Unternehmer in die Politik

Der Aufruf von Parteipräsident Marco Chiesa war unüberhörbar: «Unternehmer in die Politik», forderte der SVP-Exponent in der lintharena Näfels bei den Vertreterinnen und Vertretern der kantonalen SVP und FDP, aber auch vom Gewerbe. Magdalena Martullo-Blocher hatte nicht nur – namens der SVP – den Apéro übernommen, sie legte auch die Bundespolitik aus Sicht der bürgerlichen Unternehmerin dar.



Unternehmer in die Politik

Die Glarner Handelskammer und die SVP hatten eingeladen und rund 40 Männer und Frauen waren an diesem Freitagmittag, 18. Februar, gekommen. Der Auftaktanlass gehörte zum Rahmenprogramm der nationalen Fraktionssitzung in Filzbach, ebenso wie der Publikumsanlass am Freitagabend auf dem Rathausplatz, und er war auch als Landratswahl-Kick-off für die Glarner SVP gedacht. Bereits in seiner Begrüssung zeigte sich Thomas Tschudi alarmiert vom Graben zwischen bürgerlicher und linker Ratsseite, wie er sich etwa anhand der Aufstockung des Energiefonds aufgetan hatte. Nachdem Marco Chiesa kurz auf die SVP-Coronapolitik zurückgeschaut hatte – möglichst guter Schutz der gefährdeten Personen bei gleichzeitig möglichst wirtschaftsfreundlichem Kurs –, forderte er möglichst wenig Machtkonzentration in den Händen des Bundesrates und zeigte sich erfreut, dass «il citadino puo decidere in Svizzera». Anschliessend begründete Thomas Aeschi, weshalb man sich hier mit den Gewerblern und Industriellen traf: «Wir machen Politik für Sie – wir sind Ihre Auftragnehmer.» Auch im Bundeshaus stelle man, so Aeschi, wie im Glarner Landrat einen Mitte-Links-Pakt fest, ob nun in der Klima-, der Finanz- oder der Steuerpolitik. Nachdem man – mittels Ausgabenbremse – in den Vor-Pandemie-Jahren pro Jahr eine Milliarde Franken eingespart habe, sei man jetzt wieder so hoch verschuldet wie ehedem und: «Das Parlament beschliesst Ausgaben ohne Grenzen.»

Nachbarschaft

Magdalena Martullo bezog sich auf die gute Nachbarschaft von Graubünden und Glarus. Sie sei gespannt auf die Näfelser Fahrt 2023. In Sachen Klima- und Umweltpolitik gelte es, realistisch zu bleiben. So sei ihre Ems-Chemie weltweit an allen Standorten CO2-neutral, doch die Energiestrategie 2050 gaukle nicht nur Machbarkeit vor, sie führe auch zur Versorgungslücke. Die anderen europäischen Staaten hätten ihre eigenen politischen Probleme mit der Versorgung, «wir können also nicht mit Importen rechnen.» Kurzfristig werde zwar von einem Gaskraftwerk zur Deckung der Lücke gesprochen, aber mittelfristig fehle die Bandenergie aus den AKW. Zudem sei Strom derzeit nicht im grossen Stil speicherbar, mit Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen werde die Nachfrage aber steigen. Ihr Fazit: «Wir bezahlen alle die Speicherung über die Strompreise. Die Grossen werden das nicht zahlen können, aber Sie – als KMU – werden dies über Zuschläge, Abgaben und Entschädigungen bezahlen.» Deshalb gelte es, wenigstens ein AKW zu planen. Wenn dagegen der Verbrauch um 50% gesenkt werden müsse, wie das geplant sei, sehe sie schwarz für Bäckereien, den ÖV oder auch den Gemüseanbau. Die Städte, so Martullo, seien in Bern überrepräsentiert, «viele der Berufspolitiker dort kennen das Land und das Gewerbe nicht.»

Studierende vernetzen

Im Anschluss präsentierte Nationalrätin Monika Rüegger ihr Vernetzungsprojekt aus OW, NW und UR. Sie kämpft dafür, dass Unternehmen aus diesen Kantonen ihre Fachkräfte nach der Ausbildung an den Hochschulen wieder zurückgewinnen können. Während man nämlich in der Lehrlingsausbildung praxisnah sei, seien die Gymnasien wirtschaftsfern. Ihre Job-Dating-Plattform für Studierende und Unternehmen soll Assistenzplätze, Praktika und auch Stellen mit den dringend gesuchten Ingenieuren zusammenbringen, um die Abwanderung zu minimieren. So würden sich auch die Kosten von einer halben Milliarde Franken durch Studienabbrüche verkleinern lassen. Die Ursachen ortet sie in der mangelnden Berufsvorbereitung der Gymnasiasten. Dieses Projekt der Neuen Regionalpolitik (NRP) verbinde Wirtschaft, Volkswirtschaft und Bildung.

Fragerunde

In der Fragerunde wollte Stefan Trümpi wissen, wie das Verbandsbeschwerderecht von der nationalen SVP behandelt werde. Martullo verwies darauf, man setze auf eine Vereinfachung – etwa bei der Energieproblematik und dem Ausbau der Wasserkraft –, aber «die Verbände sind stark». Deshalb müsse man diese Beschwerdeprozesse auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene anschauen. Hans Jenny beklagte, dass im hochgepriesenen dualen System die Fachkräfte fehlen. Rüegger sieht die Lösung darin, die Berufslehre attraktiver zu gestalten und etwa auch hier Auslandaufenthalte zu ermöglichen. Laut Martullo-Blocher finanziert der Bund solchen Austausch sogar mit, es gehe darum, die Lehre für Lehrlinge attraktiv zu gestalten, aber auch mit den pädagogischen Hochschulen zusammenzuarbeiten. «Die jungen Lehrer etwa kommen ebenfalls zu uns ins Labor.» Sie rate den Glarnern, sich mit anderen Ostschweizer Kantonen zusammenzutun. Nach Exkursen zum Beschaffungswesen und zu Mikro-Unternehmern, welche in der Pandemie besonders litten, kam Toni Gisler zurück auf den beginnenden Glarner Wahlkampf. Es gelte, der Bevölkerung klarzumachen, was die Partei für sie tue. Derzeit, so Martullo, sei Hochkonjunktur, da sei es schwierig, den Arbeitern klarzumachen, dass steigende Steuern, Abgaben und Mehrwertsteuersätze sich auch auf ihre Kaufkraft auswirken. Rolf Blumer rief – namens der kantonalen SVP dazu auf – die Wahlen als Chance zu nutzen.