Senioren im Landesplattenberg ob Engi

Es gehört zu einer willkommenen Tradition, dass sich die Mitglieder des bündnerischen und glarnerischen Seniorenverbandes einmal pro Jahr zu einem gemeinsamen Anlass treffen. Gastgeber waren diesmal die Glarner. Sie luden zum Besuch des Landesplattenbergs im Sernftal ein. Das Interesse war erfreulich gross.



Senioren im Landesplattenberg ob Engi

Berggewohnte führte Hansjürg Streiff ab Auditorium durch Teile des gesamten Abbaugebietes. Er hatte viel Interessantes zu erzählen. Und wer diese Pfade nicht angehen wollte, liess sich durch Hans Rhyner in die beschwerliche und zumeist stark gesundheitsschädigende Gewinnung des Schiefers einführen. Anni Brühwiler erzählte in gar launiger Weise einiges über die drei Sernftaler Gemeinden und deren Eigenheiten. Alle wurden von Otto Wyss mit Alphornklängen begrüsst und im kühlen Inneren boten Elsbeth Hefti und Annemarie Hodel herzerwärmende Jodellieder an. Kulinarisch liess man sich um Mittag gerne verwöhnen.

Alles stimmte an diesem Tag. Der Dauerregen des Vortages gehörte definitiv der Vergangenheit an. Gut 60 Senioren aus den beiden Kantonen wärmten sich nochmals auf und erfuhren in dieser Zeitspanne von Hansjürg Streiff gar Interessantes, beispielsweise, dass der Landesplattenberg urkundlich erstmals 1565 erwähnt ist, dass Leute aus Diessenhofen Schieferplatten geklaut und weggebracht hätten. Abbau und Transport kann man sich kaum mehr vorstellen, wurden doch die Platten von Hand freigepickelt, gebrochen und auf starken Schultern nach Schwanden getragen. Eine willkommene Verbesserung ergab sich 1905 mit dem Bau der Talstrasse und der Inbetriebnahme der Sernftalbahn. Seit 1832 war das Abbaugebiet als Landesplattenberg bekannt. Die Entlöhnung und Arbeitsbedingungen der vielen Arbeitskräfte, darunter auch Kinder, besserten. Der Kanton betrieb «seinen» Berg bis 1920 und vergab dann die Konzession der Firma Marti aus Matt. So blieb es bis 1961. Hansjürg Streiff erklärte gar anschaulich, wie die im Wechselverkehr laufende Transportbahn stets beladen war. Das sei – aus heutiger Sicht – eine total gut funktionierende absolut emissionsfreie Verbindung zwischen Stollenausgang und Talboden gewesen. Schiefer diente für den Bau von Dächern, Öfen, Böden, Plattentischen und Schreibtafeln. Die heutige Trägergesellschaft hat für den zeitgemässen Umbau viel Geld investiert und hat damit den Bekanntheitsgrad deutlich steigern können. Eine leistungsfähige und geschickt umsorgende Gruppe setzt sich fürs Catering ein, es ist ein gemütliches Verweilen in geschützter Lage möglich. Man kann sich sogar im Bearbeiten des Schiefers versuchen.

Hans Rhyner führte weiter ein, sich zur Hauptüberschiebung und dem UNESCO-Weltkulturerbe äussernd. Der Schiefer sei mit vergleichsweise 30 Millionen Jahren ein eher jüngeres Gestein, das durch Schlammablagerungen entstanden sei. Er führte in den Abbau des Schiefers ein, anschaulich und bewegend. In ständig dichtem Staub sei gepickelt und rausgeschnitten worden. Er zog einleuchtende Unterschiede zwischen Schiefervorkommen in Elm und Engi.

Es traten zwischendurch die beiden in wunderbare Trachten gekleideten Jodlerinnen Elsbeth Hefti und Annemarie Hodel auf. Man genoss die so passenden Inhalte der Lieder, erfreute sich am innigen und sorgsamen Ausgestalten und der bemerkenswerten Akustik im Auditorium. Man war dankbar für die bereitgelegten, wärmenden Wolldecken in diesem lediglich acht Grad messenden Raum. Man vernahm von den Jodlerinnen, was Heimat und Behaglichkeit bringen, wie notwendig die zwischenmenschliche Wärme, gute Freundschaften und gegenseitige Wertschätzung sind – wie es die Liedtexte ebenso vorgaben.

Und zwischendurch begrüssten Paul Aebli, Präsident des glarnerischen Seniorenverbandes, und sein Bündner Amtskollege Hans Joss, herzlich, freundschaftlich und in treffender Art.

Man erfuhr, dass der Bekanntheitsgrad des Plattenbergs gewiss gestiegen ist, dass Auswärtige aber eher den Föhn, die Industrialisierung und die touristischen Orte kennen.

Es kam zu kurzen Rückblicken auf gemeinsam angebotene Anlässe, kulinarische Spezialitäten, besuchte Destinationen und anderes. Die bewährte Form der gelegentlichen Zusammenarbeit wird weitergeführt.

Nochmals erfreute man sich am heimeligen Jodelgesang, bevor es ins Freie, damit an die Wärme, ging. Vieles ist haften geblieben. Es stimmte gewiss nachdenklich, unter welch harten Bedingungen damals gearbeitet wurde, dies nicht selten während zehn Stunden pro Tag. Nur gerade zehn Prozent des abgebauten Schiefers kamen für Verarbeitung und Verkauf infrage.

Und noch vor dem Mittagessen zeigte Anni Brühwiler auf, was sich über Jahrzehnte hinweg so alles ereignet hatte, dass beispielsweise einst das Martinsloch mit einer Zeltplache verdeckt worden sei, damit die Sonne nicht mehr hindurchscheinen könne oder wie beängstigend es war, als der Stolleneingang einmal durch eine Lawine verschüttet war und die Eingeschlossenen gerettet werden mussten. Die Rede kam zudem auf die Schule, das Alter der Kirche und anderes. So ergab sich eine beinah währschafte «Stubete».

Und was sich im nächsten Jahr an Gemeinsamem ergeben wird, ist schon fast Betriebsgeheimnis. Die Bündner werden gewiss ebenso Attraktives anzubieten wissen wie die Glarner.