Schlichten statt streiten

In Zusammenarbeit mit dem Mediationsforum Schweiz organisierte die Glarner Handelskammer und der Gewerbeverband ein Kurzseminar zum Thema Wirtschaftsmediation – Konfliktlösungen.



Die Präsidenten: Andrea Trümpy als Präsidentin des Kantonalen Gewerbeverbandes
Die Präsidenten: Andrea Trümpy als Präsidentin des Kantonalen Gewerbeverbandes

«Die Zeiten sind vorbei, als man meinte, beim Wort Mediation sei ein Buchstabe vergessen gegangen», sagt Konrad Fischer. Er ist einer der sechs Mediatoren, welche den Glarner Handelskammer- und den Glarner Gewerbeverband-Interessierten diese Art der Konfliktlösung näherbringt.

Markus Hünig, Präsident des Mediationsforums Schweiz, zeigt anhand eines Beispiels, wie es in der Praxis funktioniert und wie eine Mediation abläuft: Ein Rollenspiel ist angesagt.

Rollenspiel mit Mediator

Die Aufgabe ist gegeben: Die zwei Brüder sind Inhaber eines Unternehmens für Automatisierung. Sie besitzen je die Hälfte des Aktienkapitals der von ihrem Vater gegründeten Firma. Bis vor fünf Jahren wurde mit Büromaschinen gehandelt; seither ist der Handel mit Computern dazugekommen. Der Hauptanteil des Wachstums wird mit dem Computerhandel erwirtschaftet.

Zwischen den Brüdern kommt es immer häufiger zu Streitereien, denn der ältere ist für ein vorsichtiges Wachstum, der jüngere setzt auf Expansion über das Internet. Der Streit eskaliert, als Fritz Software im Gesamtbetrag von 600 000 Franken erwirbt, um das e-commerce-Geschäft professionell aufzuziehen. Ein Musterfall, bei dem der Familienanwalt rät, vorerst eine Lösung mit Hilfe eines Mediators zu suchen. Philipp Häfelfinger und Anders Holte, Präsident der Glarner Handelskammer, versetzen sich in die Rolle der beiden Brüder; Markus Hünig wirkt als Mediator.

Beide müssen Lösung wollen

Die Agierenden sind in der zweiten von fünf Phasen eingestiegen. Mediator Fredy Zeier erläutert diese fünf Phasen: In einer ersten geht es um die Beratung und die Vereinbarung der Mediation. Dann folgt eine Bestandesaufnahme des Konfliktes, worauf am Konfliktstoff gearbeitet wird. Schliesslich werden Lösungsoptionen entwickelt und dann wird eine Einigung erzielt.

Der erläuterte Testfall könnte in drei, vier Sitzungen abgeschlossen sein – in der Zwischenzeit würde auch daran gearbeitet, und das Ganze würde zwei, drei Monate dauern bis zur Vereinbarung, sind sich die Mediatoren sicher. Komplizierte Fälle dauern länger. «Vor Gericht aber könnte es zehn Jahre dauern», so Fredy Zeier. Voraussetzung sei, dass beide Parteien eine Lösung finden wollen. Der Erfolg liege bei über 80 Prozent, und die Kosten seien zehnmal weniger hoch als bei Gerichtsfällen.

Keine Sieger oder Besiegte

Aus Konrad Fischers Referat über die Wirtschaftsmediation geht klar hervor, dass Mediation zwar ein Mittel zur Erledigung von Rechtsstreitigkeiten ist. Im Unterschied zu der vor Gericht ausgetragenen Auseinandersetzung entscheiden jedoch die Parteien in der Mediation selber über die richtige Lösung, welche an Stelle eines Urteils tritt. In dem vom Mediator strukturierten und gesteuerten Verfahren wird ein nachhaltiger Konsens angestrebt. Dieser soll für die Zukunft tragfähig sein. «Die Beziehung zu einem wichtigen Geschäftspartner wird oftmals gestärkt, weil es keine Sieger oder Besiegte gibt», so Fischer. Eine wichtige Komponente ist die Tatsache, dass oft erstmals dank dem Mediator gehört wird, was die Gegenseite sagt. Nach dem Rollenspiel bringt es Anders Holte auf den Punkt: «Wenn mein angeblicher Bruder etwas sagt, geht bei mir der Rolladen runter, geht es aber über den Mediator, dann höre ich zu.»