Reiselust und Reisefrust

Ist es nicht verrückt? Nachdem wir zwei Jahre lang wegen der Corona-Pandemie nicht verreisen konnten oder wollten, wäre nun die Zeit da, um endlich mal wieder in die Ferne zu fliegen. Und ausgerechnet jetzt ist das Chaos auf den Flughäfen ausgebrochen: Flugstreichungen, stundenlanges Warten, Verspätungen, Gepäck-Wirrwar. Die Aviatik-Industrie ist wegen Personalmangels völlig am Anschlag! Wir wagen es trotzdem. Auslöser ist die Einladung zu einer Hochzeit in den USA. Wir hängen vor und nach dem Fest in Minnesota je eine Woche an, um noch mehr vom wunderbaren Land zu sehen. Wir wollen Chicago besuchen, nach New Glarus fahren, dann nach Minneapolis zur Hochzeit und schliesslich noch zum Lake Superior reisen.



Bisher noch nie gesehen: Beim Gepäckband am Flughafen Kloten stehen Wagen vollbepackt mit Koffern. (Bild: mb)
Bisher noch nie gesehen: Beim Gepäckband am Flughafen Kloten stehen Wagen vollbepackt mit Koffern. (Bild: mb)

Geplant ist schnell, ebenso schnell folgt das Chaos. Zig-mal verschiebt die Swiss vor der Reise unseren Flug nach Chicago und weist uns laufend neue Sitzplätze zu. Dies trotz bezahlter Sitzplatzreservation notabene! Auch der erste Heimreiseflug von Minneapolis nach Chicago wird plötzlich annulliert. Wir bekommen einen Ersatzflug, der so spät in Chicago landen würde, dass wir den zweiten Flug nach Zürich nicht mehr erreichen könnten. Schliesslich werden wir auf einem frühen Flug ab Minneapolis gebucht – was bedeutet, dass wir dann in Chicago sieben Stunden auf den Anschlussflug warten müssen. Auch nicht lustig.
Der vorgängige Formularkrieg ist ebenfalls zermürbend. Wir fliegen ja nicht zum ersten Mal in die USA. So schlimm wie jetzt war es aber noch nie. Wenigstens werden die Corona-Testpflicht und die Maskenplicht im Flugzeug kurz vor unserer Reise aufgehoben.
Dann kommt der Reisetag. Aufgrund der warnenden Meldungen treffen wir frühzeitig am Flughafen Kloten ein. Das Check-in und die Sicherheitskontrolle passieren wir wohl wegen der frühen Anreise noch problemlos. Doch für die Passkontrolle müssen wir bereits lange anstehen. Und der Swiss-Flieger hebt mit Verspätung ab.
In Chicago weisen sie uns zunächst einen Warteplatz zu, weil unser Gate noch belegt ist. Also wieder warten. Die Immigration wird dann zur Tortur angesichts der Riesenschlange von Menschen. Der Beamte, den wir nach weiss nicht wieviel Kurven in der Schlange erreichen, macht zwar schnell. Aber es kann ja auch nicht sein, dass er unsere mühsam erworbenen Formulare nicht sehen will! Etwa zwei Stunden nach der Landung verlassen wir schliesslich das Flughafengebäude. Wenigstens ist all unser Gepäck angekommen.
Es folgen zwei wunderschöne Wochen in den USA. Es klappt alles wie geplant, wir geniessen die Zeit und ab der zweiten Woche auch das Beisammensein mit unseren amerikanischen Freunden, die zur «grossen Familie» gehören.
Eine halbe Woche vor dem Rückflug Minneapolis-Chicago-Zürich bekommen wir per Mail die Aufforderung, online einzuchecken. Es klappt nicht, was mich bereits etwas nervös werden lässt. So treffen wir am Abreisetag frühzeitig am Flughafen Minneapolis ein. Sie könne uns nicht einchecken, sagt die Frau am Schalter, sie habe keine Berechtigung dazu. Wie bitte? Wir halten ja bereits das Rückflugticket in den Händen. Erst die Nachfrage ihres Chefs bei seinem Vorgesetzten löst das Problem. Woran es gelegen hat? Keine Ahnung. Aber wir können wenigstens fliegen. Eine Frau am Schalter nebenan will nach Kanada reisen und erfährt erst am Flughafen, dass ihr Flug gestrichen worden ist. Anscheinend sind an diesem Tag 600 Flüge in den USA annulliert worden! Da hatten wir ja noch Glück!
Der von United für Swiss durchgeführte Flug nach Chicago verläuft dann problemlos. Wir sind noch früher als geplant auf dem Riesenflughafen, das mühsame Warten auf den Anschlussflug beginnt. Das Gepäck hat die Frau in Minneapolis durchgecheckt nach Zürich – darum müssen wir uns nicht kümmern. Hoffentlich klappt das!
Endlich können wir am Abend in den Swiss-Flieger einsteigen. Das Personal ist wie schon beim Hinflug sehr nett, da gibt es gar nichts zu bemängeln.
Auch der Nachtflug verläuft reibungslos, wir landen pünktlich in Zürich. Die Schlangen vor der Passkontrolle sind auch hier lang, doch kommen wir dank dem Schweizer Pass schnell an die Reihe. Beim Gepäckband dann der Schock: Überall stehen Wagen vollbepackt mit Koffern. So etwas haben wir bisher noch nie gesehen! Erleichtert stellen wir fest, dass all unser Gepäck mit uns geflogen ist. Das hat also geklappt. Nicht selbstverständlich nach all den Irrungen und Wirrungen im Zusammenhang mit unserer Reise!