Reto Cuonz – Braunwald, Winterthur, Kammerorchester, Cello

Die musikalische Welt ist nicht nur für Reto Cuonz eine Stätte zahlreicher Schönheiten, verborgener Schätze, ein Ort des Erforschens, Ausprobierens, Hinhörens und Erarbeitens. Es ist eine fordernde Vielseitigkeit, der sich der Braunwalder gerne, geduldig und mit beeindruckender Ausdauer hingibt.



Reto Cuonz – Braunwald, Winterthur, Kammerorchester, Cello

Wenn man das Privileg hat, ihm beim Erarbeiten und dem irgendwann anschliessenden Auftreten zuschauen zu dürfen, fallen seine riesige Ruhe, Geduld, die vielen Blickkontakte zu den Musizierenden, sein Fordern und Aufmuntern und das zuweilen erforderlich sachliche und kenntnisreiche Kommentieren auf.

Die Musik ist mit Reto Cuonz untrennbar verbunden. Begonnen hat das Kennenlernen und Auseinandersetzen für ihn im Primarschulalter, beispielsweise als er als damals zehnjähriger Konzertbesucher mit seinen Eltern an der Braunwalder Musikwoche das Ausgestalten hochqualifizierter Instrumentalisten mitverfolgte. In Erinnerung geblieben ist ihm, das «Végh-Quartett». Es schloss dann der Unterricht in Altblockflöte an, Yvonne Degen, die Gattin des damaligen Dorflehrers Hans Degen, war seine Lehrerin, die ihm nachhaltig vom Erlernen der Querflöte abriet – auch wenn das Instrument für Reto Cuonz so edel aussah. Sie empfahl ihm das Erlernen des Cellospiels, da gebe es nicht so einen Überfluss an Lernwilligen.

Von Braunwald aus einen Privatlehrer zu suchen, war dann alles andere als einfach. Johannes Kobelt in Mitlödi war der erste Lehrer – immerhin hing der Besuch dieses Unterrichts mit einer Reise ins Tal zusammen, dies einmal pro Woche. Reto Cuonz wechselte als Folge des Umzugs von Johannes Kobelt nach St. Gallen zu Regula Eidenbenz und – nach der Gründung der Glarner Musikschule zu Ursula Reichel – bevor er den Unterricht bei Johannes Kobelt weiterführen konnte.

Dann ging es in einem leichten «Zickzack – Kurs» weiter, was durchaus Vorteile hatte. In der Kanti Glarus lernte er Christoph Kobelt kennen. Der Weg zur umfassenden Musik war damit in die Wege geleitet. Die enge Freundschaft zwischen den Heranwachsenden war prägend: lange Bergtouren, Chorgesang, Auseinandersetzen mit der romantisch-symphonischen Literatur. Primarlehrer und während eines Jahres Stellvertreter an der Realschule Glarus waren so etwas wie Zwischenstationen. Reto Cuonz besuchte bei Jakob Kobelt die Kantorenschule und entschied sich dann fürs Cellostudium bei Claude Starck an der Zürcher Hochschule für Musik. In diese Zeitspanne fällt auch die zwei Jahre umfassende Dirigentenausbildung in der Klasse von Olga Géczy. Bei Johann Sonnleitner, dem Professor für Cembalo, belegte er Kurse für historische Aufführungspraxis. Dort lernte er den Cellisten Christophe Coin kennen, bei dem er zuerst in Paris, dann an der Schola Cantorum Basiliensis Barockcello studierte.

Der musikalische Weg führt für ihn über viele Stationen, die seine Kenntnisse auf wertvolle prägende Weise vertieft und bereichert haben. Es ist gewiss ein Glücksfall, dass dieses Auseinandersetzen wieder ins Glarnerland zurückgeführt hat. Er unterrichtete bis zu seiner Pensionierung mit einem kleinen Pensum an der Glarner Musikschule und konnte vieles wieder aufnehmen und umsetzen, was mit seinen frühen «Lern- und Wanderjahren» begonnen hatte. Das Aufzählen kommt dem Öffnen eines reich gefüllten Musikbuches gleich. Die «Kapitel» lauten: Christoph Kobelt und Leiter des damaligen Jugendchors Glarus; Peter Eidenbenz, Musiklehrer an der Kantonsschule Glarus und Dirigent des Glarner Kammerchors; Bachkantaten, Weihnachtsoratorium, Volkslieder, h-moll-Messe von Bach, Frankreich-Tournee mit Aufführungen in Paris und Reims, das «Gesicht Jesajas» von Willi Burkhard. Das lässt sich weiterführen: Leitung des Glarner Kammerorchesters seit 2015, Mitgestalten im Ensemble la fontaine, Leitung des Vocalensembles Hottingen als Chorleiter und Kantor an der Kreuzkirche in Zürich. Geplante Projekte: Vierzigstimmige Mottete «Spem in Alium» von T. Tallis aus dem 16. Jahrhundert, und der «Messias» von Händel. Corona hat hier einen dicken Strich durch sorgsam Geplantes gemacht – für alle Betroffenen eine schmerzhafte Zäsur. Und es steht noch anderes an. Reto Cuonz weist auf ein Begabten-Projekt mit dem Glarner Kammerorchester in Zusammenarbeit mit der Glarner Musikschule und das Opernprojekt «Fiorina» von Carlo Pedrotti hin.

Reto Cuonz ist nun pensioniert, sein vielfältiges Schaffen lässt ihm zuweilen kaum Zeit fürs Innehalten oder gar beschauliche Zurücklehnen. Da wäre ja noch «Glarus–London einfach» mit illustrer Glarner Besetzung vom 27. Juni im Freulerpalast zu Näfels, die vergangenen und voraussichtlich auch zukünftigen Singwochen anlässlich der Braunwalder Musikwoche mit wertvollen Kompositionen von Händel und Purcell, musikalische Begleitungen und anderes.

Und wenn Reto Cuonz im Rückblick auf eine beinahe berauschend reichhaltige Vielfalt ins Schwärmen kommt, ist das absolut nachvollziehbar. Reto Cuonz beginnt mit den Ensembles ad fontes und la fontaine, mit dem Beginn im Jahre 1989, mit barocker Aufführungspraxis und Oratorienprojekten, mit Konzerten und Aufnahmen in und um Frankreich. Man habe in so guter Weise zusammengepasst. Und eine Weiterführung ergibt sich mit dem Jahr 1997, der von Cuonz realisierte Gründung des Vocalensembles Hottingen Zürich.

Und Musik begleitet, trägt mit, ist so ansteckend, dass auch seine Kinder mittun und Reto Cuonz vielleicht auf einer seiner geliebten Wanderungen, Berg- und Skitouren begleiten und dabei zuweilen vernehmen, was für die Zukunft geplant ist. Corona heisst im Moment: Verzicht, Programme umgestalten, Auseinandersetzen mit Absagen und Verschiebungen, Chorprobenverzicht, stark eingeschränktes Einstudieren mit den Orchesterleuten – und die Hoffnung auf eine bleibend bessere Änderung.