Sein letztes Budget

Es würde das letzte Kantonsbudget von Regierungsrat Dr. Rolf Widmer sein und so gab der Landratspräsident gleich zu Beginn das Ziel bekannt: «Budget durchberaten!» Doch nach ellenlangen Auslassungen zum Hochbau- und zum Strassenbauprogramm kamen Zweifel auf, ob der Berg noch zu meistern sei. Tatsächlich wurde das Budget aber – trotz vieler engagierter Voten zur Disziplin – nach etwas mehr als 90-minütiger Diskussion unverändert angenommen.



Sein letztes Budget

Erst einmal ging es wortlos in die 2. Lesung zur Änderung der Verordnung über die Alimentenhilfe, dann in die erste Lesung des Gesetzes über den Zivilschutz. Kommissionspräsident Bruno Gallati informierte ausführlich über die Problemstellung, die dazu führt, dass man erstens eine Übergangsregelung bis 2025 in Kraft setzen will und dies zweitens dringlich tut. Wie Jürg Feldmann, Hauptabteilungsleiter Militär und Zivilschutz, der Kommission aufgezeigt habe, ist dies nötig, um die Leistungsfähigkeit des Zivilschutzes zu erhalten. So soll bis 2025 noch die längere Dienstpflicht angewendet werden können. Dies, weil sonst Zivilschutzleistende fehlen. Das Bestandsproblem besteht, weil wichtige Funktionen durch die dienstälteren und dienstältesten Zivilschützer wahrgenommen werden. Wenn diese einst entlassen sind, können sie – selbst wenn die Landsgemeinde das Gesetz annimmt – nicht mehr eingezogen werden. Deshalb ist der Entscheid dringlich und soll in zwei Lesungen vom Landrat gefällt werden. Roland Goethe sprach sich namens der FDP-Fraktion für Eintreten und die Befürwortung aus. «Die sofortige Umsetzung des neuen Gesetzes würde acht Jahrgänge aus der Pflicht zu entlassen, die derzeit als Zivilschutzkader arbeiten. Deshalb braucht es die Übergangsfrist, sonst müssten wir auf viele Zivilschutzleistungen verzichten – etwa die Unterstützung der Partnerorganisationen wie etwa bei der Corona-Pandemie oder in Sport oder Kultur.» Es soll, so Goethe einen «fliessenden» Entlassungsprozess geben, d.h. sobald ein Nachfolger da ist, können Ältere entlassen werden. Deshalb verlange die FDP die dringliche Inkraftsetzung. Regierungsrat Andrea Bettiga bestätigte: «Mit diesem Vorgehen können wir die Folgen abfedern.» Laut Übergangsgesetz bleiben alle pflichtig, bis sie 40 Jahre alt sind. Das gilt bis 31. Dezember 2025. Der Landrat verabschiedete das Gesetz zuhanden einer 2. Lesung.

Eine kleine Vereinfachung

Auch die Änderung der Verordnung zum Steuergesetz, vorgetragen von Kommissionspräsidentin Priska Müller Wahl, gab nicht zu reden: Es sollen nur noch Urkundspersonen auf Grundpfandpflichten aufmerksam machen und das entsprechende Formular abgeben. Denn faktisch gelte bereits ein Anwaltsmonopol. Frau Landammann Marianne Lienhard beantragte ebenfalls Eintreten und Zustimmung. «Das Grundbuchamt soll rausgestrichen werden, da diese Regelung gar nie zur Anwendung kam. So können wir etwas mehr Ordnung in der Verordnung schaffen.» Das Geschäft ging ohne Wortmeldung zur zweiten Lesung.

Eine umfassende Strategie

Dann aber kam die mehr als stündige Diskussion zum Mehrjahresprogramm – zur geforderten Immobilienstrategie einerseits und zum Nachtragskredit für den Landratssaal anderseits. Kommissionspräsident Fridolin Staub verwies darauf, dass der Budgetkredit zur Berufsschule Ziegelbrücke nicht an die Landsgemeinde 2021 kommt, da das Projekt noch nicht so weit ist – dies auf der Basis der Information durch das Departement Bau und Umwelt. Christian Büttiker war für Eintreten und letztmalige Zustimmung zum Programm. «Die SP will eine langfristige Liegenschaftsplanung, wenn diese nicht da ist, so soll in Zukunft aber kein Franken mehr gesprochen werden. Das momentane JEKAMI bei den Liegenschaften im Kanton kann nicht weitergehen. Es braucht eine Strategie – Baustellen gibt es genügend, etwa das Gefängnis, der Umzug der Pflegeschule nach Ziegelbrücke. Aber derzeit herrscht ein Wunschkonzert.»

Landratsvizepräsident Hans-Jörg Marti war ebenfalls für Eintreten. «Man hört zwar jedes Jahr, dass dank guten laufenden Unterhaltsarbeiten der Zustand der Hochbauten gut sei. Trotzdem möchten auch wir eine gesamtheitliche Schau. Sonst werden Projekte zu Dauerbrennern, etwa Liegenschaften rund ums Zeughaus, die Pflegeschule in der alten Migros. Auch die Kantonsschule ist jährlich im Programm, jeweils werden 500 000 Franken im Sommer verbaut. Neu sind nun Forderungen der glarnerSach aufgetaucht, etwa zur Bildung von Brandabschnitten. Dazu wird eine Diskussion gar nicht zugelassen, selbst wenn es bessere Lösungen als die geforderten gäbe.» Der kleine Kanton Glarus habe, so Marti, die restriktivste Umsetzung der Brandschutzbestimmungen, das könnte der Verwaltungsrat der glarnerSach mal anschauen. Auch Andrea Bernhard, beantragte namens BDP/GLP-Fraktion Zustimmung. «Es wollen alle der Kommission dasselbe – eine Immobilienstrategie, die eine Gesamtschau liefert. Sie könnte die Handschrift des neuen Baudirektors tragen.» Mit der Videoübertragung aus dem Landratssaal sprach er als erster das Thema an, das dann zu heissen Debatten führte. Bernhard forderte, man solle auf nachhaltige Energie und Photovoltaik setzen.

Kostenvoranschlag Pflegeschule prüfen
Regierungsrat Kaspar Becker forderte den Landrat auf, trotz der aktuellen Situation vorwärtszumachen und bestätigte gegenüber Bernhard: «Wenn wir bei einer Liegenschaft etwas tun, so fliesst dort ein, was wir energetisch bei der Gebäudehülle machen können und auch bei der PV – ausgenommen höchstens der nicht besonders sonnig gelegene Werkhof Schwanden. Den Kostenvorschlag zur Pflegeschule haben wir erst gerade bekommen und konnten ihn nicht tief genug prüfen.» Derzeit betrage der Voranschlag für die Pflegeschule 40 Mio. Franken. «Das ist zu hoch, diese Zahl muss runter. Wir wollen bei diesem für die Bildung wichtigen Traktandum eine fundierte Vorlage unterbreiten.» Er teile auch den Wunsch nach der geforderten Immobilienstrategie: «Diese wird von der neuen Kantonsarchitektin entwickelt werden und dann auch umgesetzt. Zum Brandschutz der glarnerSach ein Wort: Das ist ein Spannungsfeld. Stellen Sie sich vor, es brennt in der Kantonsschule, und wir haben die geltenden Vorschriften nicht umgesetzt …»

Streichungsantrag beim Rathaus

Anschliessend beantragte Hans-Jörg Marti, die 500 000 Franken bei Rathaus Glarus streichen – die Regierung hatte in einer Interpellationsantwort diese Kosten im Zusammenhang mit der technischen Ausrüstung des Saales genau aufgegliedert. Marti sagte Richtung Becker im Zusammenhang mit der Kantonsschule: «Es soll nicht aufgrund der Sicherheit gespart werden. Es gilt aber, genau hinzuschauen, wo Sparpotenzial besteht.» Seinen Antrag begründete Marti mit den Kürzungen, die der mit Hinblick auf Bauherrenreserve und Klimaanlage beschloss. Zudem spare man ja auch bei der Bestuhlung gegenüber dem Budget 130 000 Franken ein. Toni Gisler unterstützte Marti namens der SVP-Landratsfraktion und fragte sich, warum die Kameras, die Beleuchtung und die Beschallung so teuer seien. «Im Hinblick auf das Budget 2019 wurden die 400 000 Franken vom Regierungsrat aus taktischen Gründen gestrichen und sie werden jetzt über diesen überrissenen Budgetkredit wieder hereingenommen.» Fraktionskollege Peter Rothlin, der selber das Projekt als Landratspräsident begleitet hatte, widersprach Marti und Gisler: «Bitte lehnen Sie diesen Antrag von FDP und SVP ab. Im Büro waren wir immer bestens informiert durch Ratssekretär und Ratsschreiber. Die Regierung nahm immer den laufenden Stand auf. Der Landrat entschied erst im November 2019 über den Livestream, da war das Budget 2020 schon gemacht.» Rothlin nahm Regierungsrat Becker in Schutz, es sei unredlich, ihm hier eine Absicht zu unterstellen. «Wichtig ist», so Rothlin, «dass wir im Landrat in Grips investieren, nicht nur in Gips.» Mathias Vögeli beantragte ebenfalls Ablehnung. «Manchmal staunt man: Da will man den Ausbau, aber die Mittel dafür will man verwehren. Doch wer A sagt, muss auch B sagen. Wennschon müssen wir dazu stehen, was wir beschlossen haben und es durchziehen.» Christian Büttiker bemerkte mit ironischem Unterton: «Ich geniesse es nur, beim Zuhören. Diese Sanierung wäre 100-prozentig planbar gewesen. Deshalb muss die Planung besser werden, wie wir es ja von der Kommission auch fordern.»

20 Prozent sind 500 000 Franken

Hans Jenny wollte das Votum Rothlin so nicht stehen lassen. «Die Problematik ist: Das Geld war da im Budget schon aufgebraucht, hätten wir besser geplant, so brauchten wir jetzt keinen Nachtragskredit.» Kommissionspräsident Fridolin Staub erwiderte: «Dass man mit einem Streichungsantrag nachjassen will, finde ich nicht gut. Bitte stimmen Sie den Anträgen der Regierung zu.» Auch Regierungsrat Kaspar Becker plädierte dafür und gab zu bedenken: « Das Departement ging mit einer Grobkostenschätzung von 2,4 Mio. Franken +/-20 Prozent in die Diskussion.» Wer hier nachrechnet, sieht die Streuung, 20 Prozent sind in etwa die von Marti angefochtene Summe. «Einerseits wurde redimensioniert, sodass wir mit 2 Mio. Franken ins Budget gingen», gab Becker zu bedenken. «Der Landrat hatte Zusatzwünsche, die auch ein Preisschild hatten. Wir hatten einen guten Austausch mit dem Landratsbüro. Die Vergabungen sind gemacht, das Geld wird reichen, wer zweifelt, kann ja die Finanzaufsichtskommission anrufen. Wenn Sie es rausstreichen, muss es der Regierungsrat nachher als Budgetüberschreitung genehmigen.» Und er forderte die Landräte auf: «Geht mal schauen, was im Landratssaal alles drin ist.» Im Machtpoker zwischen Kommission und Landrat, der irgendwie auch zwischen Rechts und Links zu sein schien, wurde ausgezählt, während im Rat gelacht wurde. Es waren schliesslich 22:25 Stimmen bei 5 Enthaltungen, die den Betrag im Programm beliessen.

Zuhanden von Protokoll und Polizeidirektor

Heinrich Schmid bemerkte zuhanden des Protokolls: «Es wird auf jedes Dach eine Solaranlage gesetzt. Damit geht nur die Strategie der installierten Leistung auf, aber nicht jene mit der Stromproduktion.» Und Thomas Tschudi regte bei Regierungsrat Andrea Bettiga an, er möchte doch bitte mit Philipp Müller von der Berner Regierung sprechen. Seine Rekapitulation der Gefängnisdiskussion unterstützte den Antrag der Finanzaufsichtskommission aus der vergangenen Landratssitzung, zum Gefängnis eine saubere Auslegeordnung zu präsentieren. Bettiga bedankte sich bei Thomas Tschudi. «Die Justizvollzugsbedürfnisse sind geprüft, die interkantonale Zusammenarbeit wurde geprüft. Das Gutachten Gähwiler – ein ehemaliger Gefängnisdirektor – zeigt: Die Ertüchtigung des bestehenden Gefängnisses ist wenig sinnvoll.» Man diskutiere nur noch ein Untersuchungsgefängnis mit 10 bis 12 Plätzen, eine Aufgabe, die nicht ausgelagert werden könne. Er gab zu bedenken: «Betriebswirtschaftlich ist ein grosses Gefängnis viel sinnvoller, das Problem ist: Wie füllen wir es?»

Strassenbau wurde zur Flankierungsdiskussion

Nach der Pause stand das Strassenbauprogramm 2021 auf dem Programm. Kommissionspräsident Fridolin Staub sagte, dass hier nur die budgetrelevanten Positionen fürs Folgejahr gesprochen würden. «Die laufenden Projekte sind auf Kurs. Es sollen zum Ausbau der Netstalerstrasse von den eingestellten 300 000 Franken nur 30 000 Franken ausgegeben werden, falls die Landsgemeinde hier negativ entscheiden sollte.» Hans-Jörg Marti und Andrea Bernhard hatten bereits vorher Zustimmung signalisiert, auch Priska Müller Wahl stellte Zustimmung in Aussicht. Es solle aber immer die Auswirkung auf die Wohnqualität und die Gesamtmobilität im Auge behalten werden. «Es braucht auch hier eine Gesamtstrategie.» Man müsse weitsichtig und in Varianten denken und gesamtmobil handeln. Regierungsrat Kaspar Becker stellte fest: «Beim Strassenbauprogramm haben wir nicht gekürzt. Corona wird aber im ÖV-Budget zu Millionenbeträgen führen in den Abschlüssen der Transportunternehmen 2020. Die Mobilität ist in einem grossen Wandel – zwischen ASTRA und BAV sind keine Chinesischen Mauern mehr. Die von den Grünen geforderten Abstimmungen werden auch auf Bundesebene machtentscheidend sein.» Insgesamt acht Fragen der Grünen beantwortete der Baudirektor. Gestellt von Müller Wahl zum Landerwerb, zu den Massnahmen auf der Kanalstrasse in Mollis und zur Tempo-30-Zone, sowie von Ann Christin Peterson zum ÖV und zum Behindertengleichstellungsgesetz. Dann stellte Priska Müller Wahl Antrag zur Streichung des Geldes für den Ausbau der Netstalerstrasse, der aber – mit zwei Gegenstimmen und nach 53 Minuten Debatte – abgelehnt wurde.

Die Kuh auf dem Eis

Eine kurze Frage hatte Samuel Zingg noch zur Jahresplanung 2021 dann startete, knapp vor 11.00 Uhr, die Debatte zum Budget 2021 mit Integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022–2025. Was schon zu Beginn angenommen werden durfte, dass dieses Budget – mehr oder weniger unbeschadet – schliesslich noch behandelt werden konnte, zeigte sich nach 90 Minuten, als man die Kuh wieder vom Eis bekam. Vor dem Eintretensvotum des Finanzdirektors hatte Martin Laupper in seinem Dank an Dr. Rolf Widmer es so schön und trostreich gesagt: «Es ist ja das letzte Mal, dass Sie eine solche Budgetdebatte über sich ergehen lassen müssen.» Diese Debatte drehte sich einerseits um die rund 70 000 Franken im Personalbudget der Regierungskanzlei, welche die Finanzaufsichtskommission streichen wollte. Tatsächlich hatte die Regierung aber mehr an Leistungen eingespart, welche sie früher in der Kommunikation von dritter Seite her eingekauft hatte. Also stimmte der Rat gegen die Streichung dieses Betrags. Auch Hans Jenny beantragte eine Streichung, er wollte die insgesamt 370 000 Franken für strukturelle Lohnanpassungen und Leistungsprämien beim Kanton nicht ins Budget aufnehmen. Derzeit – so Jenny – sei es schon Lohn genug, wenn man seinen Job behalten könne. Auch er setzte sich aber schliesslich nicht durch und zum Schluss wurde das Budget – mit einigen Enthaltungen – angenommen. Die nächste Landratsdebatte findet am Mittwoch, 16. Dezember, statt, allerdings für einmal coronabedingt ohne Apéro.