Revision Tourismusentwicklungsgesetz – Mitfinanzierung von touristischen Kerninfrastrukturen

Der Regierungsrat unterbreitet dem Landrat zuhanden der Landsgemeinde eine Änderung des Tourismusentwicklungsgesetzes (TEG) sowie ein Beschlussentwurf zur Gewährung eines Rahmenkredites von 12,5 Mio. Franken zur Mitfinanzierung von touristischen Kerninfrastrukturen.



Revision Tourismusentwicklungsgesetz – Mitfinanzierung von touristischen Kerninfrastrukturen

Ausgangslage

Die Sportbahnen in Braunwald und Elm stehen unter wirtschaftlich hohem Druck, sie begehren die finanzielle Unterstützung des Kantons. Im Juli 2016 beauftragte der Regierungsrat das Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI), die Sportbahnen Elm AG und die Sportbahnen Braunwald AG zur Erarbeitung eines Sanierungskonzepts und eines nachhaltigen Businessplans zu verpflichten. Gleichzeitig formulierte er die Bedingungen, die ein Sanierungskonzept und ein Businessplan erfüllen müssen, damit der Kanton auf die Amortisation der ausstehenden kantonalen Investitionshilfe-Darlehen verzichtet (5,2 Mio. Fr.) und sich damit an einer Sanierung beteiligt. Der Kanton steht mit den Sportbahnen Elm AG und den Sportbahnen Braunwald AG seit Sommer 2016 in einem regelmässigen Austausch zu den Themen Sanierung und zukünftiger, nachhaltiger Betrieb.

Die Sportbahnen Braunwald AG hat zusammen mit einem externen Fachexperten ein Turnaround-Konzept erarbeitet. Im März 2017 wurden die Resultate einer Delegation des Regierungsrates, weiteren Gläubigern wie der Glarner Kantonalbank, der Gemeinde Glarus Süd und der Braunwald-Standseilbahn vorgestellt. Momentan befindet sich der Verwaltungsrat der Sportbahnen Braunwald in Einzelverhandlungen mit diesen Anspruchsgruppen, um die im Turnaround-Konzept definierten Massnahmen auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen. Bei den Sportbahnen Elm AG befasst sich eine Delegation des Verwaltungsrates intensiv mit Lösungsvarianten zu einer Sanierung und einer nachhaltigen Zukunft des Betriebs. Im Vordergrund stehen hier Bestrebungen zur Gewährung der Schneesicherheit. Dem Regierungsrat sollen die Resultate dieser Arbeiten bis Ende 2017 vorgelegt werden.

Nebst der Sanierung der beiden Bergbahngesellschaften müssen gleichzeitig die Voraussetzungen geschaffen werden, welche den beiden Unternehmen einen nachhaltig kostendeckenden Betrieb ermöglichen. Nur so erscheint eine finanzielle Sanierung auch sinnvoll. Die Rolle der öffentlichen Hand nach erfolgter Sanierung ist klar zu definieren.

Lösungsansatz

Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern des DVI, des Departements Finanzen und Gesundheit und der Gemeinde Glarus Süd nahm sich dieser Aufgabe an. Sie arbeitete eine Vorlage aus, welche die öffentliche Mitfinanzierung der beiden Bergbahnen für die nähere Zukunft regeln soll. Die Arbeitsgruppe ging dabei von folgenden Prämissen aus:

– Der alpine Tourismus hat grosse Ertragsprobleme, mehr als zwei Drittel der Bergbahnen in der Schweiz sind ohne Unterstützung der öffentlichen Hand nicht überlebensfähig.

– Die beiden Bergbahnen sind Schlüsselinfrastrukturen, deren Ausfall grosse wirtschaftliche Konsequenzen für die übrigen Akteure in der Region hätte (Systemrelevanz).

Dabei wurden drei Lösungsansätze diskutiert:

– Neues (Bergbahnen-)Gesetz oder Erweiterung des TEG;

– «FinanzInfra-Gesellschaft» Schaffung einer gemischt-wirtschaftlichen Gesellschaft zwecks Mitfinanzierung von touristischen Kerninfrastrukturen (z.B. Hauptzubringer, Anlagen zur Gewährleistung der Schneesicherheit);

– keine öffentliche Mitfinanzierung.

Der Regierungsrat beantragt eine Mischform der beiden ersten Varianten, also die Gründung einer FinanzInfra-Gesellschaft und die Erweiterung des TEG:

– Mit einer Anpassung TEG soll die öffentliche Mitfinanzierung von touristischen Kerninfrastrukturen ermöglicht werden.

– Kanton, Gemeinde Glarus Süd und die Sportbahnen gründen zur Finanzierung von ausgewählten touristischen Kerninfrastrukturen eine FinanzInfra-Gesellschaft mit den folgenden Beteiligungsquoten:

– Beteiligung des Kantons im Umfang von 64 Prozent des Aktienkapitals;

– Beteiligung der Standortgemeinde im Umfang von 16 Prozent des Aktienkapitals;

– Beteiligung der Sportbahnen im Umfang von je 10 Prozent des Aktienkapitals.

Das Überleben der Sportbahnen Braunwald und Elm als Betreiber von zentralen touristischen Kerninfrastrukturen in Glarus Süd ist sicherzustellen und es ist die direkt und indirekt damit verbundene Wertschöpfung und Beschäftigung mittels folgenden Massnahmen bzw. Bedingungen zu erhalten:

– Sanierung der Sportbahnen gemäss den Bedingungen des Regierungsrates;

– Beiträge der öffentlichen Hand an neue bzw. den Ersatz bestehender touristischer Kern-infrastrukturen;

– keine Beiträge der öffentlichen Hand an den laufenden Betrieb der Anlagen;

– Mitsprache und Miteigentum der öffentlichen Hand bei bzw. an den Investitionen:

– Gewährleistung von wirtschaftlich möglichst nachhaltigen Investitionen (es gelten die Bedingungen gemäss der Bergbahnstrategie Glarus 2015);

– Sicherstellung der Zusammenarbeit und Koordination zwischen den einzelnen touristischen Akteuren.

Die Bedingungen der Bergbahnstrategie 2015, die erfüllt sein müssen, um öffentliche Mittel für die Mitfinanzierung von touristischen Kerninfrastrukturen auslösen zu können, stellen eine hohe Hürde dar. So muss ein Gesuchsteller darlegen, dass er die in der Bergbahnstrategie formulierten Finanzkennzahlen (nachhaltige Bilanz- und Ertragskennzahlen) erreicht. Diese setzen voraus, dass die Gesuchsteller ihre Bilanzen sanieren sowie einen Businessplan und ein nachhaltiges Projekt vorlegen. Ansonsten ist es unmöglich, die geforderten Kennzahlen zu erreichen. Blosse Strukturerhaltung wird nicht unterstützt.

Änderung des Tourismusentwicklungsgesetzes und Finanzierungsbeschluss

Um die Ziele zu erreichen, soll eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die es dem Kanton und den Gemeinden erlaubt, eine FinanzInfra-Gesellschaft zu gründen. Diese kann klar definierte Arten von Kerninfrastrukturen finanzieren und einen Teil der laufenden Kosten (Aufwand für Zinsen und Abschreibungen sowie für den Betrieb der Finanzinfra-Gesellschaft) tragen. Zudem soll der Subventionsansatz gemäss TEG von heute 25 auf 40 Prozent erhöht werden.

Daneben soll der Landsgemeinde ein Rahmenkredit über 12,5 Mio. Franken unterbreitet werden. Bisher betrug die jährliche Einlage in den Tourismusfonds 0,5 bis 0,6 Mio. Franken. Die Höhe des beantragten Rahmenkredits ergibt sich aufgrund der Angaben zu den anstehenden Investitionsvorhaben der Bergbahnen Braunwald und Elm, jeweils auf das Machbare heruntergebrochen, und der für den Betrieb und das Funktionieren der FinanzInfra-Gesellschaft zwingend benötigten Mittel.

Für die Unterstützung von Investitionsvorhaben werden voraussichtlich 10 Mio. Franken benötigt. Allerdings sind dazu erst Projektideen mit sehr groben Kostenschätzungen vorhanden. Aussagen zu deren Unterstützungswürdigkeit können derzeit nicht gemacht werden. Vorgesehen sind eine Anlage zur Sicherstellung der Schneesicherheit in Elm (momentane Kostenschätzung 17 Mio. Fr.) sowie eine Ganzjahres-Freizeitanlage in Braunwald (momentane Kostenschätzung 5 Mio. Fr.). Mit den vorgesehenen 10 Mio. Franken für Investitionsvorhaben könnten bei einem Kostenübernahmesatz des Kantons von 40 Prozent Gesamtinvestitionen von 25 Mio. Franken unterstützt werden.

Die übrigen 2,5 Mio. Franken sind für die Zeichnung von Aktienkapital der FinanzInfra-Gesellschaft veranschlagt. Die jeweiligen Anteile am Gesamtkredit für Aktienkapital oder die Unterstützung von Investitionsvorhaben können sich in Abhängigkeit der konkreten Projekte verschieben. Über die Freigabe der Mittel entscheidet in jedem Fall der Landrat über das Budget. Eine breite politische Diskussion über den konkreten Einsatz des Geldes ist somit gewährleistet.

Vernehmlassung

Die Vernehmlassung fiel kontrovers aus. Eine knappe Mehrheit (vor allem aus dem Kreis der direkt betroffenen touristischen Institutionen, der Gemeinden und einem Teil der politischen Parteien) der Vernehmlassungsteilnehmer unterstützte die Vorlage ganz oder zumindest in den Kernpunkten. Sie sind einverstanden mit dem Einsatz von öffentlichen Mitteln zur Mitfinanzierung von touristischen Kerninfrastrukturen im vorgesehenen Ausmass und machen auch keine Abänderungsvorschläge zur gewählten Finanzierungsform, zur Gründung einer FinanzInfra-Gesellschaft, zu den Beteiligungsquoten und zur Mitfinanzierung des Aufwandes für Abschreibungen und Zinsen. Eine klare Mehrheit spricht sich zudem für die Beibehaltung der momentan geltenden Höchstpauschalen und Tageshöchsttaxen von 360 Franken und 4 Franken aus, deren heute gültigen Maximalsätze im Zuge der Anpassung des TEG neu auf Gesetzesstufe festgelegt werden sollen.

Eine bedeutende Minderheit (vor allem politische Parteien und kantonale Verwaltung) lehnt die Vorlage gänzlich ab, dies hauptsächlich aus ordnungspolitischen Gründen, weil der Ausfall der Kerninfrastrukturen volkswirtschaftlich verkraftbar sei oder weil es für die dafür vorgesehenen Mittel bessere Verwendungszwecke gebe.

Stellungnahme des Regierungsrates

Der Regierungsrat setzte sich intensiv mit den Ergebnissen der Vernehmlassung auseinander. Er hat Verständnis für die ordnungspolitischen Einwände, die gegen ein Engagement der öffentlichen Hand vorgebracht wurden. Für den Regierungsrat kommt aber eine Variante ohne öffentliche Mitfinanzierung aus volkswirtschaftlichen Gründen nicht infrage, da sie nicht zielführend ist. Die Risiken eines Konkurses oder einer Einstellung des Betriebs der beiden Sportbahnen erachtet er als zu gross. Dies hätte unabsehbare Folgen für die Volkswirtschaft von Glarus Süd. Er hält daher an seinem ursprünglichen Vorschlag fest.