Seoul-Tagebuch Episode 3

Ich habe mal eine Geschichte geschrieben über ein topmodernes Haus, das vollgestopft ist mit Elektronik. Darin kommt auch ein sprechendes Badezimmer vor. Nun, viele schmunzeln, wenn ich diese Geschichte zum Besten gebe. Aber hallo! Das gibt es wirklich und das Beste daran ist, zurzeit lebe ich in so einer Wohnung! Es geht zwar nicht um ein sprechendes Badezimmer, sondern vielmehr um ein sprechendes Wohnzimmer.



Die Koreaner sind ja ganz wild auf so etwas. Je mehr Technik umso besser.
Die Koreaner sind ja ganz wild auf so etwas. Je mehr Technik umso besser.

Das sitze ich doch an einem Samstag gemütlich in der Küche. Alleine versteht sich. Da höre ich aus dem Wohnzimmer plötzlich eine Männerstimme. Was ist jetzt los? Denke ich mir. Natürlich begebe ich mich unverzüglich ins Wohnzimmer, um zu sehen, wer oder was da los ist. Doch ich sehe niemanden. Aber die Stimme ist da. Laut und deutlich zu hören. Irgendjemand spricht auf Koreanisch.

Ich schaue mich um. Nichts. Es ist kein Radio an und auch kein Fernseher. Ich schaue nach oben. Die Stimme kommt von der Klimaanlage. Oder zumindest aus dieser Richtung.

Beim näheren Betrachten der Wohnzimmerdecke sehe ich es. Ein Lautsprecher, direkt neben der Klimaanlage. Und da spricht jemand. Ich bin verblüfft und sehr erstaunt. Was ist denn das?

Ist mir bis jetzt noch nie aufgefallen. Da es einiges an oder in der Decke hat, von dem ich noch nicht weiss, was es ist.

Erstmal stehe ich einfach nur da und wundere mich. Und da ich kein Wort verstanden habe, wundere ich mich noch mehr. Wenn da ich der Wohnung eine Lautsprecherdurchsage kommt, muss es etwas Wichtiges sein.

Sofort rufe ich unsere Wohnungsvermittlerin an und erzähle ihr die Geschichte. Auch sie hat davon noch nie etwas gehört. Sie anerbietet sich, das Management des Hauses anzurufen, um nachzufragen, was da los war. Kurze Zeit später ruft sie mich zurück.

Es war eine Durchsage des Haus-Managements, dass am nächsten Dienstag irgendwelche Leute, die irgendetwas in den Wohnungen einstellen oder zu richten haben, vorbeikommen. Aha, das war es also.

Man stelle sich das mal in der Schweiz vor. Samstagmittag macht es plötzlich in ihren Wohnzimmer «blingblangblong» und eine Durchsage der Hausverwaltung trällert aus dem Lautsprecher:

Achtung, Achtung, hier spricht die Hausverwaltung! Folgende Punkte sind uns aufgefallen:
Frau Müller aus dem 2. Stock hat ihren Müllsack wieder zu früh auf die Strasse gestellt.
Herr Meier aus dem Dachgeschoss ist erst um halb vier in der Früh nach Hause gekommen und hat das Licht im Hausgang brennen lassen.
Bei den Kollers wurde wieder einmal nach 22 Uhr geduscht.
Der Hund von Frau Bodenscheid hat erneut in den Vorgarten gepinkelt.
Frau Keller hat gestern wieder mal auf dem Parkplatz von Herrn Kamm geparkt.
In der Waschküche hängen immer noch zwei Paar Socken. Wem gehören die?
Und in Zukunft sollte der Waschküchenschlüssel am Vorabend bis 21 Uhr übergeben werden.
Falls Herr Krähenbuhl heute wieder zu Grillieren gedenkt, bitten wir, doch nicht so viel Rauch zu machen.
Wir wünschen Ihnen ein schönes Wochenende. Ihre Hausverwaltung.


Wäre doch ganz amüsant.

Als wir in diese Wohnung in Seoul gezogen sind, war mir bewusst, dass einiges an Technik auf mich zukommen würde. Alles funktioniert hier elektronisch und vollautomatisch. Die Beleuchtung, die Klimaanlage, die Heizung.

Die Toiletten sehen aus wie ein Cockpit einer A-380. Überall Knöpfe, Lämpchen, blinkende Lichter. Willst du auf der Toilette Radio hören? Kein Problem Alles schon eingebaut. Willst du auf der Toilette fernsehen? Kein Problem. Alles schon eingebaut. Schlüssel für die Haustüre? Gibt es keinen. Alles elektronisch.

Neben dem Arbeitsraum für unser Dienstmädchen hängt ein ganzer Computer. Alles auf Koreanisch beschriftet. Damit kann man nicht nur die Türe öffnen und mit dem Besucher sprechen. Nein. Damit kann man noch viel mehr. Vermutlich Essen bestellen, Reisen buchen, telefonieren, usw. Ob dieses Gerät auch kocht oder die Wäsche in die Reinigung bringt, konnte ich noch nicht herausfinden.

Und jetzt noch das sprechende Wohnzimmer.

Die Koreaner sind ja ganz wild auf so etwas. Je mehr Technik umso besser. Ich weiss nicht. Ist mir nun doch etwas zu viel. Aber ich werde mich daran gewöhnen müssen.

Bin mal gespannt, was noch alles auf uns zukommt.