Schauspieler Gilles Tschudi als Nachfahre von Fünferrichter Tschudi zu Gast in Mollis

An einem gut besuchten Anlass der Anna-Göldi-Stiftung in Mollis referierte die deutsche Hexenforscherin Hetty Kemmerich über die Hexenverfolgung in der Frühen Neuzeit, und Martin Beglinger unterhielt sich mit dem Schauspieler Gilles Tschudi, einem Nachfahren von Johann Jakob Tschudi, bei dem Anna Göldi angestellt war.



Gilles Tschudi – ein Nachfahre von Fünferrichter Tschudi – im lockeren Talk mit Martin Beglinger. (bild: al)
Gilles Tschudi – ein Nachfahre von Fünferrichter Tschudi – im lockeren Talk mit Martin Beglinger. (bild: al)

Die deutsche Hexenforscherin Hetty Kemmerich berichtete am vergangenen Freitagabend in der Mehrzweckhalle in Mollis in einem ersten Teil über die Hexenverfolgung von 1430 bis 1783. Man schätzt, dass in dieser Zeitspanne in Europa bis zu 60'000 Menschen unter dieser Anklage hingerichtet wurden, davon in Deutschland bis zu 25’00 Todesopfer. In der Schweiz waren es wegen Hexerei zirka 3500 Opfer. Von den Opfern waren 80 Prozent Frauen und Mädchen und 20 Prozent Männer und Jungen. Hexen wurden sowohl in katholischen als auch in reformierten Gebieten verfolgt. Zum so genannt gelehrten beziehungsweise allgemeinen Hexenbegriff gehörten Teufelspakt, Teufelsbuhlsaft, Hexensabbat, Hexenflug und Verwandlung oder Schadenzauber. Begründet wurde die Hexerei pseudo-wissenschaftlich vor allem aus patriarchalen Gesellschaftsstrukturen und biblischen Texten (Zweitrangigkeit der Frauen, Sexualfeindlichkeit), aus christlichen Teufelslehren und dualistischen Ideen.

Auch heute geschieht Unrecht


In einem zweiten Punkt befasste sich Kemmerich mit dem Verfolgungsmilieu beim Anna-Göldi-Prozess. Sie listete die Verfilzung des angesehenen Tschudi-Clans bei der Bestellung der Richter auf, die dann ganz klar ihre Kompetenzen überschritten hätten. Zum Schluss befasste sich die Referentin mit den Bezügen von Anna Göldi zu heute, und sie stellte fest, dass so etwas jetzt – wenn auch in etwas anderer Form – immer noch möglich wäre, denn Ausgrenzung, Unterdrückung und Diskriminierung geschähen in der heutigen Zeit immer noch. Immer wieder führe der Wahn einer religiösen oder ideologischen Haltung zu massivem Unrecht. Kemmerich fand es gut, dass man sich heute mit dem Schicksal der Anna Göldi beschäftige. Denn wer das Unrecht von damals anprangere, werde auch heute gegen das Unrecht ankämpfen.

Ein Nachfahre von Johann Jakob Tschudi


Nach einer weiteren musikalischen Darbietung durch den Männerchor Mollis unter der Leitung von Martin Kälin setzte sich der bekannte Schauspieler Gilles Tschudi, eine Nachfahre von Arzt, Ratsherr und Richter Johann Jakob Tschudi, bei dem Anna Göldi als Magd angestellt war, sowie Magazin-Redaktor Martin Beglinger zu einem lockeren Talk in alte bequeme Sofas. Seine Beziehungen zum Glarnerland aus der Jugendzeit seien vor allem mit einer langen Hin- und Rückfahrt mit mehrmaligen «Kotzen» verbunden, erklärte der Schauspieler, der aber damals trotzdem feststellte, richtig stolz aufs Glarnerland gewesen zu sein. Hier auch zu wohnen habe er sich zwar schon überlegt, aber in seinem Beruf seien kurze Arbeitswege und gute Verbindungen wichtig. Tschudi, der in vielen Rollen einen «Fiesling» spielt, hat keine Mühe damit, weil er an das Gute im Menschen glaubt. Auch mit seinem Vorfahren Tschudi hat er keine Problem, und er würde ihn auch ohne weiteres in einem Film darstellen. Neben dem Bedauern über das Schicksal von Anna Göldi stellt er fest, dass man sich über Tschudis Not und Lebensangst von damals auch Gedanken machen könne.

Viel Prominenz anwesend


Der gut besuchte Abend wurde eröffnet und moderiert von Fridolin Elmer, dem Präsidenten der Anna-Göldi-Stiftung. Er durfte eine hohe Zahl von Prominenz willkommen heissen, von alt Bundesrätin Elisabeth Kopp und Frau Landammann Marianne Dürst bis zum Autor Walter Hauser, der mit seinem Buch über Anna Göldi vor rund einem Jahr die eigentliche Anna-Göldi-Welle ausgelöst hat. Sie führte schliesslich zur Rehabilitierung der letzten hingerichteten Hexe Europas durch den Gemeinderat Mollis und – ganz frisch – auch durch den Regierungsrat des Kantons Glarus.