«Stürmische Jahre» – Eveline Hasler las und erzählte in Glarus

Mit der Piazza der Landesbibliothek Glarus stand für Eveline Hasler und die interessierten Gäste ein stimmungsvoller, passender Raum zur Verfügung. Eveline Hasler stellte auf Einladung der erfreulich aktiven Verantwortlichen von baeschlin littéraire ihr neuestes Buch «Stürmische Jahre» in willkommener, unterhaltsamer Weise vor.



Begrüsst wird Eveline Hasler von Gaby Ferndriger (links)
Begrüsst wird Eveline Hasler von Gaby Ferndriger (links)

Es ehrt Glarus und die einladende Buchhandlung Baeschlin, dass Eveline Hasler zur Buchpremiere an jenen Ort kam, den sie aus ihrer Kindheit bestens kennt. Später studierte sie Psychologie und Geschichte an der Universität Freiburg und in Paris. In St. Gallen, ihrem späteren Wohnsitz, war sie als Lehrerin tätig. Als Verfasserin zahlreicher Kinder- und Jugendbücher, später von Romanen mit geschichtlichem Hintergrund, hat sich die im Jahre 1933 geborene Autorin einen hohen Beachtungsgrad erworben. Heute lebt sie im Tessin.

Angereist, so Gaby Ferndriger bei ihrer herzlichen Begrüssung, kam Eveline Hasler aus der Sonnenstube unseres Landes. Die Geschäftsführerin der Buchhandlung Baeschlin freute sich, dass gerade Glarus als Ort der Buchpremiere ausgewählt worden sei. Sie stellte Eveline Hasler als bedeutende zeitgenössische Schriftstellerin vor. Und als Hasler mit ihrem Schildern begann – einer Vermischung aus historischen Fakten, Familienleben, politische Situation um 1933, Stärke und Bedrohung des Naziregimes, Einflussnahmen in der Schweiz durch das deutsche Generalkonsulat, Bedrohung durch die schweizerischen, nazinahen Frontisten, Bedeutung des heutigen zürcherischen Stadttheaters als Begegnungsort hochkarätiger Schauspieler und Buchautoren, Schicksale und kulturelle Bedeutung der zürcherischen Familien Rieser, Werfel und Schwarzenbach – wurde man mit Fakten, poetischem Reichtum und Situationen aus einer Zeit konfrontiert, die gar nicht so weit zurückliegt und mit Zeitgenössischem eine unliebsame Fortsetzung gefunden hat.

Eveline Hasler bekannte, dass sie sich mit den historischen Figuren während ihrem drei Jahre umfassenden Recherchieren stark identifiziert habe, in deren Leben und Handeln eingetaucht sei. Man staunte über das enorme, fundierte Wissen, das die Autorin preisgab.

Man begegnete Schicksalen, die in der Zeitgeschichte kaum Erwähnung gefunden haben und vielleicht gerade deshalb weit über die damalige alles andere als friedvolle, positive Zeitspanne hinaus so bedeutsam geblieben sind. Das neueste Buch öffnet den Zugang zu Unbekanntem. Die Inhalte bewegen, rütteln auf, sind Mahnmale. Nicht etwa wegen verwandtschaftlichen Banden, Familienstrukturen, Denken und Erleben im damaligen Tschechien, sondern wegen des Ehepaars Ferdinand und Marianne Rieser, die die «Pfauenbühne», das heutige Stadttheater, käuflich erwarben und zu einem literarisch und schauspielerisch bedeutsamen, im ganzen deutschsprachigen Raum einzigartigen Aufführungsort werden liessen. Sie engagierten Schauspieler, die wegen ihrer Gesinnung und jüdischen Zugehörigkeit aus Nazideutschland flüchteten und dank Riesers in Zürich eine Bleibe fanden, sich dem Denken und Handeln der Nazis bedeutsam, innerlich stark und mutig entgegenstemmten, ihr Empfinden mutig und unablässig äusserten. Marianne und Ferdinand Rieser boten mit ihrer umfassenden Grosszügigkeit, den aufgewendeten finanziellen Mitteln und der bewundernswerten persönlichen Beharrlichkeit Raum für das Geschehen auf der Theaterbühne. Namen wie Therese Giehse, Thomas Mann, Regisseur Gustav Hartung, Wolfgang Langhoff, Kurt Horwitz, das damalige Kabarett Pfeffermühle sind im Buch erwähnt, fügen sich zu einem Ganzen, das aus vielen Mosaiksteinchen gefügt ist.

Die Ganzheit des Inhalts lässt sich nur erfassen, wenn man sich für die Lektüre genügend Zeit nimmt, bereit ist, sich mit Unerfreulichem. Bedrohlichem, mit Ungerechtigkeiten, stupidem, oft unbegreiflichem Handeln auf der Basis der persönlichen Macht und scheinbaren Allmacht auseinanderzusetzen. Eveline Hasler lässt mit ihrem Schildern ein Stück Zeitgeschichte lebendig werden. Sie gewährt zu zuweilen sehr Beängstigendem Zutritt, verschafft Einblicke, die in ihrer Ganzheit nicht einfach Angst, Abwehrhaltung auslösen. Oft freut man sich über Zwischenmenschliches, spontane Reaktionen der im Buch dargestellten Personen, freut sich am Mut der Handelnden, nimmt von der Widerstandskraft nachhaltig Kenntnis.

Freuen darf man sich auch auf weitere Anlässe, die baeschlin littéraire in der kommenden Zeit anbieten wird.