Titelverteidigung am Ochsner Sport Tenns Open 2009

Das Ochsner Sport Tennis Open 2009 ist bereits wieder vorbei. Eine Geschichte, die in Erinnerung bleibt: Fantastisches Tennis von über 70 Spielern in Mollis und Ennenda, sensationelles Wetter und am Sonntag ein noch nie dagewesener Besucheraufmarsch, sodass das Wydeli Mollis aus allen Nähten platzte. Und doch blieb am Schluss in Punkte Neuem irgendwie alles beim Alten.



Sieger des Tennisturniers in Mollis
Sieger des Tennisturniers in Mollis

Dafür „verantwortlich“ war der 20-jährige Raphael Lustenberger, Vorjahressieger und auch für diese Ausgabe wieder an Nummer 1 gesetzt. Der Innerschweizer griff zwar erst zur Turniermitte ins Geschehen ein, doch war angesichts seiner Resultate vom Herbst und Winter 2008 von Anfang klar, dass der Vize-Schweizermeister des vergangenen Jahres dem Turnier unweigerlich seinen Stempel aufdrücken würde. Bis zu seinem Einstand stellte sich also die Frage, wie die übrigen dreissig Teilnehmer in der N2/R2-Kategorie vorankommen würden.

Bereits zu Beginn strauchelten einige Favoriten

Nachdem das Open bereits am Freitagabend mit Matches in den unteren Tableaux begonnen hatte, hiess es ab Samstagmorgen in Mollis und Ennenda Vorhang auf für die Königsklasse, dem bestbesetzten und breitesten Tableau, welches jemals im Glarnerland willkommen geheissen wurde: Nicht weniger als 32 Spieler von nationalem Format, darunter illustre Namen wie Riad Sawas, Luca Roshardt oder Jiri Lokaj, dem ehemaligen Seriensieger des Hefti Sport-Cups hatten sich angemeldet, um die Glarner Bergwelt zu erobern.

Bei einem derart hochstehenden und auch ausgeglichenen Feld stellte sich die Frage, wann es die ersten Überraschungen geben würde. Es war Vorjahresfinalist Lokaj (N2 26), der den Anfang machte: Er verlor gegen den erst 15-jährigen und um drei Rangierungen tiefer klassierten Federico Valsangiacomo sang- und klanglos mit 5:7/4:6. Lokaj wurde in beiden Sätzen vom jungen Tessiner derart überrumpelt und überfahren, dass er am Ende nur noch Resultatkosmetik betreiben konnte. Die Zuschauer waren sprachlos ob der Tatsache, mit anschauen zu müssen, wie ein veritables Denkmal der nationalen Tennisszene derart demontiert wird.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Lokaj, mittlerweile 33-jährig, tut sich nach eigener Aussage immer schwerer mit dem Powertennis, welches den jungen Akteuren in der heutigen Zeit beigebracht werde. Auch die Tatsache, dass er im Alter auch nicht mehr schneller werde, ist damit in Zusammenhang zu bringen. Des Weiteren war nicht zu übersehen, dass das Riesentalent Valsangiacomo sicherlich mindestens eine Klassierung zu tief bewertet ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es Tennisspielern aus dem Tessin aufgrund ihrer geographischen Lage oft schwer gemacht wird, an Tennisturnieren in der übrigen Schweiz teilzunehmen. Dementsprechend reduzieren sich die Turnierteilnahmen, sodass – wie im vorliegenden Fall – ein solcher Spieler oft unterbewertet ist. Zu spüren bekam dies auch Stefan Trümpi, der in Runde 2 nach erfolgreichem Auftakt von Valsangiacomo mit 0:6/1:6 regelrecht vom Platz gefegt wurde. Simon Honegger (R1) war gegen Mirko Richter bereits zum Auftakt ausgeschieden, sein Bruder Marco verlor nach erfolgreichem Auftakt (Dreisatzsieg gegen Christian Ernst) gegen den zweimaligen Finalisten Claudio Christen (N3 37) mit 3:6/3:6 und schied als letzter Glarner aus. Angereist war Valsangiacomo mit der Turniernummer 2 Leonel Alberti.

Alberti marschiert durch das Tableau

Der 22-jährige Leonel Alberti war sowohl für die Organisatoren wie auch für das Gros der Teilnehmer ein unbeschriebenes Blatt: Weder an nationalen Turnieren noch im Wydeli Mollis war der Argentinier bisher gross anzutreffen. Das einzig Bekannte war seine eingeschätzte Klassierung N2 20 sowie die spärlichen Informationen, die man dem Internet entnehmen konnte: So zum Beispiel, dass er bereits in Deutschland aktiv, auf Platz 818 der Weltrangliste klassiert war und im Herbst jeweils den südamerikanischen Kontinent bereist und Turnier um Turnier spielt.

So entstanden ziemlich hohe Erwartungen, die der sympathische Südamerikaner durch seine Resultate in der unteren Tableauhälfte problemlos erfüllen konnte, ehe er auf die weitere Unbekannte, den Tschechen Robin Stork (N3 45) traf. Stork, der in Prag Jura studiert und für ein Auslandssemester an der Universität Luzern weilt, schaltete in Runde 2 den an Nummer 3 gesetzten Luca Roshardt mit 6:1/6:2 aus. Roshardt, mit Vorschusslorbeeren in das Turnier gestartet, wurde bereits beim ersten Servicegame mit einem Break in Rücklage gebracht, sodass dieser in zunehmendem Masse die Schuld nicht bei sich, sondern in den feuchten Molliser Sandplätzen suchte und sich so letztendlich selbst aus dem Konzept brachte. Jedenfalls war Roshardt der Einzige, der sich über die Verhältnisse der Plätze beklagte und ihnen die Schuld für sein fehlerhaftes Spiel und den starken Gegner gab.

Stork, der wie Alberti eine eingeschätzte Klassierung besitzt und man somit keine endgültige Aussage über sein tatsächliches Können machen kann, entpuppte sich als grösste Überraschung, sodass er am Sonntagmittag den Argentinier dominierte und als erster Finalteilnehmer des diesjährigen Opens feststand.

Lustenberger-Express in der oberen Tableauhälfte

Zwar mit einem Match weniger belastet, aber dennoch nicht weniger eindrücklich nahm Raphael Lustenberger (N2 17) das Turnier im Wydeli in Angriff: Erst deklassierte er im Achtelfinal den an N4 96-klassierten Danilo Casanova klar mit 6:1/6:0, ehe er am Sonntagmorgen Lokaj-Bezwinger Valsangiacomo mit 6:0/6:2 zurück über den St. Bernardino schickte. Im Halbfinal traf Lustenberger auf den Thuner Janusch Graf (N3 42), der im Viertelfinal sensationell den 29-jährigen Routinier Riad Sawas (N2 23) in einem packenden Match mit 7:5/0:6/6:4 niedergerungen hatte. Graf stand nach 2008 zum zweiten Mal im Halbfinal. Während er im vergangenen Jahr gegen Jiri Lokaj im Halbfinal eine Favoritenrolle inne hatte und knapp ausschied, war er gegen Lustenberger diesmal klarer Aussenseiter.

Diese Chance wollte der sympathische Graf, der wiederum das ganze Wochenende im Glarnerland logierte, im Vergleich zur Austragung 2008 nutzen: Der erste Satz, welchen Lustenberger mit 6:2 ins Trockene brachte, war aber eine klare Sache, sodass mancher Zuschauer wohl keinen Rappen mehr auf Graf gesetzt hätte. Doch sie sollten sich irren: Im zweiten Satz waren die Rollen ausgetauscht: Lustenberger, der sich mit dem etwas härteren FrenchCourt-Platz zunehmend schwerer tat, sah sich einem wahren Feuerwerk Graf’s ausgesetzt, sodass sich der Satz sehr ausgeglichen gestaltete und die zum Bersten vollen Zuschauerränge sowie die Ehrengäste, Regierungsrat Dr. Andrea Bettiga sowie Hans Peter Guler, Präsident des Schweizermeisters TC Ried Wollerau, Tennis vom Feinsten geboten bekamen. Es folgte eine umstrittene Szene, in welcher der Schiedsrichter einschreiten musste und den an der Outlinie platzierten Ballabdruck zugunsten Graf’s als „in“ entschied.

Es stand nun Gleichstand im zweiten Satz, sodass das Rennen um den Finaleinzug wieder völlig offen war und Graf durchaus zugetraut werden durfte, den am Samstag unbezwingbar erscheinenden Lustenberger knacken zu können. Doch Lustenberger wäre nicht so hoch klassiert und hätte nicht so zahlreiche Matches gegen N1-Spieler gewonnen, wäre er nicht in der Lage gewesen, in den entscheidenden Situationen noch ein Quäntchen besser spielen zu können. Von dieser wertvollen Fähigkeit machte der 22-jährige Innerschweizer zur genau richtigen Zeit Gebrauch: Er zog auf 5:4 davon und entschied das Entscheidungsgame mit wundervollen Spielzügen. Graf war über sein Ausscheiden weder gross überrascht noch sonderlich enttäuscht, sondern genoss mit seiner Partnerin den Turnierbetrieb bis zum (später als erwartet eingetretenen) Ende. Im kommenden Jahr sei eine erneute Teilnahme bereits beschlossene Sache, liess er beim Abschied dem Turnierleiter ausrichten.

Das Finale zweier ausserordentlicher Tennisspieler

Verlief das Endspiel des vergangenen Jahres einseitig und endete abrupt, gestaltete sich die Ausgangslage vor der Finalauflage 2009 ausgeglichen: Niemand konnte prognostizieren, in welchem Mass Robin Stork fähig sein würde, nochmals einen Gang zulegen zu können und ob Raphael Lustenberger nach seinem verhältnismässig aufreibenden Halbfinal in der Lage sein würde, den sympathischen Tschechen von der totalen Überraschung, als erster tiefer klassierter Spieler das Ochsner Sport Tennis Open zu gewinnen, abzuhalten. So gestaltete sich der Auftakt zum Final ausgeglichen, ein Abtasten zweier Spieler, die sich noch nie in einem Ernstkampf gegenüber gestanden hatten. Diese Zurückhaltung wich jedoch relativ rasch in einem offenen Schlagabtausch mit teilweise für unmöglich gehaltenen Ballwechseln, welche die Zuschauer auf den immer noch gefüllten Tribünenplätzen ins Staunen brachten. Doch bald war klar, dass Robin Stork mit seinem Finaleinzug zwar ein Überraschungscoup gelungen ist, doch damit genug war: Lustenberger diktierte fortan das Spiel, gewann den ersten Satz sicher mit 6:2 und hielt dem Aufbäumen des Tschechen anfangs des zweiten Satzes stand. Die einzige Schrecksekunde war, als er sich ans Bein fasste und für einige Momente eine Auszeit nehmen musste, um seine Muskulatur zu dehnen. Lustenberger gewann den zweiten Satz mit 6:3 und verteidigte damit erfolgreich seinen Titel und seine Königskrone von Mollis. Die Freude über den Triumph und dessen Bedeutung war dem ganzen Lustenberger-Clan deutlich anzumerken, zumal sie wie im vergangenen Jahr noch eine Weile auf dem Turnierareal verblieben.

Glarner Dominanz in den anderen Tableaux

Besondere Aufmerksamkeit richteten die Zuschauer in Ennenda und Mollis auch auf die hiesigen Akteure, welche zahlreich wie noch nie die vier Tableaux bevölkerten. Bei den Herren R3/R5 standen mit Reto Bader, Walter Iten jun. und Sämi Lang gar drei Glarner im Halbfinal, sodass ein reiner Glarner-Final sehr wahrscheinlich war. Während Reto Bader gegen den Open-Stammgast Adrian Gnehm während drei Sätzen einen packenden Fight lieferte und schliesslich die Partie zu seinen Gunsten entscheiden konnte, unterstrich Iten jun. mit einem klaren 6:1/6:1-Sieg gegen Sämi Lang seine Titelambitionen, nachdem er bereits in den Vorrunden in jeder seiner Partien für klare Verhältnisse gesorgt hatte.

So dominierte Iten jun. den 15 Jahre älteren Bader im Final nach Belieben, sodass am Ende ein überaus klarer 6:1/6:0-Sieg resultierte und Iten jun. verdient als erster Molliser Sieger seit Jahren in die Turnier-Annalen eingehen wird. Für ein perfektes Molliser Ergebnis sorgte auch Matthias Jenny, der im Final des R6/R9-Tableaus gegen Interclub-Teamkollege Karl Buesser jun. mit 6:2/6:2 den Sieg einfahren konnte.

Im zusammengelegten, gut besetzten Jungsenioren- und Seniorentableaux dominierte für einmal kein Glarner Spieler das Turnier, sondern der 45-jährige Daniel Müller aus Walenstadt: Mit hervorragendem Tennis wurde dieser erst im Halbfinal von Alfons Seliner ernsthaft auf die Probe gestellt. Dieses Match gewann er jedoch knapp mit 6:2/6:7/6:4 und traf nun im Finale auf Jürg Baur vom TC Niederurnen, der der Reihe nach This Jenny und Erich Fischli ausgeschaltet hatte. Das Finale gestaltete sich für Müller’sche Verhältnisse ungewohnt ausgeglichen, zumal der Niederurner Baur hervorragend Paroli bot. Am Ende entschied zweimal das Tie-Break zugunsten des St. Gallers, sodass das hervorragende Glarner Ergebnis zwar nicht getrübt wurde, aber dennoch nicht ganz makellos ist.

Fantastische Tage

Co-Turnierleiter Walter Iten sen. würdigte in seiner Turnier-Laudatio die beiden fantastischen Tage, welche nicht zuletzt dank hervorragendem Wetter stattfinden konnten. Er wies darauf hin, dass das Turnier ohne die hervorragende Unterstützung des Glarner TC, den zahlreichen Helfern und insbesondere den grosszügigen und treuen Sponsoren niemals in dieser Form hätte stattfinden können. In der Tat haben die beiden Vereine ein Turnier auf die Beine gestellt, das seines Gleichen sucht und nach einer Fortsetzung schreit. Turnierleiter Andreas Neumann zog am Schluss das Fazit, dass die kommenden Austragungen wohl immer am Ochsner Sport Tennis Open 2009 gemessen würden. „Wobei ich das bereits beim vergangenen Ochsner Open 2008 gesagt habe. Und wir alle in der Lage waren, dies noch einmal zu übertreffen.“ Die Fortsetzung folgt also bestimmt…