Antrittsrede von Landratspräsident Peter Rothlin am 26. Juni 2019

Der Landrat muss mehr als ein Ausgleich der Interessen sein. Er soll das Innenleben der

Leute ansprechen



Landratspräsident Peter Rothlin (SVP) (Archivbild: e.huber)
Landratspräsident Peter Rothlin (SVP) (Archivbild: e.huber)

Meine Damen und Herren

Diese Worte haben mich in den vergangenen Jahren begleitet. Und damit begrüsse ich

Sie herzlich zum Amtsjahr 2019/20.

Ich freue mich sehr, dass Sie mich zum 134. Landratspräsidenten des Kantons Glarus

gewählt haben. Herzlichen Dank, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, für diesen Zuspruch

und das Zeichen der Unterstützung. Ich danke auch für das grosse Vertrauen, das

Sie mir und der SVP als tragende Fraktion entgegengebracht haben. Ich weiss, dass es

für viele nicht unbedingt selbstverständlich ist, einen Kandidaten aus dem Lager der

Opposition zu wählen, darum bin ich umso dankbarer.

Ich danke dem scheidenden Landratspräsidenten Bruno Gallati für die sehr gute Zusammenarbeit.

Als Mitglied des Landratsbüros habe ich ihn als integrative Persönlichkeit

kennen und schätzen gelernt. Unzählige Leute, die ihn in seinem Präsidialjahr getroffen

haben, sehen das genauso. Lieber Bruno, Dir, gebührt Dank für Dein Engagement,

auch in schwierigen Situationen. Du hast den Landrat ganz hervorragend repräsentiert.

Herzlichen Dank, weiterhin viel Freude in der Politik, Glück und Gesundheit.

Für mich ist das Amt des Landratspräsidenten eine neue Erfahrung. Ich möchte den

Landrat und seine Arbeit in der Öffentlichkeit „nah an den Leuten“ repräsentieren: Werbend,

von den tagespolitischen Streitigkeiten unbeeinflusst und trotzdem entschieden

politisch. Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, ich wünsche mir eine spannende, auch

mal eine streitbare, aber in jedem Fall eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Doch zurück zum Leitwort: Der Landrat muss mehr als ein Ausgleich der Interessen

sein. Er soll das Innenleben der Leute ansprechen.

Wenn Sie die Kommentare in der Schweizer Presse lesen, könnte man meinen, dass es

nur einen richtigen Standpunkt gibt, und dass die mit einer anderen Meinung eigentlich

nur aus bildungsfernen Schichten stammen, also Dummköpfe und Neinsager sind. Es ist

bequem, sich im politischen Mainstream zu bewegen. Lässt man sich auf die Opposition

ein, wird man feststellen, dass dort Leute sind, die aufrichtig an ihre Grundsätze glauben,

und dass bestimmt nicht alles falsch ist, was sie machen.

Wenn Sie einen Blick ins Innenleben dieser Leute wagen, dann lernen Sie etwas über

den Landrat selbst, nämlich dass wir, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, über alle

Parteien hinweg die gleichen Grundsätze verfolgen. Grundsatz eins ist: Der Landrat ist

ein Ort des freien Wortes. Weitere Grundsätze sind: Freiheit, Eigentum (Private), Gerechtigkeit,

Fürsorge (Vorsorge), Sicherheit, Gewaltenteilung und bei uns natürlich der

Heilige Fridolin.

Ich möchte den zweiten Grundsatz (Freiheit) ansprechen, weil ich mit Herzblut gegen

die Staatsfesseln kämpfe. Es geht mir um die Freiheit im Alltag von uns Glarnern und

von uns Schweizern. Das Freisein vom willkürlichen „Herumkommandiertwerden“

durch andere Leute, vornehmlich Behörden, die es zwar gut meinen, aber nicht selten

das Gegenteil bewirken.

Politiker begreifen nicht, dass die Verantwortung nur besser wird, wenn sie im Leben

eingeübt werden kann. Heutzutage wird uns davon abgeraten, eigenverantwortlich zu

handeln. Stattdessen übernehmen Politiker und Behörden das Denken und Handeln für

uns. Das Resultat sind entmündigte Leute. Und wir haben Politiker - hier Anwesende

natürlich ausgeschlossen -, denen es an Ideen mangelt, wie Wesentliches geregelt werden

kann, und sich stattdessen kleinlich in unser Verhalten einmischen und immer mehr

Lebensbereiche dominieren.

Und dennoch, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, haben wir mehr denn je die Freiheit,

alle Facetten unseres Lebens beliebig zu gestalten. Konsum, Reisen, Beruf und Lebensstil

scheinen grenzenlos zu sein. Ich weiss aber auch, dass eine überzogene persönliche

Freiheit zum schrankenlosen Egoismus ausarten kann. Deshalb sind wir gefordert, uns

durch Trends nicht gleichschalten zu lassen und lautstark geforderte Sonderrechte stets

auch zu hinterfragen.

Oft scheint es so, dass wir der Freiheit überdrüssig geworden sind oder dass wir gar

kein Gespür mehr dafür haben, was Freiheit eigentlich ist. Die Freiheit scheint etwas zu

sein, das uns ganz persönlich betrifft, und zwar als ganze Person. Ich bin am liebsten in

der Natur unterwegs. Das Erleben von unseren Bergen ist eine Kraft, die mir Sinn und

Freiheit gibt. Wir sind Teil der Natur, der Schöpfung und leben in Beziehung zum Schöpfer.

Ich erlebe genauso, dass Sinn und Freiheit viele von uns jenseits des Politischen erhalten.

So ist der Glaube zwar eine sehr persönliche Angelegenheit, doch im Glarnerland

hat er an der Näfelser Fahrt einen starken öffentlichen Auftritt.

Zu guter Letzt möchte ich meine aufrichtige Anerkennung den Leuten da draussen aussprechen.

Wie viele andere arbeite ich seit Jahrzehnten ausserhalb unseres Kantons.

Mein Augenmerk richtet sich auf die Leute, die mit Auto und Zug lange Arbeitswege auf

sich nehmen. Sie stehen ihr Leben lang früh auf, arbeiten hart und meistern still ihr Leben.

Sie sind sich selber treu und katzbuckeln nicht vor den Behörden. Meine Dankbarkeit

gilt diesen Leuten, gerade weil sie die gesunde Mitte unserer Gesellschaft sind.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, uns allen wünsche ich für das kommende Amtsjahr

viel Tatkraft und Gottes Segen.