Unglaubliches mit Unglaublech – dies in Braunwald

Sie – die virtuosen und brillanten Bläser samt Schlagzeuger – haben sich den Namen ihrer Formation, im kommenden Jahr exakt zehn Jahre alt, selber gegeben. Und was sie eingeübt und in der Tödihalle ohne Zuhilfenahme irgendeines Notenblatts ausgespielt haben, war sensationell gut.



Die virtuosen und brillanten Bläser samt Schlagzeuger (Bilder: p.meier)
Die virtuosen und brillanten Bläser samt Schlagzeuger (Bilder: p.meier)

Eigentlich war das Begegnen auf dem Braunwaldner Dorfplatz, unweit der Bergstation, vorgesehen. Aber als Spielort wurde dann die Tödihalle ausgewählt. Hätte das Wetter die gleichen Kapriolen vollführt wie die Musiker, wäre der Aufenthalt im Freien wohl ungut rausgekommen. Da hätten sich feurige Hitze, hin und wieder drohend graue bis tiefschwarze Wolken, Sturmwinde, sanfte Blautöne, versöhnliche Brise ergeben, über einer Schar farbiger Männer, allesamt mit weissen Turnschuhen ausgerüstet.

Der Grad an Beschwingtheit, Leidenschaftlichem, schwungvollem Ausgestalten, hoher gegenseitiger Abgestimmtheit, von kurzen Soli unterbrochen war bemerkenswert. Und der Ansager, Markus Graf, entledigte sich seiner Aufgabe mit spürbarer Eleganz, witzig, kurz, kenntnisreich auf die jeweilige Komposition eingehend. Und es zeigte sich, dass die «hauseigene Arrangeurgemeinschaft» ihr Handwerk versteht, einfühlsam und stilecht auf die kompositionsgebundenen Vorgaben einzugehen weiss. Es zeigte sich auch, dass neben der farbharmonischen Abgestimmtheit der Kleidung – leicht exotisch und extravagant war es alleweil – eine gegenseitig sympathische Wertschätzung besteht. Soli wurden stets mit Beifall bedacht, auf der Bühne und von begeistert mitvollziehenden Besucherinnen und Besuchern im Saal. Der musikalische Schwung und das gekonnte Interpretieren übertrugen sich zuweilen auf die Kinder, die – am Boden liegend – mittaten und von den begleitenden Eltern zuweilen ein klein wenig zurechtgewiesen werden mussten.

Der Titel des aktuellen Tourneeprogramms der Unglaublech-Leute lautet, so mit Bezug auf die Ansage, «Kaffeeschränzchen». Parallelen zu gewohnten, gemütlichen einherplätschernden Kaffeehausgesprächen waren nicht zu schaffen. Zu rassig, zu knallig und schrill war das Musikalische. Man wurde in viele Stilwelten entführt und verfolgte mit hohem Stauen, wie leicht und lebhaft alles aufklang, sich fügte – als sei diese Form des Interpretierens die einfachste Sache der Welt. Die Bläser und der Schlagzeuger spielten zu keiner Zeit irgendetwas routiniert runter. Mit spürbar hoher Aufmerksamkeit fügten sie sich in die jeweilige Ganzheit, schwungvoll, beseelt, stilistisch riesig sicher.

Und wer sich in den Medien etwas rumhören wolle, stosse, so der Ansager Markus Graf, bald einmal auf seine Formation, man habe sich über die wenigen Jahre des Bestehens hinweg, doch eine gewisse Bedeutung erspielt. Das münde nun in den Geburtstag zum Zehnten ein. Gefeiert werde im kommenden Jahr in Frauenfeld und man sei herzlich willkommen. Und wem die Pause zu lange andauere, könne sich auch eine CD erwerben – um eingestimmt zu bleiben.

Und wie alles begonnen habe? Einst hätten sich die begeisterten, riesig begabten Bläser zum musikalischen Mittun im Rahmen einer Kreuzfahrt auf irgendwelchen Weltmeeren entschieden. Diese zündende Idee wurde gar nie umgesetzt – aber man blieb zusammen, nachdem die Zürcher Hochschule der Künste nach erfolgreichen Studien verlassen worden sei. Die hohe Musikalität bringt es mit sich, dass die Berufsmusiker regelmässig in bekannten Orchestern mittun und mit anderen Bands die Musiklandschaft unseres Landes ebenso gekonnt wie beseelt aufmischen.

In der Tödihalle war alles beeindruckend getimt, abgestimmt, kenntnisreich, schwungvoll und riesig beschwingt. Zu verdanken ist das farbige und musikalische Vergnügen Markus Graf, Marc Jaussi und Thomas Roth (alle Trompete); Florentin Setz und David Rufer, Posaune; Christian Plaschy, Bassposaune, Sepp Zürcher, Tuba und dem Schlagzeuger Michael Süss.

Verabschiedet wurde man mit wirbligen, erneut wechselreichen und kurzweiligen Zugaben.

Und am Abend waren Interessierte zu einer Stubete mit Willi Valotti (Akkordeon, Klavier, Kontrabass) und seiner Wyberkapelle mit Gaby-Isabelle Näf (Klavier, Klarinette, Saxophon, Kontrabass), Andrea Ulrich (Akkordeon, Klavier) und Martina Rohrer (Kontrabass, Akkordeon) und ihrem Gast Christian Enzler (Violine) eingeladen.

Mitglieder der Academia Glaronensis gewährten am Folgetag sorgsam Zusammengestelltes unseres Bergkantons. Am Abend gestaltete der Pianist Teo Gheorghiu Werke von Bartòk, Ravel und Mussorgsky aus.

Zum Schlusstag gehörten die Matinee die Kammermusikakademie ZHdk mit Louise Pellerin, Dozentin für Oboe und Kammermusik und weiteren Musizierenden und das Schlusskonzert mit Werken von Johann Hermann Schein, Claudio Monteverdi, Heinrich Schütz und Henry Purcell.