Sozialhilfequote ist 2020 im Vergleich zum Vorjahr gesunken

2020 beziehen 1,8 Prozent der Glarnerinnen und Glarner Sozialhilfe. Die kantonale Sozialhilfequote ist im Vergleich zum Vorjahr trotz der Coronavirus-Pandemie gesunken. Sie liegt erneut deutlich unter dem schweizerischen Durchschnitt von 3,2 Prozent (Stand 2019). Dies zeigen die neusten Zahlen der Schweizerischen Sozialhilfestatistik, die jährlich vom Bundesamt für Statistik publiziert werden.



Die Coronavirus-Pandemie wirkte sich weniger als erwartet auf die Sozialhilfequote aus • (Foto: iStock)
Die Coronavirus-Pandemie wirkte sich weniger als erwartet auf die Sozialhilfequote aus • (Foto: iStock)

Im Jahr 2020 bezogen im Kanton Glarus 723 Personen Sozialhilfe. Das sind 68 Personen weniger als im Vorjahr. Da die Menge der Bevölkerung gleichzeitig zugenommen hat, sinkt die Sozialhilfequote zwischen 2019 und 2020 von 2,0 auf 1,8 Prozent. Damit liegt die Quote unter dem langjährigen kantonalen Schnitt von 2,0 Prozent.

Risikogruppen bleiben unverändert

Die Bevölkerungsgruppen, welche gemessen an ihrem Anteil an der Glarner Bevölkerung besonders häufig Sozialhilfe beziehen, bleiben auch im Jahr 2020 unverändert geschiedene Personen sowie Ausländerinnen und Ausländer. Gefährdet sind auch Einelternfamilien, besonders solche in Haushalten, die aus einer erwachsenen Person und mehreren Kindern bestehen. In der Alterskategorie der Kinder und Jugendlichen beträgt die Sozialhilfequote 2,9 Prozent. Damit haben sie von allen Alterskategorien das höchste Sozialhilferisiko.

Sozialhilfe im Kontext von COVID-19

Im Februar 2020 erreichte die Pandemie die Schweiz. Der Bundesrat beschloss im März 2020 einen Lockdown, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen: Schulen, Restaurants und Läden, die nicht den alltäglichen Bedarf decken, wurden geschlossen. Diese Beschlüsse hatten Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: Viele Firmen mussten ihren Betrieb stark einschränken oder einstellen, zahlreiche Personen verloren ihre Stelle und es wurden kaum neue Arbeitsplätze geschaffen. Im Kanton Glarus stieg die Arbeitslosenquote innert Jahresfrist von 1,6 Prozent auf 2,4 Prozent an.

Trotz der schwierigen Arbeitsmarktlage stieg die Sozialhilfequote im Kanton Glarus nicht an. Der Bundesrat und der Regierungsrat des Kantons Glarus beschlossen zur Abfederung der wirtschaftlichen Belastung verschiedene Massnahmen, wie die Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosenentschädigung, einen Corona-Erwerbsersatz, die Härtefallunterstützung und die Ausweitung und Vereinfachung von Kurzarbeit. Diese Massnahmen haben dazu beigetragen, dass negative Auswirkungen der Pandemie auf die Sozialhilfe bisher ausblieben.

Mit der Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosentschädigung sank die Anzahl der ausgesteuerten Personen in den Monaten März bis Juli 2020 auf null. Allfällige Übertritte in die Sozialhilfe fielen für diesen Zeitraum weg. 2020 gingen – wie die Sozialhilfestatistik 2020 zeigt – nur 6 Prozent der Neueintritte in die Sozialhilfe auf Übertritte aus der Arbeitslosenhilfe zurück. 2019 lag dieser Anteil bei 10 Prozent. Gleichzeitig hat die Anzahl neuer Dossiers abgenommen. Während 2017 bis 2019 jeweils 14 neue Dossiers pro Monat eröffnet wurden, gab es 2020 im Durchschnitt 11 neue Dossiers pro Monat.

Aufgrund der schwierigen Arbeitsmarktsituation war anzunehmen, dass weniger Personen den Sprung aus der Sozialhilfe schaffen würden. Im Kanton Glarus haben entgegen den Erwartungen die Austritte aus der Sozialhilfe von 173 auf 194 zugenommen. Gegenüber dem Vorjahr wurden mehr Sozialhilfefälle aufgrund einer Existenzsicherung durch Sozialversicherungen (+14 Dossiers) und aufgrund eines erhöhten Erwerbseinkommens (+11 Dossiers) beendigt. 

Bisher kein markanter Anstieg in der Sozialhilfe aufgrund der Flüchtlingswelle 2015

Flüchtlinge mit Asyl werden in den ersten fünf Jahren ab Einreichung des Asylgesuches durch den Bund finanziell unterstützt. Bei den vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen dauert die Unterstützung durch den Bund sieben Jahre ab Einreise. Danach müssen sie durch den Kanton Glarus mit wirtschaftlicher Sozialhilfe unterstützt werden. 2015 nahm die Zahl der Asylgesuche in der Schweiz aufgrund der anhaltenden Konflikte in Syrien und im Irak sprunghaft zu. Es war zu erwarten, dass sich dieser Anstieg zeitverzögert auch in der Sozialhilfe beobachten liesse. Entgegen der Annahme ist die Anzahl Sozialhilfebeziehender mit Asylhintergrund im Kanton Glarus innert Jahresfrist nicht gestiegen, sondern von 84 auf 80 gesunken. Ihr Anteil unter den Sozialhilfebeziehenden beträgt aktuell 11,1 Prozent. Es scheint sich die frühzeitige und gezielte Integrationsförderung im Kanton Glarus durch die Asylbetreuung und die Koordinationsstelle Integration Flüchtlinge (KIF) auszuzahlen.

Langfristige Tendenzen von 2008 bis 2020

Entwicklung der Sozialhilfequote

Die Sozialhilfequote bewegte sich in den Jahren 2008–2020 zwischen 1,8 und 2,2 Prozent. Im Jahr 2020 liegt sie bei 1,8 Prozent.

Entwicklung der Sozialhilfequote nach Nationalität

Die Sozialhilfequote der Schweizerinnen und Schweizerin bewegte sich in den letzten 13 Jahren zwischen 1,2 und 1,6 Prozent. 2020 liegt sie bei 1,2 Prozent.Jene der Ausländerinnen und Ausländer schwankt seit 2011 zwischen 3,8 Prozent und 3,2 Prozent. 2020 sind 3,5 Prozent der ausländischen Kantonsbevölkerung auf Sozialhilfe angewiesen. 2008 und 2009 war dieser Anteil mit beinahe 5 Prozent deutlich höher.

Entwicklung der Erwerbssituation von Personen in der Sozialhilfe

Der Anteil von Nichterwerbspersonen unter den Sozialhilfebeziehenden – also Personen, die zwar nicht arbeiten, aber auch nicht aktiv auf Stellensuche sind – sank zwischen 2008 und 2016. Seit 2016 schwankt dieser Anteil zwischen 35,5 und 37,7 Prozent. 2020 machen die Nichterwerbspersonen 36,8 Prozent aus. Der Anteil an Erwerbslosen – also Personen, die nach einer Stelle suchen und allenfalls auch beim RAV gemeldet sind – nahm seit 2008 kontinuierlich zu. 2016 erreicht diese Bevölkerungsgruppe einen Höchststand von 38,8 Prozent. 2020 erzielen Erwerbslose einen Anteil von 27,7 Prozent. Der Anteil von Sozialhilfebeziehenden, die einer Arbeit nachgehen, bewegt sich seit 2008 mit Schwankungen zwischen rund 22,4 und 36,2 Prozent. Seit 2015 nimmt dieser Anteil insgesamt zu und liegt 2020 bei 35,5 Prozent. Bei ihnen reicht ihr Arbeitseinkommen nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts aus.

Entwicklung der Dossierstruktur

Die Einpersonen-Dossiers bilden auch 2020 die weitaus grösste Gruppe in der Sozialhilfe. Seit 2011 liegt der Anteil dieser Personen relativ stabil bei 70 Prozent. Der Anteil an Paaren mit Kindern nimmt tendenziell ab. 2008 lag er bei 12,7 Prozent, 2020 liegt er bei 7,6 Prozent. Die Einelternfamilien in der Sozialhilfe schwanken zwischen 14,0 und 17,4 Prozent. Aktuell liegt der Anteil bei 17,3 Prozent. Der Anteil an Paaren ohne Kinder schwankte seit 2008 zwischen 6,1 und 3,4 Prozent. 2020 liegt er bei 4,4 Prozent.

Entwicklung der Altersstruktur

Die seit jeher grösste Altersgruppe, welche in der Sozialhilfe vertreten ist, sind Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre mit einem Anteil von 27,7 Prozent im Jahr 2020. Zwischen 2013 und 2016 verzeichneten die 18- bis 25-Jährigen einen kontinuierlichen Rückgang. Seit 2017 konnte hier ein leichter Anstieg beobachtet werden, der allerdings 2020 endet. 2019 sind 11 Prozent der Sozialhilfebeziehenden in dieser Altersgruppe, 2020 9,7 Prozent. Der Anteil der 26- bis 35-Jährigen bewegte sich seit 2008 zwischen 14,4 und 18,3 Prozent. 2020 liegt er bei 16,6 Prozent. Der Anteil der 36- bis 45-Jährigen schwankt in den letzten dreizehn Jahren zwischen 13,9 und 17,3 Prozent. Die 46- bis 55-Jährigen nehmen 2012 (16%) bis 2016 (20,1%) proportional zu, danach kehrt sich der Trend um (2017 18,2%, 2018 17%, 2019 15,3%). 2020 ist wieder ein Anstieg zu verzeichnen (18,1%). Der Anteil der 56- bis 64-Jährigen bewegt sich in den letzten 13 Jahren zwischen 9,3 und 12,3 Prozent und derjenige der über 65-Jährigen zwischen 0 und 2,8 Prozent.

Alimentenbevorschussung

Die Bezugsquote der Alimentenbevorschussung (ALBV) sinkt von 2010 bis 2018 insgesamt von 1,13 auf 0,39 Prozent. 2019 zeigte sich wieder eine leichte Zunahme auf 0,45 Prozent. 2020 ist der Wert erneut angewachsen, auf 0,51 Prozent.

Schweizerische Sozialhilfestatistik

Die Schweizerische Sozialhilfestatistik (SHS) ist eine jährliche Datenerhebung, die vom Bundesamt für Statistik durchgeführt wird. Ziel der Statistik ist es, den Bestand und die Struktur der Bezügerinnen und Bezüger von wirtschaftlicher Sozialhilfe sowie von vorgelagerten bedarfsabhängigen Sozialleistungen in der Schweiz zu erfassen. Im Kanton Glarus liefern die Sozialen Dienste die Daten zu allen unterstützten Personen.