Strom aus einem „Taschenkraftwerk“ in Netstal

„Taschenkraftwerk“ nennt Alois Rohrer, liebevoll sein kleines Wasserkraftwerk mitten in Netstal. Im Jahr 2004 hat er, das seit 1974 ausser Betrieb stehende Kraftwerk, von Alois Hürlimann käuflich erworben. In mühsamer und kostenaufwendiger Arbeit haben er und Mitarbeiter seiner Firma das Wasserkraftwerk wieder auf Vordermann gebracht.



Strom aus einem „Taschenkraftwerk“ in Netstal

Freude am Wasser, an der Elektrizität, an alten Maschinen und Anlagen haben den Inhaber der Firma ALRO Control System AG aus Rudolfstetten, dazu bewogen, im Jahre 2004 das alte Wasserkraftwerk in Netstal zu kaufen. Mit dem klaren Ziel, dieses Kleinod wieder auf den neusten Stand zu bringen, damit nach über 30 Jahren wieder Strom produziert werden kann.

Warum dieses Kleinkraftwerk in Netstal?

Die Firma von Alois Rohrer ist seit Jahren stark mit Kraftwerken verbunden, insbesondere mit der Planung, der Automatisierung, der Leittechnik und der Installation – bis hin zu den mechanischen Arbeiten – beschäftigt. Darunter zählen auch die grossen Kraftwerke Mühleberg und Beznau. In seiner recht bemessenen Freizeit engagiert er sich für die Renovation und Wiederinbetriebnahme kleiner Wasserkraftwerke. Ein Kraftwerk mit einer Leistung unter 100 Kilowatt sei ganz klar nur als Hobbybetrieb zu betrachten. Er sei seinerzeit durch Zufall auf dieses „Kleinod“ in Netstal aufmerksam gemacht worden. Nach einer ersten Besichtigung sei für ihn klar gewesen, dass er dieses seit 1974 ausser Betrieb befindliche Kraftwerk renovieren und wieder ans Netz schalten möchte. Bereits früher habe er in Bremgarten das alte Reusskraftwerk von AEG wieder in Stand gestellt. Dieses renovierte Kraftwerk dient heute für die vielen Besucher zu Demonstrationszwecken, obwohl man in der Lage wäre, Strom zu erzeugen.

Mehr als drei Jahre Arbeit

Es sei ihm bewusst gewesen, dass sehr viel Arbeit auf ihn warte, bis das Kraftwerk wieder in Betrieb genommen werden könne. Der Zustand der alten Anlage sei aufgrund der langen Stillstandzeit doch recht bedenklich gewesen. Aber für sein Hobby sei es ihm Wert gewesen, diese enorme Zeitaufwendung in Kauf zu nehmen. Bei seinen Erklärungen zu den verschiedensten Arbeiten, aber auch unerwarteten Problemen, geriet Alois Rohrer immer wieder ins Schwärmen. Jedes noch so kleine Detail wurde ausführlich beschrieben und auf seinem Laptop auch bildlich dokumentiert. Er erklärte wie so nach und nach das Ganze wieder Gestalt anahm. Viele der alten Elemente und Bestandteile wurde restauriert und zum Teil nach bestehenden, alten Zeichnungen nachgebaut. Allerdings mit den neuen, der heutigen Technik entsprechenden langlebigen Materialien. Die Steuerung wurde aber komplett der neusten Technik angepasst. Dabei konnte er auf die Erfahrung und das Know-how seiner Firma zurückgreifen. Heute verfüge das Kleinkraftwerk über die gleich Steuerung wie zum Beispiel das Kraftwerk Mühleberg, einfach nur in einer wesentlich kleineren Ausführung. Noch heute sei er für seine Firma viel im Ausland – er kam erst vor kurzen aus Nordkorea zurück – unterwegs. Er könne aber jederzeit und an jedem Xbeliebigen Ort sämtliche Funktionen oder auch mögliche Störungen auf seinem Laptop sehen und nötigenfalls auch beheben.

Kosten und Nutzen

Die Wiederinbetriebnahme, verbunden mit der aufwendigen Renovierung habe er nur als Hobby betrieben. „Das Kleinkraftwerk in Netstal produziert 40 bis 45 Kilowatt und hat mich bis heute gut und gerne 450.000 Franken gekostet. Dieser Strom wird in das Netz des EW Netstal eingespiesen, wobei auch die Leitungen durch Rohrer wieder erstellt werden mussten. Mit dem EW Netstal besteht heute ein Vertrag die Abnahme dieses Stromes zu einem fest vereinbarten Preis. Zur besseren Verständigung, der von diesem Kleinkraftwerk hergestellte Strom reicht für gut 30 Haushalte in Netstal. Das bedeutet, das EW Netstal muss für diese 30 Haushalte den Strom nicht anderweitig beziehen. Selbstverständlich werden sich meine Investitionen nie rechnen, aber für dieses, mein liebstes Hobby, war und bin ich bereit, diese finanziellen Opfer zu bringen“. Es sei auch durch ein verbrieftes Recht geregelt, dass er immer mit genügend Wasser – pro Sekunde 1.400 Liter - aus dem Dorfbach versorgt werde. Über Nacht und an Sonntagen werde bei ihm kein Strom produziert.

Noch lange erzählte Alois Rohrer von seinem „Taschenkraftwerk“ und den verschiedenen damit verbundenen Rechten, wie zum Beispiel vom „ehelichen Wasserrecht“ oder auch vom Anheimfallrecht. Einem Begriff, welcher in letzter Zeit ja auch immer im Zusammenhang mit dem Projekt Linthal 2015 zu hören ist. Auf jeden Fall produziert in Netstal, vom grossen Teil der Bevölkerung unbeachtet, ein kleines Kraftwerk für immerhin 30 Haushalte sauberen Strom, indem die Wasserkraft eines Dorfbaches sinnvoll genutzt wird.