«Samson und das Galizische Bad» – Buchpremiere mit Andrej Kurkow

Im Rahmen der viermal pro Sommer von «Baeschlin littéraire» jeweils angebotenen Begegnungen mit Buchautorinnen und -autoren weilte der ukrainische Schriftsteller Andrej Kurkow im Fabriktheater Schwanden. Für die Organisierenden bedeute dies – so Gaby Ferndriger bei ihrer Einführung – eine Ehre. Schliesslich weile der international bekannte Buchautor nach Kiew, der Buchmesse in Frankfurt und London exakt in Schwanden. Die Freude über die Zusage war begreiflich gross, lange habe man versucht, den Bestsellerautor für einen Besuch im Glarnerland zu gewinnen. Die Bedeutung dieses Anlasses wurde mit der Anwesenheit von der SRG unterstrichen.



Buchpremiere mit Andrej Kurkow (Bilder: peter meier)
Buchpremiere mit Andrej Kurkow (Bilder: peter meier)

Mit der Einleitung war zu erfahren, dass Andrej Kurkow, Schriftsteller und Drehbuchautor, 1961 in St.Petersburg geboren wurde und in der Ukraine aufwuchs.
Seit 1966 lebt er zeitweise in London. Er verfasste unter anderem rund 20 Dokumentar- und Spielfilmdrehbücher. Seine Romane wurden in mehr als 30 Sprachen, darunter Deutsch, Französisch, Holländisch, Spanisch und Französisch, übersetzt. Kurkow wendet sich klar gegen die russische Politik, gegen die Besetzung seines Landes durch Putins Armee und den unsäglichen, langjährigen Krieg. Er setzt sich intensiv, nachhaltig und unüberhörbar für die kulturelle und politische Entwicklung seines Landes ein. Er hat international hohe Anerkennung gefunden.
Kurkows Schreibstil sei – nachzulesen in einer Vorankündigung zur Vernissage in Schwanden – geprägt von scharfem Humor, einer tiefen Menschlichkeit, dem Behandeln komplexer Themen wie Identität, Freiheit und Absurditäten des Lebens.

Mit der Lesung aus vier Kapiteln seines neuesten Romans «Samson und das Galizische Bad» gestattete der Autor auf unnachahmlich vielschichtige Art Einblicke in sein umfassendes Betrachten, Einfühlen und Ausdeuten. Er schafft Zusammenhänge in Situationen, die durchaus feinfühligen Humor, sanfte Gewalt, klare Feststellungen und Beurteilungen sind, die Anteilnahme, Freude, Neugierde wecken.

In seinem neuesten Werk finden Kiew im Jahre 1919, ein Trupp Rotarmisten, der während eines Banjabesuchs spurlos verschwindet, ein Heizofen des Badehauses, ein gar finsterer Komplott, Knochenreste, der herzensgute Samson und der kluge Nadjescha Erwähnung. Kurkow lässt das Geschehen in so eleganter Art lebendig werden. Er versteht es meisterhaft, Schicksalhaftes zu verweben. Wie Samson Licht in riesig Verwirrliches zu bringen versucht, ist kunstvoll, elegant und weit fassend geschildert. Kurkow schildert bunt, einfühlend, in einer Vielschichtigkeit, die riesig elegant ist. Vorhanden sind nämlich nur noch die Uniformen der 28 Rotarmisten. Die Geheimpolizei vermutet ein Komplott und setzt beim Aufklären Druck auf. Kurkow befasst sich in eleganter Art mit Details, ist kenntnisreich einfühlend, versteht das Verweben von Fakten in kunstvoller, packender Weise, schreibt enorm verständlich, mit riesiger sprachlicher Eleganz, mit hohem historischem und gesellschaftlichem Wissen. Er erweckt vieles zum kurzzeitigen Leben und schafft eine bunte, spannende Vielfalt.

Kurkow las ganz kurz in ukrainischer Sprache und fuhr dann mit verschiedenen Kapiteln aus seinem neuesten Buch weiter, weckte damit ganz grosse Lust aufs eigene Lesen und Auseinandersetzen – viele Werke, die am Büchertisch gastfreundlich eingerichteten Foyer des Fabriktheaters auflagen, hatte er zu signieren.

Man liess sich in diese klug gefügte literarische Weite gerne ein, liess sich bereitwillig und geniesserisch mittragen.

Nach der Lesung ergaben sich Fragen zu Zeitgenössischem, Geschichtlichem, Aktuellem und Vergangenem. Beim offerierten Apéro verweilte man gerne, genoss Gastfreundschaft, pflegte Bekanntschaften und freute sich bereits auf dem Heimweg aufs Lesen und dem vertiefenden Bekanntwerden mit «Samson» und dem bereits erwähnten «Galizischen Bad.»