Nach Neujahr gingen die Tage bis zu meinem Heimflug viel zu schnell. Anfang Januar waren meine Gastschwester und ich, von einer Freundin, in ihr Strandhaus in Bolivar eingeladen. Ich freute mich riesig auf den Golf von Mexiko; auf das Meer und zu sehen, wie die Strände in Amerika sind. Als wir in Bolivar ankamen, war ich überrascht, dass alle Häuser auf Stelzen gebaut waren. Da es dort oftmals Hochwasser wegen den Hurrikans gibt, ist dies verständlich. Vom Strandhaus hat man den perfekten Ausblick aufs Meer, welches aber meistens braun und nicht blau ist. Weil der Boden in Texas sehr sumpfig und weich ist, hat sich das Wasser verfärbt. Andererseits fliesst das verschmutzte Wasser vom Inneren des Landes in diesen Teil des Meeres. Diese stehenden oder langsam fliessenden Gewässer nennt man Bayous. Leider war es zu kalt und auch etwas zu dreckig, um im Meer baden zu gehen. Ich habe aber trotzdem meine Füsse reingestreckt. Der Strand war auch super, um Muscheln zu sammeln. Es war rundum ein gelungenes Wochenende mit meinen Freundinnen. Zurück in Houston fing die Schule wieder an, welche für mich aber nur noch zwei Wochen dauerte.
Mit grosser Freude wartete ich auf Besuch aus der Schweiz. Mein Mami und mein Gotti kamen, um mit mir die letzten Tage in Amerika zu verbringen. Am letzten Wochenende, das mir in Houston noch verblieb, reisten wir alle zusammen nach Korpus Christi. Diese Stadt liegt auch am Meer, aber noch näher bei Mexiko. Anders als in Bolivar ist das Meer dort blauer und einladender. Deshalb entschieden sich meine Mutter und ich, trotz kühler Temperaturen, baden zu gehen. «Ein nachgeholter Neujahrsschwumm». In Korpus Christi besuchten wir während unseres Wochenend-Trips das grösste Aquarium von Texas. In diesem Aquarium tummeln sich verschiedene Wassertiere wie Haie, Otter und auch Delfine. Es war eine interessante und magische Erfahrung, wobei ich nicht weiss, wie wohl sich die Tiere in diesen kleinen Becken fühlen.
Kaum zurück in Houston erhielten wir die Wetterberichtsmeldung, dass es über Nacht schneien sollte. Schnee in Houston ist etwas sehr Seltenes und dementsprechend war die Freude auf den Schnee gross. Meine Gastmutter und Gastschwester sind sogar früher aufgestanden, um die ersten auf den verschneiten Strassen zu sein. Der Nachteil am Schnee in Houston ist jedoch, dass niemand darauf vorbereitet ist. Die Schulen, viele Geschäfte und Restaurants waren geschlossen, weil die Angestellten bei diesem Wetter nicht anreisen konnten. Es gibt keinen Schneepflug und auch keinen Salzwagen. Die Autos sind das ganze Jahr mit Sommerpneus ausgestattet. Deshalb hatte es kaum Autos auf den sonst so gefüllten Strassen. Da die Isolierung der Häuser dort nicht besonders gut ist, musste sich meine Gastmutter immer wieder versichern, dass die Wasser- und Heizungsrohre nicht einfrieren. Für mich war der Schnee natürlich nicht extrem besonders, aber ich hatte definitiv nicht damit gerechnet in Amerika Schnee zu erleben.
Als Abschluss meines Aufenthalts hatte ich die Ehre, meine Gastschwester in einem Musical zu sehen. Das «25th annual putnam spelling bee» Musical handelt wie im Titel erwähnt von einem «Spelling Bee». Das ist ein Wettbewerb zwischen Schulen, wo es um das richtige Buchstabieren von Wörtern geht. (Zum Beispiel Z-E-B-R-A, Zebra). Das Musical war der Hammer und ich war sehr froh, dass ich noch eine Vorstellung besuchen konnte.
Leider kam der Tag meiner Heimreise immer näher, sodass ich mich ans Packen machen musste, um alles Angesammelte irgendwie zurück in die Schweiz zu bringen. Mein Mami und Gotti kamen extra mit zwei grossen, halbleeren Koffern angereist, damit es noch genügend Platz für meine Dinge hatte. Schlussendlich mussten wir sogar noch einen Koffer kaufen, um meine Erinnerungen, Mitbringsel und Kleider zu verstauen. Der Tag meiner Abreise war wie erwartet emotional. Da unser Flieger erst am Abend ging, hatten wir genug Zeit, um bei meinen Gastgrosseltern einen letzten Brunch mit den besten Waffeln der Welt – von meinem Gastgrossvater – zu geniessen. Nach dem ausgiebigen Verabschieden von meiner Gastfamilie und Freunden wurden wir von meiner Gastmutter und Gastschwester zum Flughafen gebracht. Obwohl das Heimfliegen anstrengend und das auf Wiedersehen sagen schwierig für mich waren, freute ich mich auf das baldige Wiedersehen mit meiner Familie in der Schweiz.
Ich bin unglaublich dankbar, für alles, was ich in diesem halben Jahr dank meiner Gastfamilie lernen und erleben durfte. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich jeder sofort wohl bei seiner Gastfamilie fühlt und so eine starke Bindung zu ihnen aufbauen kann, wie ich es konnte. Seit ein paar Wochen bin ich wieder zu Hause und vermisse mein Leben in Houston. Es ist wie erwartet etwas schwierig sich wieder einzuleben und nicht mehr Englisch zu sprechen. Ich versuche den Kontakt zu meiner Gastfamilie zu erhalten und hoffe, dass ich sie bald wieder einmal sehen kann.