Restlos Begeisterndes in der Aula der Kanti Glarus

Mit ihrem Programm «Alderbuebe und Flamenco» beschreiten die «Alderbuebe» neue Wege. Sie kombinieren die traditionelle Streichmusik ihrer Heimat mit dem Flamencotanz aus Andalusien: Urchiges und Heissblütiges finden zusammen zu einem packenden volksmusikalischen Feuerwerk sondergleichen.



Die «Alderbuebe» – Walter Alder am Hackbrett
Die «Alderbuebe» – Walter Alder am Hackbrett

Die weit herum bekannten «Alderbuebe» – nunmehr Männer im stattlichen Alter und ergrauter Haarpracht – verbindet man mit Appenzeller Volksmusik, mit Hackbrett, Handorgel, Geige und Kontrabass, mit leicht fasslichen, nach fast immer gleichem Muster «gestrickten» Musikstücken. Wer so denkt, liegt gründlich falsch, vor allem was die Musik betrifft. Die vier Musiker Walter Alder am Hackbrett, Willi Valotti, Handorgel, der Geiger Michael Bösch und Köbi Schiess am Kontrabass sind eindeutig sehr experimentierfreudig und haben die musikalischen Traditionen aus ihrem Halbkanton wirksam gesprengt und vertrautes Brauchtum auf den Kopf gestellt. Hört man diese Profis spielen, wachsen Staunen, Bewunderung und die innere Bereitschaft, genussvoll hinzuhören, die musikalische Botschaft möglichst umfassend zu verinnerlichen und sich diesem einzigartigen Hörerlebnis noch ganz lange hinzugeben. Sie spielen unglaublich virtuos, gekonnt, mit ansteckender Fröhlichkeit, fast mit der «Leichtigkeit des Seins». Sie sind mit ungemein vielen Stilrichtungen vertraut, führen die fasziniert Hinhörenden nachhaltig in die verschiedensten Klang- und Kulturwelten hinein. Ihre Spielfreude ist ansteckend, lässt innehalten, weckt ungemeine Freude und Bewunderung. Gespielt wird ohne Noten, es sitzt einfach alles, ist perfekt abgestimmt, kommt in einem Mix rüber, der seinesgleichen wohl sucht und keinen Vergleich zu scheuen braucht. Die aufkommenden Erlebniswelten sind eine wahre Vermischung von Feierlichem, enormer Eleganz, neckischer Anmut, Festlichem, überbordender Freude, sattsam Bekanntem, gar Rassigem, zuweilen leicht Ernsthaftem. Präzision, klanglicher Reichtum, hervorragende Abgestimmtheit und fast grenzenloser Ideenreichtum, engagierte Seriosität, leichter Schalk wechseln zuweilen blitzschnell, unerwartet.

Wie soll sich das mit Flamenco, getanzt von Bettina Castano, denn überhaupt vertragen, mischen, sich präsentieren? Die Einladung zum Abend mit dem Titel «Alderbuebe und Flamenco» mag manch einer mit Skepsis und einer gewissen Reserviertheit, vielleicht auch mit einer gesunden Portion Neugierde zur Kenntnis genommen haben. Letzteres überwog ganz klar, sonst hätten sich nicht derart viele Personen in die Aula nach Glarus begeben. Die Anerkennung an die beseelt, variantenreich, intentionsstark und gekonnt Tanzende drückte sich im langen, warmherzigen und starken Applaus mehrfach aus. Alles kam fast einer inhaltsstarken, variantenreichen und beseelten Flamencolektion gleich. Kraft, Eleganz, Herrisches, unglaubliche rhythmische Perfektion, Wirbliges, fast traumhaftes Gleiten, Anmut und Grandezza wechselten sich ab. Die gebürtige Appenzellerin, heute in Sevilla lebend, ist eine international anerkannte Künstlerin, die sich einem Wagnis – der Vermischung von folkloristischen, appenzellerischen Elementen und spanischem Tanz – intensiv hingegeben hat und auf die Künste und Experimentierfreudigkeit der «Alderbuebe» zählen konnte. Die einen mögen das als Stilbruch deklarieren, die Mehrheit war ungeheuer fasziniert, einfach hin und weg – auch dank der organisierenden Glarner Konzert- und Theatergesellschaft, die zu diesem musikalischen und tänzerischen Leckerbissen eingeladen hatte.