Rennrodeln auf Kunstbahn – anspruchsvoll und sehr dynamisch

Rodeln, bei uns im Glarnerland auch «Schlittlä» genannt, war zu meinen Jugendzeiten das ultimative Vergnügen im Winter. Ich erinnere mich allzu gerne an die schönen Stunden mit meinen Schulfreunden und -freundinnen, mit denen ich gemeinsam auf unseren Schlitten bei stockdunkler Nacht und nur mit Taschenlampen bewaffnet, eine breite Schneefahne nachziehend, auf rasanten Fahrten aus dem Klöntal bis ins Dorf Netstal zurückfuhren. Das war jedes Mal ein Riesengaudi. Manchmal fuhren wir nur bis zur «Büttenen Ebene», um gleich wieder die schweren Holz-Schlitten nachziehend, zurück zum Rhodannenberg hochzusteigen.



Rennrodeln auf Kunstbahn – anspruchsvoll und sehr dynamisch

Das 3er-Bob-Team Lüthi-Speck-Kubli

Einmal hatte der Vater meines Schulfreundes Urs für uns einen 3er-Bobschlitten aus Holz zusammengezimmert. Ein Riesenmonstrum und sicher über 60 Kilogramm schwer. Eigentlich war ausrüstungsmässig alles bei diesem Bob vorhanden: Steuerseile und Bremsen. Was einzig fehlte, waren die Helme. Dieses Ungetüm von Bob-Schlitten ins Klöntal zu ziehen, war für uns Buben zwischen 10 und 12 Jahren eine echte Herausforderung, doch hatte sich auch dieser schweisstreibende Aufwand letztlich mehr als gelohnt. Start für Schlittler und verkappte Bobfahrer war immer unterhalb des Restaurants. Die rasende Fahrt auf dem Schlitten – meistens auf dem Bauch liegend und bis zu drei Schlitten zusammengekoppelt – führte durch scharfe Kurven bis anfangs Büttenen-Ebene beim «Faulen Kopf». Von dort musste ein Stück zu Fuss gegangen werden. Am Ende der «Büttenen» führte die Fahrt vorbei beim Restaurant Staldengarten weiter über die Rütigasse hinunter nach Netstal. Damals war Rennsport-Rodeln (Kunstbahnrodeln) bei uns Buben völlig unbekannt. Hätte es diese Sportart schon damals gegeben, davon bin ich heute überzeugt, hätte ich mich ohne zu zögern bei Swiss Sliding angemeldet.» Aber eben, es gab in dieser Zeit weder einen Dachverband namens Swiss Sliding, und für den Nachwuchs hatte sich sowieso niemand gross gekümmert. Deshalb liebe Boys und Girls – falls ihr Spass am «Schlittlä» oder eben Rodeln habt, meldet euch unter der folgenden Adresse: nina.reithmayer@swiss-sliding.com oder peter.schadegg@swiss-sliding.com

Vom Freizeitvergnügen zum Kunstbahnrodeln

Bei einem Treffen anlässlich der Einweihung der neuen Starttrainingsanlage im Sportzentrum Kerenzerberg in Filzbach hatte ich das Vergnügen, die ehemalige österreichische Spitzenrodlerin und Olympia-Silbermedaillengewinnerin in Vancouver 2010 in der Kategorie Einsitzer Nina Reithmayer kennenzulernen. Die ehemalige Zugführerin im österreichischen Bundesheer erhielt nach ihren tollen sportlichen Erfolgen im 2007 das goldene Verdienstkreuz der Republik Österreich. Rodlerin Reithmayer ist mit dem ehemaligen Schweizer Bobpiloten Jürg Rohr liiert und Mutter der eineinhalbjährigen Tochter Leonie. Ihr Palmares in der Sportart «Rodeln», oder wie wir auf gut Glarnerdeutsch sagen, «Schlittlä», ist einmalig. Nicht weniger als 27-mal fuhr sie auf das Podest an OWS, Weltmeisterschaften und Europameisterschaften. Von 2002 bis 2014 gehörte sie zum österreichischen Rodel-Nationalteam. 2014 verabschiedete sie sich vom aktiven Rodelsport. Danach avancierte Nina Reithmayer zur Rodel-Schülertrainerin beim Österreichischen Rodelverband. Seit November 2020 arbeitet die Silbermedaillengewinnerin der Olympischen Winterspiele 2010 bei Swiss Sliding als Projektleiterin für den Rennrodel-Nachwuchs in der Schweiz. Schon heute darf man sagen: Ein Glücksfall für die Schweiz und Swiss Sliding.

 

Sepp Benz, geistiger Vater des Rodelns in der Schweiz

Auf der Homepage des Internationalen Rennrodler-Verbandes ist zu lesen: Die 37-jährige Tirolerin ist für die Gewinnung neuer Talente für das Kunstbahnrodeln verantwortlich. Der im Februar 2021 verstorbene Spartenchef Rennrodeln bei Swiss Sliding Sepp Benz hatte Reithmayer als Mitarbeiterin angeworben. Als Benz erfuhr, dass die Olympiamedaillengewinnerin zu ihrem Freund und heutigen Ehemann in die Schweiz zieht, hat er nicht mehr lockergelassen. Ziel dieses neuen Aufgabenbereiches ist es, mehr Schwung in die Nachwuchsarbeit des Schweizer Verbandes zu bringen. Nina Reithmayer erinnert sich: «Sepp hat mich schon beim Rennrodel-Weltcup 2019 in Igls angesprochen. Er hatte mit Heinz Möckli darüber gesprochen und auch schon konkret geplant, den Rennrodel-Nachwuchs in der Schweiz zu pushen. Er wollte wieder mehr Leben in den Rodelsport der Schweiz bringen. Da ich im September zu meinem damaligen Freund und heutigen Mann in die Schweiz gezogen bin, ist Sepp natürlich auf mich aufmerksam geworden.» Die Idee und das Aufgabengebiet bei Swiss Sliding fand Nina Reithmayer sofort sehr interessant. Allerdings hatte die gebürtige Innsbruckerin schon einen Job als Arztassistentin in einer Klinik in der Schweiz in Aussicht. Nach mehreren Treffen mit Sepp Benz und den Verantwortlichen bei Swiss Sliding und einer Absage des Jobs in der Klinik, kehrte Nina Reithmayer dann im November 2020 zum Rennrodel-Sport zurück. Dieses Mal allerdings nicht als Athletin, sondern als Projektleiterin für den Nachwuchs. Die Olympiamedaillengewinnerin erzählt: «Leider kamen wir bisher nicht so voran wie wir es geplant hatten. Die Coronavirus-Pandemie machte uns einen riesigen Strich durch die Rechnung und durch den plötzlichen Tod von Sepp mussten wir uns wieder neu strukturieren. Nun hoffe ich, dass wir endlich Schwung holen und einige Kinder für den Rodelsport begeistern können. Jetzt, wo es wärmer wird, wollen wir Fahrten auf dem Rollenschlitten anbieten und hoffen, damit den Nachwuchs zu begeistern.»

 

Rodeln soll Schweizer Nationalsport werden

Zu diesem Thema schreibt uns die österreichische Olympia-Silbermedaillen-Gewinnerin von Vancouver:

Zum jetzigen Zeitpunkt ist in der Schweiz der Rodelsport leider ein Randsport neben Bob und Skeleton. Dies war auch der Grund, dass mich der verstorbene Sepp Benz, mit dem ich jahrelang im Weltcup-Zirkus der Profirodler unterwegs war, zu Swiss Sliding geholt hat. Der Traum von Sepp war es, den Rodelsport wieder zu einem Nationalsport der Schweiz zu machen. Um diesen Traum in die Realität umsetzen zu können, braucht man natürlich Nachwuchssportler. Genau aus diesem Grunde wurde ich bei Swiss Sliding als Nachwuchstrainerin angestellt. Bei uns werden zurzeit Kinder gescoutet. «Wir haben bereits zwei sehr motivierte Mädchen aus Filzbach, welche 1-mal in der Woche mit mir trainieren und sich sehr gut anstellen und auch schon zeigen, dass sie versteckte Talente haben, welche man beim Rennrodeln benötigt. Wie schon erwähnt, trainieren wir am Rollenschlitten. Dabei lernen sie, wie man richtig lenkt, eine perfekte Position auf dem Schlitten hat, wie richtig gestartet wird und natürlich werden auch die Muskeln von Kopf bis Fuss mit verschiedenen spielerischen Übungen trainiert. Ich hoffe sehr, dass diese beiden Girls die Begeisterung mit an die Bahn nehmen können und das Kunstbahnrodeln dasselbe Feuer entfacht so wie es bei mir war und immer noch ist.»

 

Swiss Lyding ist auf der Suche nach Rodel-Talenten

Der Dachverband Swiss Sliding ist seit einiger Zeit intensiv auf der Suche nach Talenten, die gerne diese äusserst dynamische, schnelle, aber auch physisch und psychisch anspruchsvolle Sportart rennmässig ausüben möchten. «Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir einen sehr talentierten und motivierten Nachwuchsrodler namens Micha Rappel», erklärte Rodeltrainerin Reithmayer. «Micha fährt erst das 3. Jahr und beweist sich als sehr grosses und motiviertes Talent. Mit Micha zu trainieren macht riesig Spass, da er sehr aufnahmefähig, begeistert und talentiert ist. Ich werde mit Micha auch diesen Winter ab und zu an verschiedenen Wettkämpfen fahren, um ihn auch in der Bahn zu unterstützen».