«St. Moritz macht Un Sinn»

Das Engadin und das Bergell sorgen mit Kunstinstallationen für zusätzliche Attraktionen im Sommer. Auch Glarner sind begeistert.



Einladung zum Gedanken(spazier)gang durch das Oberengadin. (Bilder: mb.) Auf dem Piz Nair. Vor dem Suvretta House. Piaggio auf der Staumauerwand im Bergell. Folien von Pipilotti Rist bei der Albignahütte. Begeistert von der Kunstinstallation im Bergell: Jakob und Erika Brauchli aus Glarus.
Einladung zum Gedanken(spazier)gang durch das Oberengadin. (Bilder: mb.) Auf dem Piz Nair. Vor dem Suvretta House. Piaggio auf der Staumauerwand im Bergell. Folien von Pipilotti Rist bei der Albignahütte. Begeistert von der Kunstinstallation im Bergell: Jakob und Erika Brauchli aus Glarus.

Wir verbringen wieder einmal eine herrliche Ferienwoche im Oberengadin und tragen dazu bei, die Gästebilanz etwas aufzupolieren. Denn auch St. Moritz hat schon bessere Zeiten gesehen, was die Anzahl Übernachtungen betrifft. Wir geniessen die wunderbare Natur, das besondere Licht und – dieses Jahr ganz speziell – die verschiedenen Kunstinstallationen.

Unter dem Titel «St. Moritz macht Un Sinn» besatzt C. W. Mann den Raum mit 40 Fahnen voller Sprach-Bilder, die in spielerischem Übermut die Kehrseite des Vertrauten sichtbar werden lassen und dazu verführen, über den Punkt hinaus zu denken. 25 Orte laden mit wehenden Fahnen zum Gedanken(spazier)gang ein. Vom Fünfsternhotel «Suvretta House» bis zum Piz Nair auf einer Höhe von mehr als 3000 Metern. «Malen wir uns nichts vor», heisst es zum Beispiel auf der grünen Fahne, die im Wind auf dem Berg besonders schön flattert. «Der Himmel fällt aus allen Wolken über so viel Glück» weht auf hellblauem Grund vor dem Suvretta House. «Er finde mich neu» auf einer übergrossen Fahne in dunkelblau vor dem «Carlton».

Die in Zürich und Berlin lebende «Wortmalerin», wie sie sich nennt, bringt mit ihren durchaus provokativen Raumsätzen sommerlich frischen Wind nach St. Moritz. Man kann sich ihnen nicht entziehen, wehen die Fahnen doch überall und laden zu einem anderen Blick auf die Alpenmetropole ein. Chapeau!

Ganz anderer Natur ist «Arte Albigna»: Dieses Projekt führt als Kunstraum unter freiem Himmel von der Talstation der Albigna-Bahn im Bergell zur Staumauer und von dort zur SAC-Hütte. Wandernd erlebt man Kunst wie beispielsweise die Installation «Piaggio an der Mauer» von Roman Signer, wo ein blaues, dreirädriges Fahrzeug kopfüber an der Staumauerwand hängt. Frech und überraschend – als wäre es in rasantem Tempo auf Talfahrt. Oder die Klanginstallation «ding-dong-dang» von Manfred Alois Mayr auf der Staumauer. Oder Pipilotti Rists Folien auf den Fensterläden der Albignahütte respektive ihre Videoinstallationen im Innern.

Die 13 Kunstschaffenden nehmen dabei speziellen Bezug auf die geschichtlichen, landschaftlichen und sozialpolitischen Besonderheiten des Ortes. Auch dies eine faszinierende Kunstinstallation, die es noch bis 30. September zu entdecken gilt. Es lohnt sich.

Die zwei Beispiele (es gäbe noch viele andere) zeigen die Anstrengungen der Verantwortlichen im Oberengadin und Bergell, ihren Gästen zusätzliche Attraktionen zu bieten. Sie vermögen damit auch etliche Glarner anzulocken, wie die zahlreichen GL-Autonummern gezeigt haben. Darunter zum Beispiel alt Ratsschreiber Jakob Brauchli und seine Gattin Erika, die es sich auch im höheren Alter nicht nehmen liessen, zur Albignahütte hochzusteigen. Resultat: Sie waren begeistert ob der Kunstinstallation – und der grossartigen Natur ringsum.

Wären solche Ideen nicht auch bei uns gefragt? Was tun wir, um Gäste ins Glarnerland zu locken? Die Natur ist auch bei uns wunderbar, zweifellos. Aber eben nicht nur bei uns. Da sind Zusatzanstrengungen nötig, um mehr Touristen ins Tal zu bringen. Das Engadin und das Bergell machen es uns vor.