Schön & Gut – Politik, Umwelt, Geschlechterrollen, das liebe Vieh

Schön & Gut lässt sich auf verschiedenste Arten deuten, war im «Schwert» Näfels Auslöser für Vergnügliches, enorm Zeitkritisches, war Grundlage intelligenter und witziger Wortakrobatik. Und verantwortlich fürs Begegnen war das Kleinkunst-Duo Anna-Katharina Rickert (geboren 1973, Zürich und Birmensdorf, Schauspielerin und Kabarettistin) und der Schaffhauser Ralf Schlatter (1971, Autor und Kabarettist). Sie gastierten nach Corona bedingter Pause auf Einladung der Kulturgesellschaft Glarus vor echt ausverkauftem Haus im Glarnerland. Und man musste riesig aufpassen, um fast im Expresstempo mitvollziehen und aufnehmen zu können, was da ab kleiner Bühne verkündet und ausgespielt wurde.



Heini Nold leitet das Ressort "Ds dritt Programm" (Bilder: p.meier)
Heini Nold leitet das Ressort "Ds dritt Programm" (Bilder: p.meier)

Ganz zu Beginn stand die Verabschiedung und Würdigung von Angelika Echsel, Mitverantwortliche für das «Dritte Programm». Sie hatte vieles mitorganisiert und sich nach neun intensiven Jahren zum Verlassen dieses kreativen Gremiums entschieden.

Und wenig später war man Gast im bernischen Grosshöchstetten, konnte mitverfolgen, was Kuh und Kalb so miteinander diskutieren, wie der wortgewaltige, von sich riesig eingenommene Gemeindepräsident Kellenberger auftritt und an futuristischen Ideen mit sich rumträgt. Man erlebte, wie clever und schlagkräftig die Umweltaktivistin zu argumentieren versteht und es ihrem politischen Gegenüber die Sprache verschlägt. Mit dem Bau von riesigen Windrädern wäre es für die habliche Berner Gemeinde nach Meinung der politischen Führungskraft gar rassig vorwärts gegangen – ungeachtet der Schäden für Umwelt, Bewohner, Tiere und Dorfkultur. Ob es dann auf der mehrmals erwähnten «Schönmatt» wirklich gut rausgekommen wäre, ist auch heute noch zu bezweifeln. Und in den damit verbundenen Schlagabtausch war vieles eingebaut, was in unserer aktuellen Zeit Gültigkeit hat und haben wird. Die beiden, seit zwanzig Jahren gemeinsam auftretenden Kabarettisten, hatten aus gar vielem auszuwählen, was belastet, Kopfschütteln oder Kritik auslöst, zum Schmunzeln und Rauslachen Anlass gab.

Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, aus der wahren Flut von zuweilen ganz kurzen und «träfen» Unterhaltungsfetzen das auszuwählen, was am Bedeutsamsten, uns Belastendstem ist – und gewiss noch lange Gültigkeit haben wird. Und vieles löste Gelächter, Anerkennung aus. Zu Texten gehören bei Schön & Gut unabdingbar musikalische Fertigkeiten, situationsgerechte Mimik, rasche Wechsel der jeweils angedeuteten Problematik. Man staunt über die ausgespielte Vielfalt von Tofu, Geschlechterspezifischem, Würsten, Meisen, Fleischersatz, Kalb und Kuh, wurstbezogenen Tatsachen, Meteore mit kurzem und langem Schweif, gemeistertem Weltuntergang, des in stets beinahe immer treffend eingesetzten Slogans vernarrtem Gemeindepräsidenten. Man freut sich über witzige Rollenspiele samt Kleiderwechseln auf offener Bühne, Zurückfallen in alte Rollen, die Auftritte als beichtwilliger Geistlicher vor der Beichtmutter, über den Einbezug des Altmeisters Johann Sebastian Bach mit «Wo soll ich fliehen hin?», das Wiederauftauchen der so stark bedrohten Waldschnepfe, das Wirbeln eines Windtradflügels, die ewigen Bezüge zur Metaphorik, das Anfeuern der imaginären Hornusser. Man spinnt vielleicht die existenziellen Fragen wie: «Kennst du dich?»; «Wer bist du?»; «Um was dreht sich eigentlich die Welt?» weiter und ist grundlegend überzeugt, dass Boden unter Umständen Allgemeingut bleiben soll.

So wurde Grosshöchstetten für erfüllende Momente Gast des Glarnerlandes, dank Schön & Gut meisterlich und mit viel Virtuosität präsentiert.