Regierungsrat: Wirtschaftslage ist besser als befürchtet

Die Lage der Glarner Wirtschaft ist besser, als angesichts der gesundheitlichen Lage und der epidemiologischen Einschränkungen zu erwarten wäre. Dieses Fazit zieht der Regierungsrat bei der Beantwortung einer Interpellation zur Glarner Wirtschaftslage.

 



(Archivbild Wirtschaftsförderung)
(Archivbild Wirtschaftsförderung)

Ende 2020 reichte die FDP-Fraktion die Interpellation «Update Wirtschaftsentwicklung Kanton Glarus 2020» ein. 

Beantwortung der Fragen

Wie entwickeln sich die Eckdaten (BlP-Wachstum, Konsumindex, Arbeitslosenquote, Konkurse, Neugründungen und -ansiedlungen und weitere) der Glarner Wirtschaft im laufenden Jahr? Wie ist die Veränderung dieser Werte im Vergleich zum Vorjahr?

Regierungsrat: Die folgenden Tabellen und Grafiken widerspiegeln die aktuelle Einschätzung der wirtschaftlichen Situation in der Schweiz und im Kanton Glarus. Die Konjunkturprognosen wurden im Dezember 2020 erstellt. Neuere Daten erscheinen im März 2021.

Arbeitsmarktprognosen Staatssekretariat für Wirtschaft, Dezember 2020


                                                                                  2020               2021                  2022

Beschäftigung (Vollzeitäquivalente)*                -0,1 %            0,3 %                 1,5 %

Arbeitslosenquote                                                   3,2 %            3,3 %                  3,0 %

* Ohne Sektor 1 (Quelle: Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes)

Konjunkturprognose Staatssekretariat für Wirtschaft, Dezember 2020

Ausgewählte Prognoseergebnisse zur schweizerischen Wirtschaft
Vergleich der Prognosen vom Dezember 2020 und Oktober 2020
Veränderungen zum Vorjahr in Prozenten

Prognosen für:                                               2020             2020           2021                2021                 2022
                      Zeitpunkt der Prognosen:        Dez. 20.       Okt. 20       Dez. 20            Okt. 20              Dez. 20
BIP Sportevent-bereinigt 1                                    -3,3 %        -3,8 %        3,0 %            3,8 %                 3,1 %
BIP 1                                                                                         -3,3 %        -3,8 %        3,2 %            4,2 %                 3,3 %
Konsumausgaben:
- Private Haushalte und POoe                       -4,4 %       -4,4 %        4,1 %             5,3 %                  2,7 %
- Staat                                                                  2,2 %        1,8 %         2,0 %             1,8 %                 0,4 %
Bauinvestitionen                                              -1,0 %      -1,5 %         0,5 %              0,0 %                  0,2 %
Ausrüstungsinvestitionen                               -3,5 %      -6,0 %         3,3 %             3,0 %                  3,5 %
Exporte 2                                                                                  -6,1 %      -6,6 %         3,8 %             7,0 %                   8,1 %
Importe 2                                                                                 -9,1 %       -9,9 %         4,5 %             7,3 %                   7,5 %
Beschäftigung (Vollzeitäquivalente)              -0,1 %       -0,4 %         0,3 %             0,3 %                  1,5 %
Arbeitslosenquote                                               3,2 %        3,2 %           3,3 %            3,4 %                  3,0 %
Landesindex der Konsumentenpreise            -0,7 %       -0,7 %          0,1 %           -0,1 %                 0,3 %

1 Prognosen, saison- und kalenderbereinigt
2 Ohne Wertsachen
Quelle: Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes

Wie interpretiert die Glarner Regierung diese Daten und Entwicklungen?

Regierungsrat: Die Lage der Glarner Wirtschaft ist besser, als es angesichts der gesundheitlichen Lage und der epidemiologischen Einschränkungen zu erwarten wäre. Ein Grossteil des Gewerbes geht ohne nennenswerten Einbruch durch die Coronavirus-Krise. Die Bauwirtschaft musste 2020 zwar einen Umsatzrückgang von rund fünf Prozent verkraften. Der Start in das Jahr 2021 scheint aber geglückt, wobei eine Mittelfristprognose schwierig zu erstellen ist. Es fällt auf, dass sich private Investoren im Unterschied zum Staat eher zurückhaltend verhalten. Es muss aber auch festgestellt werden, dass die verschärften Einschränkungen des öffentlichen Lebens und die Reiserestriktion für die Exportwirtschaft und deren Zulieferer existenzbedrohend sind. Darunter leiden die Gastronomie und die Hotellerie, der Tourismus, die Reiseanbieter, Unternehmen der Unterhaltungsindustrie und der Eventbranche sowie Veranstalter allgemein und deren Zulieferer ganz besonders. Die bis jetzt beschlossenen und noch folgenden Unterstützungsleistungen werden einen Teil des wirtschaftlichen Schadens dieser Hauptbetroffenen ausgleichen können und die Überlebensfähigkeit unterstützen.

Die Arbeitslosenquote ist im Kanton Glarus seit März 2020 um rund einen Prozentpunkt auf 2,5 Prozent (Jan. 2021) gestiegen. Gegenüber dem Schweizer Durchschnitt hält der langfristige Trend mit einer Differenz von rund einem Prozentpunkt an. Die Arbeitslosigkeit ist folglich nicht überproportional gestiegen. Absolut betrachtet befindet sich der Kanton Glarus, aber auch die Schweiz, derzeit noch auf einem komfortablen Niveau. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Schweiz nahezu mit Vollbeschäftigung in die Coronavirus-Krise eingetreten ist.

Im Kanton Glarus ist keine Strukturveränderung bei den Arbeitslosen zu beobachten: Der Anteil an über 50-jährigen Stellensuchenden liegt weiterhin deutlich über dem Schweizer Durchschnitt und weiterhin suchen überdurchschnittlich viele Geringqualifizierte eine Arbeit. Diese «Spezialitäten» sind erstaunlicherweise krisenbeständig. Grundsätzlich haben Instrumente wie die Kurzarbeit, aber auch die erleichterten Kredite und weitere Massnahmen den negativen Effekt auf den Arbeitsmarkt deutlich abgefedert bzw. verzögert. Alles in allem ist die Glarner Wirtschaft 2020 um nominell 2,2 Prozentpunkte eingebrochen. Es gab im 2020 aber auch Firmengründungen in einem Ausmass wie kaum je zuvor. Daneben gibt es überdurchschnittlich viele Entwicklungsprojekte und Investitionen von touristischen Leistungsträgern, was für künftiges Wachstum spricht. Der Regierungsrat geht deshalb davon aus, dass der wirtschaftliche Einbruch, der hauptsächlich die Industrie betrifft, bis Ende 2022 wieder kompensiert sein wird. Der Arbeitsmarkt folgt dieser Entwicklung in der Regel mit einem halben Jahr Verzögerung. Er wird sich aber kontinuierlich erholen. Es braucht etwas Geduld.

Wie gedenkt die Glarner Regierung auf die einzelnen Veränderungen konkret zu reagieren?

Regierungsrat: Die unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen werden durch eine Kombination von Bundes- und Kantonsinstrumenten bestmöglich gemildert. Diese werden sich hoffentlich gegen Ende dieses Jahres erübrigen. Entscheidender sind deshalb die vom Regierungsrat und den Departementen definierten mittel- und langfristigen Programme und Strategien, um dem Kanton selbstbestimmt eine nachhaltige Zukunft zu gewährleisten. Zu verweisen ist dabei auf den Politischen Entwicklungsplan 2020–2030 und die daraus abgeleiteten Sektoralstrategien. Aus wirtschaftlicher Sicht steht hier die Umsetzung der folgenden Strategien im Vordergrund:

  • Standortförderungsstrategie 2019+
  • Digitalisierungsstrategie 2020–2025 inkl. Mehrjahresprogramm der Hauptabteilung Wirtschaft und Arbeit
  • Tourismusförderungsstrategie 2020–2023
  • Umsetzungsprogramm Neue Regionalpolitik 2020–2023

Auch das vom Regierungsrat geplante «Paket für die Zukunft» spielt in der Entwicklung und Revitalisierung der Glarner Wirtschaft eine wichtige Rolle, insbesondere die Einlage in den «Fonds für aktive Bodenpolitik», den «Standortförderungsfonds», den «Fonds Arbeitslosenfürsorge» und den «Energiefonds». Alle vier Pakete fördern direkt oder indirekt die Glarner Wirtschaft. Zudem unterstützt der Fonds «Arbeitslosenfürsorgefonds» den Arbeitsmarkt auch in der Transformation zur Digitalisierung.

Die Coronavirus-Krise hat eindrücklich gezeigt, dass die Zielsetzung der Digitalisierungsstrategie, Unternehmen und Arbeitnehmer fit für die digitale Zukunft zu machen, für die Stärkung der Glarner Wirtschaft entscheidend ist. Dies und die definierten Massnahmen in den anderen Strategien will der Regierungsrat wie geplant umsetzen und dabei bei Bedarf die Prioritäten neu ordnen.

Bezüglich Veränderung des Arbeitsmarktes (insbesondere die drohende Arbeitslosigkeit) gibt es wirksame Instrumente im Vollzug der Arbeitslosenversicherung. So entwickelt das RAV mit jedem Stellensuchenden eine individuelle Wiedereingliederungsstrategie. Ziel ist die schnelle Reintegration in den primären Arbeitsmarkt. Gleichzeitig arbeitet die Hauptabteilung Wirtschaft und Arbeit am Pilotprojekt Arbeit 4.0. Dieses soll den Glarner Arbeitsmarkt, insbesondere die erwerbstätige Bevölkerung, fit für die Zukunft machen, namentlich in Bezug auf deren digitale Kompetenzen.

Wie schätzt die Glarner Regierung die Entwicklungen in der Zukunft (kurz- und mittelfristig) ein?

Regierungsrat: In Bezug auf Arbeitslosigkeit, Kurzarbeitsabrechnungen, Logiernächterückgang, BIP-Rückgang und Wachstumsaussichten schneidet der Kanton Glarus im schweizerischen Vergleich relativ gut ab. Der durch die Pandemie verursachte BIP-Verlust wird von BAK Economics im Kanton Glarus auf 100 bis 200 Millionen Franken geschätzt. Das Produktionsniveau von 2019 wird voraussichtlich Anfang 2022 wieder erreicht.

Auch das Jahr 2021 dürfte von der Ausbreitung des Coronavirus und den Eindämmungsmassnahmen belastet bleiben. Entsprechend revidierte die Expertengruppe des Bundes am 15. Dezember 2020 ihre Prognose für 2021 nach unten. Sie erwartet nur noch ein Wachstum von 3,0 Prozent (CH), was immer noch deutlich über dem langjährigen Mittelwert liegt. Das Wachstum sollte sich im Verlauf des Jahres 2021 deutlich beleben und die Wirtschaftsleistung der Schweiz wieder ankurbeln.

Bezüglich Arbeitslosenzahlen stellen die Grossunternehmen ein natürliches Klumpenrisiko im Kanton dar. Sollte ein solches den Betrieb einstellen oder stark reduzieren, könnte sich die Zahl der Arbeitslosen auf einen Schlag um mehr als 50 Prozent erhöhen. Solche Konstellationen sind für Kleinkantone typisch. Um hier gewappnet zu sein, pflegt der Regierungsrat einen konstanten Dialog mit der Wirtschaft. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit auf das Vorkrisenniveau wird geschätzt mindestens zwei Jahre dauern. Bis dahin werden vs. 2019 jedoch auch wieder neue Stellen geschaffen, namentlich in den Bereichen ICT, öffentliche Verwaltung und Bildung, Gesundheit und Soziales, Business Services und Bau- und Baustoffe. Auch der Kanton Glarus wird von dieser Entwicklung profitieren. Die Gastronomie, die Investitionsgüterindustrie und die Kulturwirtschaft werden sich wohl erst im Jahr 2023 erholt haben.

Fazit

Vieles hängt davon ab, wie schnell die Einschränkungen im Zusammenhang mit der Coronavirus-Krise gelockert werden, wie sich die Test- und Impfsituation entwickelt und wie sich das wiederbelebte Konsumentenverhalten auswirkt. Der Regierungsrat rechnet damit, dass sich die epidemiologische Lage ab dem Frühjahr 2021 allmählich stabilisiert (Corona-Impfstoffe). Alles in allem ist der Regierungsrat für die Zukunft optimistisch.