Telemann, Schostakowitsch, Birbyné, Klavier und anderes

Die Ankündigung der Matinee im Gemeindezentrum Schwanden tönte ein klein wenig mysteriös und vermochte vielleicht gerade deshalb viele Musikfreunde auf Ungewohntes aufmerksam zu machen. Es standen unter anderem Gäste aus Litauen auf dem Programm; es waren unter anderem Kompositionen von Fabian Müller, Benjamin Gorbulskis und Alexander Rosenblatt aufgeführt.



Fabian Müller, Komponist, war anwesend (Bilder: p.meier)
Fabian Müller, Komponist, war anwesend (Bilder: p.meier)

Und niemand hatte sein Kommen zu bereuen. Man wurde richtiggehend verwöhnt, zuerst mit musikalischen Kostbarkeiten, Hinweisen zur Birbyné, einer in Litauen gespielte Hornpfeife, die es in verschiedenen Grössen und Stimmungen gibt. Sie gehöre, so eine der willkommenen Erläuterungen zur Familie der Klarinetten und gelte als Nationalinstrument.

Eugenijus Ciplys führte in litauischer Sprache ein. Daniel Zbinden übersetzte. So sei beim ersten Weiden des Viehs auf den Wiesen das Pfingsthorn gespielt worden. Das Instrument glich einem Mini-Alphorn. Es wurden weitere, grössere Instrumente gezeigt und in gar lautmalerischer Art bespielt. Neben Volkstümlichem wird auch klassische Literatur für Klarinette und andere Blasinstrumente gespielt.

Man nahm alle Informationen samt der herzlichen Begrüssung von Ruth Tüscher, Präsidentin des Kulturvereins Glarus Süd gerne entgegen. Der Klang dieses Instruments erinnert an die Oboe. Für deren Klang ist der Schallbecher aus Kuhhorn bedeutsam. Vor rund hundert Jahren verschwand die Birbyné, verdrängt von Akkordeon und Klarinette. Glücklicherweise wurde die Bau- und Spieltradition wieder aufgegriffen. Man erfuhr zudem, dass in unserem Land rund zweitausend litauische Staatsangehörige leben.

Als erste Komposition stand die Sonate für Flöte, Birbyné und Klavier von Georg Philipp Telemann (1681–1767) auf dem Programm, dessen Inhalte viel Vorfreude zu wecken vermochten. Über den Verlauf der ganzen Matinee hinweg war man in eine einzigartig kunstvolle, wechselreiche Interpretation einbezogen. Die Flötistin Viktorija Zabrodaité und Vilma Zbinden, Klavier, verwöhnten die Zuhörenden richtiggehend. Das gefühlvolle, virtuose Ausgestalten weckte Anteilnahme und Hörgenuss gleichermassen. Der Ausdrucksreichtum umfasste dank bewunderungswürdig ausgereifter Spielkunst Träumereien, Keckes, tänzerische Eleganz, behutsam angedeutete Ruhe, führte zu Forschem, leicht Gebieterischem hin. Es wuchs damit eine immense Kurzweil.

Daniel Zbinden wies mit der jeweiligen Ansage auf Komponist, Inhalte und anderes hin. Das betraf Joachim Raff (1822–1882), der beinahe in Vergessenheit geraten wäre, zu Unrecht. Flötistin und Pianistin spielten eine Kavatine, ein Mädchenlied und zwei Müllerlieder, einfühlend, stimmungsstark, kunstreich und in gar reifer Art. Das war eine Verquickung von Lüpfigem, Wirbligem, lustvollem Einherschreiten, keckem Rumgucken, riesig Munterem. Der gestalterische und inhaltliche Reichtum war faszinierend.

Das setzte sich mit den vier kurzen Weisen aus «Swiss suite» für Birbyné und Klavier nahtlos fort. Fabian Müller (*1964), Cellist und Komponist war anwesend und durfte gewiss mit viel Achtung und Freude vom erhabenen, erfüllenden Gestalten Kenntnis nehmen. Man wurde mit «Luegid vo Berg und Tal», Volkstümlichem aus dem Engadin und dem Oberwallis ins Tessin geführt. Die zum Teil vertrauten Weisen waren da willkommen eigenwillig und in Wahrung des Traditionellen bearbeitet worden.

Mit der Nocturne für Birbyné und Klavier von Benjaminas Gorbulskis (1925–1986) und der Carmen-Fantasy für Flöte und Klavier von Alexander Rosenblatt (*1956) wurde man mit musikalischen Inhalten vertraut gemacht. Man nahm alles bereitwilligst und riesig gerne auf. Mit fünf Stücken von Dimitri Schostakowitsch (1906–1975) endete das klug und attraktiv zusammengestellte Programm, das so viel Kurzweil und Munterkeiten zum Inhalt hatte. Verdient gross war der Beifall, die Zugabe ungemein lieblich. Die Lerchen zwitscherten, flirteten, tänzelten so ungemein wirblig, steigerten such fast in einen Zwiegesang, der nicht enden wollte. Alles hörte sich ungemein vergnüglich und kurzweilig an, dank riesigem Können der Interpretierenden.

Und wer sich beim offerierten Apéro unter anderem mit litauischen Köstlichkeiten verwöhnen lassen wollte und bei Plaudereien verweilte, genoss Geselliges bis über die Mittagsstunde hinaus.