Und noch ein Bericht

Worüber im Landrat nicht geredet wurde: über Erschliessungsvarianten von Braunwald und den letzten Teil des Tätigkeitsberichts mit einem angekündigten Antrag zur Staats- und Jugendanwaltschaft. Dafür aber über das Gefängnis und die Berufsfachschule Ziegelbrücke.



Inspirationen von der heutigen Landratssitzung (Bilder: e.huber)
Inspirationen von der heutigen Landratssitzung (Bilder: e.huber)

Zuallererst wird diesmal vom Landrat Florian Menzi mit 57 Stimmen als zweiter neuer Staats- und Jugendanwalt gewählt. Seine Aufgabe: Mitarbeit am Pendenzenberg, der sich dort – offenbar unausweichlich – aufhäuft. In der 2. Lesung zur Entlöhnung von Behördenmitgliedern sowie Staats- und Lehrpersonal beantragt Markus Schnyder Ablehnung, da es der völlig falsche Zeitpunkt für Erhöhungen und unsensibel gegenüber den Bürgern sei. Die Kultur der Schweiz beruhe auf Freiwilligenarbeit, die Sitzungsgelder seien – als Löhne gerechnet – zu tief, doch man tue seine Arbeit im Landrat aus Überzeugung und nicht wegen eines zu tiefen Sitzungsgeldes. Daniela Bösch-Widmer hält namens des Büros entgegen. In der Schlussabstimmung setzt sich die Erhöhung mit 29:23 Stimmen zu. Zur Landratsverordnung stellt Yvonne Carrara (wie Kaspar Krieg) Ablehnungsantrag. Die Kommissionen sollten nach den Wahlen zusammengestellt werden und dann für vier Jahre bestehen. Samuel Zingg beantragt namens des Büros Zustimmung – es sollten möglichst alle Fraktionen in die Kommissionen eingebunden werden und es brauche dazu diese Anpassung. Die Änderung wird mit 31:24 Stimmen angenommen.

Der Streit um des Kaisers Bart

Dieses Sprichwort besagt, dass man trefflich über etwas debattieren kann, das nicht im eigenen Einflussbereich liegt. Doch wer ist für den Erschliessungsentscheid Braunwald zuständig? Beim Memorialsantrag, den Variantenentscheid vor die Landsgemeinde zu bringen, beantragt Antragssteller Toni Gisler Aussetzung der Beratungen – im Sinne eines Ordnungsantrags. Die breite Unterstützung seines Antrages zeige dessen Bedeutung. Die rechtliche Einschätzung des Regierungsrates – es sei bloss eine Umsetzung des Richtplans, wofür der Regierungsrat zuständig sei – sei für ihn fragwürdig. Mathias Zopfi unterstützt ihn – es gehe nur um die rechtliche Zulässigkeit, also nicht um eine politische Entscheidung. Die Argumentation der Regierung sei «interessant». Die Überlegung, das Geschäft einer Kommission zuzuweisen, sei aber sicher nicht falsch. Diese könne – für den Landrat – die Fragen zur Zulässigkeit sondieren. Stephan Muggli unterstützt namens der FDP-Fraktion diese Prüfung ebenfalls. Die rechtlichen Einschätzungen der Regierung sollten nicht einfach sakrosankt sein. Franz Landolt unterstützt das auch. Auch die SP unterstütze das, so Benjamin Kistler, um die Gewaltenteilung zu garantieren und die Rechtlichkeit zu prüfen. Laut Mathias Vögeli (Mitte) wäre ein Zulässigkeitsentscheid jetzt politisch, es brauche für weitere Varianten eine Richtplanänderung, bevor man damit vor die Landsgemeinde gehe. Landammann Benjamin Mühlemann wehrt sich, man habe nicht politisch entschieden, sondern einzig rechtlich beurteilt – und festgestellt, dass der Antrag nicht zulässig ist. Der Regierungsrat müsse den Richtplan vollziehen und die Lösungen gemäss Plan suchen. Die rechtliche Lage sei klar, die Kompetenzverteilung gut geregelt. Gislers Antrag auf Aussetzung setzt sich mit 44:11 Stimmen durch, damit ist die Diskussion zu Braunwald beendet.

35,5 Millionen für Neubau Berufsschule Ziegelbrücke

Laut Kommissionspräsident Christian Marti kann mit dem Objektkredit zum Neubau die Berufsbildung im Kanton insgesamt gestärkt und BZGS und GIBGL können zusammengeführt werden. Zudem solle man die Sporthalle mit PV ausstatten. Kaj Weibel beantragt namens der Grünen Eintreten, da das BZGS derzeit schon Platzprobleme habe. Ein Ausbau der Infrastruktur dränge sich hier auf, zudem lobt er viele Aspekte des Projekts, findet aber, man müsse bei der Turnhalle noch mehr CO2 sparen. Franz Freuler stellt sich namens der SVP ebenfalls hinter das Projekt und ist für Eintreten. Er kritisiert den grossen Landverschleiss und ist – wie Kaj Weibel – dagegen, mit der Turnhalle in die Tiefe zu gehen. Zudem wolle er ein gutes, aber kein goldenes Schulhaus. Christian Büttiker ist ebenfalls für Eintreten, trotz verpasster Chancen – wie Bauen in die Höhe – sei man für das Projekt. Es habe in der Ausführungsplanung noch Verbesserungspotenzial. Roland Goethe setzt sich namens der FDP für einen gut ausgebauten Schulstandort ein, da er auch für ausserkantonale Schüler attraktiv sein soll. Ebenso Andrea Bernhard namens der glp. Es gebe, so Christian Marti, Aspekte, wo das Projekt sehr nachhaltig sei – es brauche z.B. wenig Energie und Technik, um künftigen Hitzewellen zu begegnen. Landesstatthalter Kaspar Becker freut sich über das unbestrittene Eintreten. Er hebt den Konflikt zwischen Ästhetik und Nachhaltigkeit hervor, die Kostendiskussionen seien sehr intensiv geführt worden. Die Wiederholung des Wettbewerbs habe immerhin 10 Mio. Franken gespart.

Nach der Pause geht es um die Details. Christian Büttiker stellt bei der Turnhalle Rückweisungsantrag an den Regierungsrat, um die Kosten für eine höhere Sporthalle zu rechnen, da der Hallenerhöhungsantrag um 10 Meter an der Landsgemeinde wohl sowieso gestellt werde. Liliane Schrepfer stellt namens der Mitte gleich den Planungsantrag. Kaspar Krieg gibt zu bedenken, dass die nötige Infrastruktur – insbesondere die Parkplätze – für Wettkämpfe fehle, und beantragt Ablehnung der Anträge Schrepfer und Büttiker. Landesstatthalter Kaspar Becker beantragt, die Rückweisung abzulehnen. Das gefährde eine zeitgerechte Vorlage. Regierungsrat Markus Heer plädiert ebenfalls dagegen, es gehe darum, den Berufsbildungsstandort zu stärken – und zwar jetzt. Büttiker wehrt sich – Sport Glarnerland sei nicht informiert worden. Es sei die letzte Möglichkeit für eine Halle. Doch sein Antrag unterliegt mit 14:39 Stimmen. Zum Antrag Schrepfer stellen Fridolin Staub und Franz Freuler Ablehnungsantrag – solche Anträge gehörten in die Kommission. Landesstatthalter Kaspar Becker stellt sich gegen die Erhöhung der Halle, das wäre eine teure Geschichte. Mit 36:20 Stimmen wird die Fassung von Kommission und Regierung angenommen. Die Vorlage geht so an die Landsgemeinde.

Planung des Kantonsgefängnisses

Die Kommission beantrage, so Präsident Christian Marti, mit 6:3 Stimmen Eintreten und Zustimmung zum Planungskredit von 1,77 Mio. Franken für den Neubau eines Gefängnisses. Selbst die nationale Folterkommission sehe Handlungsbedarf beim Gefängnis, die Vorteile eines Neubaus überwiegen. Zudem gehöre ein Untersuchungsgefängnis zur Grundausstattung eines Kantons. Martin Baumgartner beantragt namens der SVP-Fraktion Eintreten, aber Rückweisung an die Regierung. Adrian Hager formuliert dazu den Auftrag, eine Sanierung und die Auslagerung der Langzeitgefangenen zu prüfen. Bei einem eigenen neuen Gefängnis drohten die laufenden Kosten aus dem Ruder laufen. Kaj Weibel ist namens der Grünen für Eintreten. Luca Rimini unterstützt Hagers Rückweisungsantrag. Die Mitte wolle, dass die Auslagerung der Plätze geprüft werde. Die Auslastung der bestehenden Anlagen in der Ostschweiz sei rückläufig. Mathias Zopfi stellt sich gegen die Rückweisung – es gehe um Untersuchungshaft, nicht um Strafvollzug. Dafür brauche es ein kantonales Gefängnis, bestätigt auch Christian Marti, es sei sicher nicht die günstigste Variante, aber die einzig praktizierbare. Die jährlichen Kosten seien rund 1,4 Mio. Franken (Abschreibung und Betrieb). Thomas Tschudi erwähnt die Nischen für den Kanton, die es weitsichtig – und mit Rückweisung – zu prüfen gelte. Landesstatthalter Kaspar Becker plädiert für Eintreten und Behandlung des Geschäfts. Regierungsrat Andrea Bettiga ebenso. Nach dem unbestrittenen Eintreten spricht Christian Marti gegen die Rückweisung. Sie verlange eine völlig andere Stossrichtung. Mit 36:20 Stimmen wird die Vorlage doch zurückgewiesen, Mitte und SVP setzen sich durch.

Und zum Schluss: der 1. Teil des Tätigkeitsberichts

Thomas Tschudi beantragt namens der GPK Genehmigung des Tätigkeitsberichts. Er erwähnt zusätzlich die Steuern und die finanzielle Situation des Kantons. Die Nachbearbeitung von COVID habe zu ersten Massnahmen geführt und einige Themen seien bereits abgearbeitet. Zum Thema Baubewilligung sei der Bericht noch nicht da gewesen, er erwähnt auch die Denkmalpflege und die Lage beim Wolf. Glarus sei hier eingemittet. Bei der Staatsanwaltschaft lasse sich momentan nicht eruieren, ob die hohe Fluktuation gelöst werden könne. Man sei nicht über die problematische Situation in dieser Hauptabteilung informiert worden. Der Lehrpersonenmangel werde wohl wieder aufs Tapet kommen. Auch sei die Nachhaltigkeit des Wachstums der Bevölkerung im Kanton zu prüfen. Beat Noser beantragt Zustimmung von der Mitte – er erwähnt die Situation bei der Staatsanwaltschaft, die nicht befriedigend sein – hier werde man Antrag stellen – ein Antrag, der – wegen Abbruch der Diskussion zum Tätigkeitsbericht – erst in zwei Wochen kommen wird. Marius Grossenbacher nimmt namens der Grünen auf die gesellschaftliche Entwicklung und auf die wachsenden Infrastrukturkosten Bezug. Er verstehe nicht, weshalb das Departement die GPK nicht vollumfänglich über die Kündigungen bei der Staats- und Jugendanwaltschaft informiert habe. Hans Jenny setzt sich namens der FDP ebenfalls für die Anträge der GPK ein. Priska Müller Wahl nimmt namens der glp Stellung, auch sie ist alarmiert von den wachsenden Pendenzenbergen und der Fluktuation beim Gericht – sie nehme es wunder, was der Kanton dagegen unternehme. Landammann Benjamin Mühlemann zeigt sich grundsätzlich mit den Anträgen der GPK einverstanden. Bei der Departementsreform gehe es um Inhalte, nicht um Neuverteilung der Arbeitslast. Wasserrecht sei ein brisantes Dossier, man schiebe nichts auf die lange Bank. Der Regierungsrat habe die Interpellation zur Staats- und Jugendanwaltschaft ausführlich beantwortet. Nadine Landolt Rüegg hat Fragen zum System Schule. Regierungsrat Markus Heer beantwortet sie. Regierungsrätin Marianne Lienhard und Landammann Benjamin Mühlemann ergänzen. Nadine Landolt Rüegg fragt nach der hohen Fluktuationsrate bei der Staats- und Jugendanwaltschaft. Andreas Luchsinger findet die Bearbeitungsrate bei der E-Steuererklärung nach wie vor unbefriedigend und fragt nach den Steuerausständen. Thomas Tschudi antwortet namens der Kommission. Die Fluktuationsrate habe sich, so der Landammann, erhöht, die Steuerausstände habe man im Auge. Peter Rothlin verweist auf die Denkmalpflege, welche einen Stallausbau verzögerte. Regierungsrat Markus Heer verweist auf das Spannungsfeld zwischen Landwirtschaft und Natur- und Heimatschutz. Die Denkmalpflege wolle lösungsorientiert und pragmatisch arbeiten. Marius Grossenbacher fragt nach dem Stand im Wassergesetz, Priska Müller Wahl nach Raumplanung, Immobilienstrategie und Entwässerung Braunwald. Peter Rothlin bittet um Berichte zu den Renaturierungen. Hansjörg Marti vermisst das Tempo bei der Abteilung Energie und fragt nach der Praxis zur Bestätigung. All das beantwortet der Landesstatthalter knapp, doch die lange Reihe komplexer Fragen führt dazu, dass auf Antrag von Franz Landolt die weitere Diskussion vertagt wird. Der «Elefant» Staatsanwaltschaft bleibt also noch zwei Wochen im Landratssaal stehen. Zum Glück braucht er nicht auch noch einen extra Tierpfleger.