Vier bleiben

Von den vorgelegten 44 Anträgen, welche die rund 600 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom Freitag, 16. September, zu befinden hatten, wurden 40 genehmigt. Gegen den Antrag des Gemeinderates rückgewiesen wurden zwei Artikel aus dem Baureglement – einer verlangt eine Ergänzung von Artikel 8b, Absatz 1, der andere eine Streichung des Artikels 8c. Daneben wurde der Antrag zur Zonenzuweisung Hagnen, Mollis zurückgewiesen und der Ablehnungsantrag zu den Gewässerraumzonen Mülibach, Escherkanal.



Einmal auszählen bitte – die rund 600 gelben Zettel der a.o. GV Glarus Nord. (Foto: FJ)
Einmal auszählen bitte – die rund 600 gelben Zettel der a.o. GV Glarus Nord. (Foto: FJ)

Insgesamt kann der Gemeinderat nach dieser Versammlung zur NUP II+ zufrieden sein – denn fast alle seine Anträge wurden in der Schlussabstimmung um 23.33 Uhr angenommen. Zu reden gaben einige wenige Anträge, dies aber ausführlich – rein rechnerisch wurde pro rückgewiesenen Antrag eine Stunde lang debattiert. Das hing damit zusammen, dass die Argumentationen pro und kontra relativ komplex waren, so komplex wie die entsprechenden Geschäfte. Die Absichten waren dafür mehr oder weniger offensichtlich: So wehrte sich Kurt Müller-Noser erfolgreich für seine Ergänzung: «Die Gemeinde gibt die Begutachtung des Verkehrswerts einer unabhängigen Fachperson in Auftrag.» Müller befürchtete, dass dies – wie heute – durch den Ortsplaner geschehe. Der Gemeinderat argumentierte erfolglos, das geschehe schon heute durch anerkannte Methodik und unabhängige Fachpersonen. Bei Artikel 8c des Baureglements fanden FDP und SVP, eine generelle Zustimmungspflicht für Grundstücksteilungen gehe zu weit. Der Gemeinderat argumentierte erfolglos, man bekomme nicht automatisch Mitteilung von Handänderungen, so könnten Eigentümer missbräuchlich Grundstücke aufteilen, um die Bebauungspflicht von 80 Prozent zu umgehen.

In beiden wichtigen Punkte aber, der bekämpften Mehrwertabgabe (hier wollten die Grünliberalen 25 statt 20 Prozent) und der Baulandverfügbarkeit (hier wollte die SVP 60% Bebauungspflicht, nicht 80%) entschied die Versammlung im Sinne des Gemeindrates. Diese Themen sind also jetzt vom Tisch.

Hagnen soll Landwirtschaftszone werden

Heiss wogten die Diskussionen um das Molliser «Filetstück», denn es gab neben dem gemeinderätlichen Antrag, das Gebiet der Grünzone (Freihaltung) zuzuweisen, auch zwei gegensätzliche Anträge. Der eine – jener von Erika Landolt-Laager und weiteren Eigentümern – wollte die beiden Parzellen 303 und 305 in der Wohnzone 2 belassen, der andere – jener von Kaspar Bäbler und seiner Tochter (sie ist Juristin) – wollte das Landstück auszonen und dem Nichtbaugebiet zuweisen. In beiden Abstimmungen – der eventualen gegen Landolt-Laager und der finalen gegen den Gemeinderat – setzte sich der Antrag Bäbler durch, was dazu führt, dass der Gemeinderat noch einmal einen Antrag für eine kommende Versammlung formulieren muss. Das wiederum gibt den anderen Antragstellern erneut die Möglichkeit, anderslautende Anträge zu formulieren, oder, einfacher gesagt: Wenn sie wollte und ein entsprechender Antrag gestellt wird, könnte die nächste Gemeindeversammlung das Gebiet auch wieder in die Bauzone tun. Denn bei der Diskussion in dieser Versammlung schienen doch eher die Eigeninteressen zu überwiegen – jene der Landeigentümer, welche auf dieses bereits entwickelte Landstück hinwiesen und auch auf einen grosszügigen Bebauungsplan, wie auch jene der «Landwirtschaftszonen-Befürworter», welche schlicht und einfach eine Bebauung auf Generationen hinaus verhindern wollen, wohl auch, weil damit ein paar Jahre Baulärm und die Beeinträchtigung ihrer eigenen Aussichten zu gewärtigen wären. Die Mehrheiten in dieser Sache waren übrigens bei Weitem nicht so klar, wie es den Anschein macht. Die Eventualabstimmung um 22.31 Uhr gewannen Bäblers mit 30 Stimmen Unterschied, jene gegen den Gemeinderat sogar nur noch mit 18 Stimmen. Neun Personen, die nächstes Mal anders aufheben, können also die Abstimmung wieder kippen. Ein wirklicher Sieg sieht anders aus.

Gewässerraumpoker Teil 2

Zum Schluss geht es jeweils um die Gewässerräume, welche nach Bundesgesetz ausgeschieden werden müssen. Und weil im Glarner Unterland fast überall etwas fliesst, waren die Supporter des Bauernstandes bis weit nach 22 Uhr gespannt, wie das weitergeht. Der Gemeinderat war ihnen – nachdem sie am zweiten Tag der NUP-Versammlung von April 2021 (das war die im riesigen Coronazelt bei der Eternit in Niederurnen) erfolgreich die Anträge zu den künstlichen Gewässern rückgewiesen hatten – bereits weit entgegengekommen und hatte an allen kleineren und künstlichen Gewässern auf eine Ausscheidung eines Gewässerraums verzichtet. Aber genug war – wenigstens für Bauer Michael Fischli – nicht genug. Er reizte sein bäuerliches Blatt weiter aus und verlangte erfolgreich, auch an der Linth (beim Linth-Escher-Kanal) sowie am Mülibach sei bei «seinen» Grundstücken auf die Ausscheidung eines Gewässerraums zu verzichten. So wird wohl der Gemeinderat – wie er es bis jetzt auch tat – diesem Gemeindeversammlungsbeschluss folgen. Wie sich dazu allerdings Kanton und Bund vernehmlassen werden, steht noch aus beziehungsweise man könnte auch sagen: Zu hoch gepokert.

Gewächshaus – nein, danke!

Bliebe noch die Wiedererwägung der Zonenzuweisung für die Möglichkeit von Gewächshäusern in Bilten. Hier hatten die Grünliberalen sowie Tanja Simitz und Priska Grünenfelder beantragt, die entsprechende Landwirtschaftszone wieder für diese besondere Nutzung vorzusehen. Gegen die 200 Supporter des Bauernstandes – die offenbar noch wenig von der Energieverknappung und vom Megatrend zu vegan und vegetarisch gehört haben – hatten Simitz/Grünenfelder einen schweren Stand. Der ökonomisch und ökologisch sinnvollen Abwärmenutzung wurde der Gurkenriegel geschoben. Das führt dazu, dass in Zukunft dereinst mit der Energie der KVA zwar CO2 aus der Luft zurückgefiltert wird, aber keine Glarner Tomaten wachsen, die ja immerhin einen schönen Farbkontrast zum Alpkäse und den Poulet-Schnitzeln bringen würden. Ach ja, und zum Schluss noch dies: Der Antrag Niederer, den der Gemeinderat wegen einer erfolgreichen Beschwerde beim Regierungsrat ultradringlich hatte traktandieren müssen, wurde mit grossem Mehr angenommen – d.h. die 5000 Quadratmeter im nördlichen Teil der 12500 Quadratmeter grossen Parzelle werden neu der Arbeitszone zugeteilt. Doch bleibt noch offen, wer hier dereinst arbeitet: Busfahrerinnen oder Förster oder sogar beide.