Unser Leben gleicht der Reise eines Wanderers in der Nacht; jeder hat in seinem Gleise etwas, das ihm Kummer macht. Dieser Text ist der älteren Generation im Kanton Glarus von den Schuljahren her sicherlich noch geläufig, stammt er doch aus einem Lied, welches hierzulande namentlich unter dem Titel Beresinalied nicht nur da und dort bekannt ist. Das von Friedrich Wilke unter der Bezeichnung «Unser Leben gleicht der Reise» nach dem Gedicht «Nachtreise» von Ludwig Giseke im Jahre 1792 komponierte Lied, brachten Otto von Greyerz und Gonzague de Reynold mit der Schlacht an der Beresina (1812) vermutlich nicht ganz ohne Grund in Verbindung, sodass das Musikstück zu einem Symbol für die Aufopferung der Eidgenossen in fremden Kriegsdiensten schlechthin wurde. Im November 1812 trugen vier Schweizer Regimente, die mit Napoleon nach Russland ziehen mussten, entscheidend mit dazu bei, den Rückzug der geschlagenen Armee über den Fluss Beresina zu decken. Von den ursprünglich 9000 Schweizern kamen nur noch zirka 350 lebend retour. Vom Desaster der Armee Napoleons ganz zu schweigen. Der Glarner Thomas Legler, im Range eines Oberleutnants, führte damals ein solches Regiment. Die Geschichte besagt, dass Thomas Legler in dem für uns unvorstellbaren Kriegselend an der Beresina zu dem Lied «Unser Leben gleicht der Reise» angestimmt haben soll. Jedenfalls verbindet das Lied den Glarner Leutnant und die damalige Tragik, aber auch die Tapferkeit der Eidgenossen an der Beresina bis in die heutige Zeit.
Konzertantes mit Böllerschüssen
Die Stiftung Thomas-Legler-Haus will im Jahr 2012 an die Ereignisse vor 200 Jahren im fernen Russland erinnern. Im Zentrum sollen dabei aber nicht die kriegerischen Ereignisse als solche stehen, sondern das Leben von Thomas Legler (1782–1835). Fulminanter Auftakt dazu bot am Freitagabend die Swiss Army Brass Band, welche im Gemeindezentrum unter der Leitung von Major Philipp Monnerat auf eindrückliche Art und Weise aufzeigte, dass das heutige Konzertieren einer Armeemusik fernab jeglicher monotonen Marschorgie mit kriegerischer Absicht ist. Ein Musizieren, das sich in keiner Art und Weise hinter jenem eines klassischen Symphonieorchesters zu verstecken braucht, auch wenn sich das Hauptpotenzial des Klangkörpers aus Blechinstrumenten bildet und Streicher in der Logik der orchestralen Sache kein Thema sind. Die 40 hervorragenden Musiker präsentierten in Schwanden Musikstücke, welche von der Schweizer Nationalhymne bis hin zu einem völlig neu arrangierten Beresinalied reichten. Als Höhepunkt und offiziellen Abschluss spielte die Band die Tschaikowski-Ouvertüre «1812». Eine Auftragskomposition übrigens, welche der Komponist Tschaikowski nicht unbedingt mit Herzblut schrieb und heute dennoch zu seinen ganz grossen Werken zählt. In Schwanden wurden die dazugehörenden Böllerschüsse nicht von Kanonen abgeschossen, sondern aus vier alten Gewehren, welche im Saal von Glarner Beresina-Grenadieren abgefeuert wurden. Kugellos und damit bleifrei, dafür mit würdigem Knalleffekt und viel Rauch. Die Geste wurde vom zahlreich aufmarschierten Publikum verstanden und mit tosendem Applaus verdankt. Fred Heer, Obmann der Stiftung Thomas-Legler-Haus in Diesbach, bedankte sich denn auch zum Abschluss des offiziellen Konzertteils beim Orchester und beim Publikum zugleich. Nicht etwa für das gegenseitige Ausharren, sondern für die beidseitige Begeisterung in Sachen Armeemusik. Drei Zugaben krönten schliesslich das ohne Wenn und Aber mehr als nur hochstehende Konzert der Swiss Army Brass Band in Schwanden, wobei letztlich als absoluter Schlusspunkt das Original des Beresinaliedes nicht fehlen durfte. Unser Leben gleicht eben der Reise!
Hinweis: Mehr zu Thomas Leger und zu den Aktivitäten der Stiftung Thomas-Legler-Haus kann im Internet unter www.museum-legler.ch in Erfahrung gebracht werden.
Thomas Legler und sein Lied
Die Stiftung Thomas-Legler-Haus und die Gemeindestube Schwanden präsentierten am Freitagabend, 27. April, im Rahmen eines Galakonzerts im Gemeindezentrum Schwanden die Swiss Army Brass Band.