jahren verschiedene Anpassungen an die erfolgten Weiterentwicklungen im HRM2. Der Landrat bemängelte damals die fehlende Substanz der Vorlage und den aus seiner Sicht ungenügenden Einbezug der Gemeinden in die Erarbeitung des Gesetzentwurfs, weshalb er in der Folge nicht auf das Geschäft eintrat.

In seinem Legislaturprogramm 2019–2022 sieht der Regierungsrat vor, der Landsgemeinde erneut eine Änderung des Finanzhaushaltgesetzes zu unterbreiten, die auch eine Anpassung an die erfolgten Weiterentwicklungen des HRM2 beinhalten soll. Derzeit erarbeitet eine Arbeitsgruppe mit Vertretern des Kantons und der Gemeinden einen entsprechenden Vorentwurf. Die Gesetzesänderung soll der Landsgemeinde 2022 unterbreitet werden. Dass für Kanton wie auch Gemeinden weiterhin ein einheitliches Finanzhaushaltsrecht auf Basis des HRM2 gelten soll, ist für den Regierungsrat unbestritten.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Regierungsrat die Auffassung der Interpellanten, dass das HRM2 heute unbefriedigend sei, nicht teilt. Er ist aber auch der Meinung, dass die Rechnungslegungsvorschriften wie eigentlich jedes Regelwerk den sich laufend wandelnden Anforderungen und Gegebenheiten periodisch und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Stetigkeit anzupassen sind.

Frage 2: Was gedenkt der Regierungsrat zu unternehmen, damit das Budget und der Jahresabschluss als Ganzes angesehen werden?

Antwort Regierungsrat:

Die gesamtheitliche Betrachtung von Budget und Jahresrechnung ist aus Sicht des Regierungsrates bereits Tatsache. Die finanzielle Steuerung folgt seit jeher dem Grundsatz des Controlling-Regelkreises: Die Ist-Werte der Vergangenheit bilden die Basis für die künftigen Soll-Werte. So werden die Rechnungsergebnisse der Vorjahre als Ausgangslage für das zukünftige Budget bzw. die Finanzplanung herangezogen. Umgekehrt werden im Rahmen des Abschlusses der Jahresrechnung im Sinne der Rechenschaftsablage wesentliche Abweichungen zum Budget thematisiert. Sowohl beim Budget wie auch bei der Jahresrechnung werden grössere Abweichungen zwischen Budget und Rechnung im Antrag an den Landrat selbst oder im jeweils beiliegenden Detailkommentar erläutert.

Durch den Erlass des Handbuches zur politischen Planung und Steuerung im Jahr 2017 hat der Regierungsrat die Synchronisierung der verschiedenen in der Verwaltung verwendeten Planungs- und Steuerungsinstrumente noch verstärkt, dies umfassend und damit weit über den finanziellen Bereich hinaus.

Übergeordnetes Ziel der finanzrechtlichen Bestimmungen im Kanton Glarus ist die Gewährleistung eines gesunden Finanzhaushaltes von Kanton und Gemeinden. Die finanzpolitische Steuerung – der mittelfristige Ausgleich der Erfolgsrechnung – hat über das Budget und die Jahresrechnung zu erfolgen und ist als Ganzes zu sehen. Ausgaben für Investitionen mit einer mehrjährigen Nutzungsdauer sind davon nicht direkt betroffen. Erst die durch die Investitionen induzierten Abschreibungen (und allenfalls Zinsaufwände) belasten die Erfolgsrechnung in den Folgejahren. Die Investitionen sind so zu planen, dass die Abschreibungen tragbar sind und mittelfristig keine Aufwandüberschüsse bewirken.

Eine grosse Herausforderung bildet der Umstand, dass durch die Neubewertung des Finanzvermögens und die Aufwertung des Verwaltungsvermögens beim Übergang zu HRM2 das Eigenkapital stark erhöht ausgewiesen wird. Durch die Auffassung, dieses Eigenkapital stelle das finanzielle Polster des Gemeinwesens dar (vergleichbar mit der Privatwirtschaft), kann eine für den Finanzhaushalt sehr problematische Situation herbeigeführt werden. Höheres Eigenkapital bedeutet nicht, dass mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Gemeinden haben keine Eigenkapitalgeber, «eigene Mittel» entstehen vielmehr durch Umlage des Finanzbedarfs. Dem Eigenkapital steht auch unveräusserliches Verwaltungsvermögen gegenüber, sodass das Eigenkapital in der Jahresabschlussanalyse nur bedingt eine geeignete Schuldendeckungsgrösse darstellt. Das liegt daran, dass öffentliche Gebäude oder sonstige öffentliche Bauwerke (etwa Gemeinde- und Schulhäuser, Strassen, Kanalisationen, Waldungen usw.) keinen Marktpreis aufweisen und eher schwierig verwertbar sind. Zweckfreies Eigenkapital entsteht in der Regel durch Ertragsüberschüsse aus der Erfolgsrechnung. Es dient primär zur Deckung allfälliger zukünftiger Aufwandüberschüsse. Eine wesentlich bessere Beurteilung der Vermögenslage/Reserven bildet das Nettovermögen, d. h. der Saldo aus dem Finanzvermögen abzüglich Fremdkapital.

Das Finanzrecht bietet die Möglichkeit, die Ausgaben mit fremden Mitteln zu decken und sich antizyklisch zu verhalten. Wie das mittelfristige Haushaltsgleichgewicht erreicht wird, legen der Kanton und die Gemeinden je für sich fest. Der Ausgleich der Erfolgsrechnung innert fünf Jahren schützt das Eigenkapital und stellt die langfristige finanzielle Stabilität des Finanzhaushalts sicher. Die Steuerfüsse bzw. -sätze und die Investitionen müssen so festgelegt werden, dass das Gleichgewicht des Finanzhaushalts mittelfristig gewährleistet ist. Die Bruttoertragsüberschüsse der Erfolgsrechnung können auch nach geltendem Recht für zusätzliche Abschreibungen verwendet werden und müssen nicht dem Eigenkapital gutgeschrieben werden. Es liegt im Wesen einer gesunden Finanzpolitik, Ertragsüberschüsse der Erfolgsrechnung für finanziell schwierige Zeiten mit Aufwandüberschüssen zur Deckung zu verwenden.

So entwickelte sich das Eigenkapital des Kantons

Der Kanton weist per 31. Dezember 2019 insgesamt ein Eigenkapital von 366,9 Millionen Franken aus. Davon entfallen 257,2 Millionen Franken auf zweckgebundenes und 109,7 Millionen Franken auf zweckfreies Eigenkapital.

Insgesamt resultierte aus der Umstellung auf HRM2 eine Erhöhung des Eigenkapitals um 228,6 Millionen Franken. Durch die Verselbstständigung des Kantonsspitals Glarus erhöhte sich das Eigenkapital in der Schlussbilanz per 31. Dezember 2011 um weitere knapp 60 Millionen Franken. Seither entwickelte sich das Eigenkapital mit gewissen Schwankungen einigermassen konstant.

Die wesentlichste Veränderung erfuhr das Eigenkapital durch die Neubewertung der Bilanz per 1. Januar 2011 im Rahmen der Einführung des HRM2. Ausgehend von der Schlussbilanz per 31. Dezember 2010 erfolgte in einem ersten Schritt die Umgliederung von Fremd- in Eigenkapital, was eine Erhöhung des Eigenkapitals von 185,6 Millionen Franken bewirkte. In einem zweiten Schritt erfolgte die eigentliche Neubewertung des Finanz- und Verwaltungsvermögens, welche das Eigenkapital um weitere 43 Millionen Franken erhöhte.

Der überwiegende Teil dieses Eigenkapitals ist zweckgebunden und kann nicht für die Deckung von Ausgabenüberschüssen der Erfolgsrechnung eingesetzt werden. Das zweckgebundene Eigenkapital ist entsprechend der dafür vorgesehenen Bestimmung zu verwenden.

So entwickelte sich das Eigenkapital der Gemeinden

Die Gemeinden weisen per 31. Dezember 2019 insgesamt ein Eigenkapital von 230,8 Millionen Franken aus. Davon entfallen 128 Millionen Franken auf zweckgebundenes und 102,8 Millionen Franken auf zweckfreies Eigenkapital.

Das zweckgebundene und zweckfreie Eigenkapital der Glarner Gemeinden hat sich seit 2010 insgesamt um 130,8 Millionen Franken von 100 Millionen Franken auf 230,8 Millionen Franken erhöht. Davon entfallen 95,8 Millionen Franken auf die Aufwertungs- und Neubewertungsreserven, welche infolge Auflösung stiller Reserven mit der Umstellung auf HRM2 gebildet wurden.

Die in der Vergangenheit gebildeten stillen Reserven sind mit der Neubewertung des Finanzvermögens und Aufwertung der Darlehen und Beteiligungen im Verwaltungsvermögen sichtbar geworden. Die Zunahme des ausgewiesenen Eigenkapitals ändert aber an der effektiven Vermögenslage der Gemeinden nichts.