Riechen die Alpen nach Frittierfett?

«Deutsche lästern über Schweizer Berge: Die Alpen riechen nach Frittierfett.» So titelt «Blick online». Und laut den Deutschen gehe es auf dem Jungfraujoch zu und her wie bei der Rush Hour in Tokio.



«Völkerwanderung» vom Jungfraujoch zur Mönchsjochhütte. (Bild: mb)
«Völkerwanderung» vom Jungfraujoch zur Mönchsjochhütte. (Bild: mb)

Ein bisschen schmunzeln muss ich über den Bericht in der deutschen Zeitung «Welt», den «Blick online» publik gemacht hat. Die Zeitung lästert laut «Blick» in einem Artikel über das Berner Oberland und insbesondere über dessen Wahrzeichen, das Jungfraujoch. «Die Alpen riechen nach Frittierfett und Mayonnaise», laute der Titel. «Fast Food vor Gipfelglück» sollte das Motto eigentlich heissen.

Weshalb ich schmunzeln muss? Ich habe meinen Mann soeben zu einem geschäftlichen Termin nach München begleitet. Während der zwei Tage sind wir mit diversen Gerüchen in Kontakt gekommen. Darunter ziemlich viel Frittierfett ...

Natürlich haben wir das Abendessen in einem traditionellen Münchner Lokal eingenommen. Dass dort deftige und eben auch viele frittierte Speisen auf der Menükarte stehen, ist bekannt. Da schwebt einem halt auch eine entsprechende Duftwolke entgegen.

Schlimmer noch war es im Hotel. Notabene in einem Viersternehaus. Der Essensduft hing in den Gängen. Und nach dem Frühstück mussten wir uns gleich wieder umziehen, weil man uns sonst mit Pommes frites verwechselt hätte ... Das war doch eher unangenehm.

So viel also zur Kritik an uns Schweizern. Frittierte Speisen gibt es auf der ganzen Welt. Das ist sicher nicht typisch für unser Land. Wobei man gleich anmerken muss, dass sie bei vielen Touristen auch gefragt sind – nicht zuletzt wegen des Preisniveaus. Dass man sie deshalb in Touristenhochburgen anbietet, ist klar. Zwar dürfte da und dort durchaus etwas weniger Massenabfertigung, dafür mehr Freundlichkeit sein. Aber es gibt ja auch noch andere Lokale.

Mehr beschäftigt mich der Vorwurf der Rush Hour. Da muss ich den Kritikern Recht geben. Wir waren auch schon auf dem Jungfraujoch und erlebten Szenen wie in einer Grossstadt. Ob wie bei der Rush Hour in Tokio, kann ich nicht beurteilen. Da war ich noch nie. Aber es hatte immens viele Leute – vor allem Asiaten. Wir marschierten zur Mönchsjochhütte hinüber, doch auch diese war überfüllt. Und bevor wir wieder runterfahren konnten, hiess es zunächst anstehen und ziemlich lange warten. Das trübte unsere Begeisterung über die wunderbare Bergwelt schon ein bisschen, das gebe ich zu.

Werden die Alpen also vom Massentourismus überrannt, wie die «Welt» meint? So pauschal kann man dies wohl nicht sagen. Sicher gibt es einige Destinationen, bei denen der Vorwurf zutrifft. Das Jungfraujoch gehört dazu. Doch gäbe es ja viele andere, schöne Orte zu entdecken. Das Glarnerland zum Beispiel, dessen Skiorte an sonnigen Sonntagen auch gut frequentiert sind – zum Glück! – aber man durchaus noch Luft zum Atmen findet. Und zum Geniessen der herrlichen Bergwelt, die uns tagtäglich umgibt.

Unsere Bergbahnen sind froh über alle, die zu uns kommen. Sie sind aufgrund der diversen schlechten Winter in der Vergangenheit nicht auf Rosen gebettet. Wir wünschen uns absolut keine Verhältnisse wie auf dem Jungfraujoch. Aber wir hätten schon noch einige Kapazitäten. Und zwar mit oder ohne Frittierfett! Je nach Vorlieben ...