Unberechenbare Kinder und überforderte Pädagogen

Der Film «Systemsprenger» wurde anlässlich der Filmbühne Glarus am 3. August im Güterschuppen gezeigt.



Unberechenbare Kinder und überforderte Pädagogen

Normalerweise wäre Anfang August die Sommerbühne im Volksgarten. Aufgrund der Corona-Krise wurde diese jedoch in einem kleineren Rahmen im Güterschuppen in Glarus abgehalten, und zwar in Form einer Filmbühne. Diese fand zwischen dem 30. Juli und dem 4. August statt. An jedem dieser Tage wurde ein anderer Film gezeigt. Am Montag, dem 3. August, wurde der deutsche Spielfilm «Systemsprenger» gezeigt.

Die Plätze füllten sich Stück für Stück, sodass kurz vor Filmbeginn um 21.00 Uhr die meisten besetzt waren. Der Abend begann mit den Kurzfilmen «Manöver» ein Auszug aus dem Skifilm «Romance» von Samuel Ortlieb und «The Needs of a Banane Peel» ein Animationsfilm von Silvan Zweifel. Beide studieren Film und stammen aus dem Glarnerland. Danach begann der Hauptfilm «Systemsprenger».

Kinder oder Jugendliche, die Pädagogen und Pädagoginnen vor grosse Herausforderungen stellen und aufgrund ihres Verhaltes nur schwer ins Hilfesystem integriert werden können, werden inoffiziell als Systemsprenger bezeichnet.

Bernadette, genannt «Benni», ist neun Jahre alt und gilt als aggressiv und unberechenbar. Ihre Mutter ist mit Bennis Verhalten überfordert und hat Angst vor Bennis Wutausbrüchen, weshalb sie das Jugendamt einschaltet. Doch auch die Erzieher/-innen kommen mit Benni nicht zurecht. Sie wechselt von Pflegefamilie zu Pflegefamilie und von Wohngruppe zu Wohngruppe. Auch von der Förderschule wird sie suspendiert. Für eine pädagogisch geschlossene Unterbringung ist Benni noch zu jung. Anti-Aggression-Trainer Micha wird hinzugezogen und schafft es, nach einem dreiwöchigen Aufenthalt im Wald und intensiver Betreuung zu Benni durchzudringen. Nach und nach merkt er jedoch, dass er dabei seine professionelle Distanz allmählich verliert. Als Benni ihn «Papa» nennt und ihn bittet sie zu adoptieren, entschliesst er sich den Fall abzugeben. Als letztmögliche Option wird ein Auslandsaufenthalt in Afrika vorgeschlagen, doch Benni flüchtet in letzter Minute.  

Der Film gibt den Zuschauern einen Einblick in das Deutsche Hilfesystem. Er zeigt, dass es Fälle gibt, denen man nur schwer helfen kann. Er zeigt überforderte Eltern und Erzieher. Die junge Schauspielerin Helena Zengel, die während dem Dreh 11 Jahre alt war, schafft es, die Zuschauer durch ihre Schauspielerei in ihren Bann zu ziehen. Es ist nur schwer vorstellbar sich als erwachsene Person vor einem neunjährigen Mädchen zu fürchten, dennoch wird genau das erzielt. Bennis unberechenbare aggressive Art löst ein Unwohlsein beim Zuschauer aus. Gefolgt von Ausschnitten, welche zeigen, dass Benni doch nur ein kleines Kind ist. Man ist hin- und hergerissen. Einerseits sieht man das kleine Kind, das einfach nur wieder zuhause bei seiner Mama leben will andererseits sieht man aber auch die Bedrohung, welche dieses Kind darstellt.

Von Mitleid, Angst und Traurigkeit bis hin zur Freude, «Systemsprenger» löste beim Zuschauer ein Wechselbad der Gefühle aus und liess vermutlich niemanden kalt.