«Tief beeindruckt vom Geschehen im Ring»

Der politisch gesehen wichtigste Tag für die Glarnerinnen und Glarner ging würdig über die Bühne. Nur das Wetter spielte (wieder) nicht mit.



Die Landsgemeinde fand einmal mehr bei kühlem
Die Landsgemeinde fand einmal mehr bei kühlem

Am Morgen ärgere ich mich. Nicht schon wieder eine Landsgemeinde im Regen! Soll ich überhaupt gehen? Doch die Bedenken sind schnell verflogen. Als Glarnerin macht man mit beim Raten, Mindern und Mehren – notfalls halt auch bei Regenwetter. Als ich unser Haus in Glarus verlasse, ertönt unten beim Rathaus der Landsgemeindemarsch, und weiter oben beginnen die Kirchenglocken zu läuten. Ich kriege fast ein bisschen Gänsehaut. Die Landsgemeinde ist wirklich etwas ganz Besonderes.

Spätestens bei Traktandum 5, dem Memorialsantrag «Verbot der Verhüllung des eigenen Gesichts», ist der Ring gut gefüllt. Das Thema hat unter dem Titel «Burkaverbot» auch national Beachtung gefunden: Die Schweiz schaut gespannt auf unsere Landsgemeinde. Nach neun Rednerinnen und Rednern plus Kommissionspräsident und Regierungsrat folgt der klare Entscheid gegen das Verbot. Gut so – das Problem muss national gelöst werden. Das Tessin bleibt vorderhand der einzige Kanton mit einem Burkaverbot. Gut, wenn auch erstaunlich, ist zudem die Klarheit des Entscheids.

Am meisten zu reden gibt erwartungsgemäss das letzte Traktandum, die Änderung des Raumentwicklungs- und Baugesetzes. «Kommt da noch jemand draus», fragt ein Mann vor mir im Ring. Die zahlreichen Abänderungsanträge verwirren tatsächlich. Da ist wohl die beste Lösung, dem Antrag des Landrates zu folgen, was die Mehrheit der Stimmberechtigten auch tut.

Um 12.55 Uhr schliesst Landammann Rolf Widmer die von ihm souverän geleitete Landsgemeinde. Petrus hat in der Zwischenzeit die Schleusen ebenfalls geschlossen. Nun folgt der kulinarische Teil. Beim traditionellen Landsgemeindemenü diskutieren wir im kleinen Kreis nochmals das Erlebte. Wir sind uns einig, dass die Landsgemeinde würdig verlaufen sei. Zwei Gäste stammen von auswärts und zeigen sich tief beeindruckt vom Geschehen im Ring. Was das Burkaverbot angeht, ist unsere Runde gespalten. Wir erörtern nochmals die Pro- und Kontra-Argumente und lassen die unterschiedlichen Meinungen in gegenseitigem Respekt stehen.

Der lebhafte, fröhliche Gedankenaustausch dauert bis nach 17.00 Uhr. Erst dann löst sich unser Kreis auf – im Bewusstsein, einen guten Tag erlebt zu haben, der einmal mehr gezeigt hat, wie wertvoll die Landsgemeinde als Urform der Demokratie ist. Tragen wir weiterhin Sorge zu ihr!