Vier Ordnungsanträge

Am Freitag, 28. Mai, genehmigten die schätzungsweise 100 Teilnehmenden an der katholischen Kirchgemeindeversammlung das Budget und die Rechnung und beschlossen, den Turm innen zu renovieren sowie die Lautsprecheranlage zu ersetzen. Zudem bekam der Kirchenrat den Auftrag, sich auf fünf Mitglieder zu reduzieren. Warum das alles trotzdem drei Stunden dauerte, das versteht, wer Shakespeares Königsdramen kennt. Denn dort wie auch hier geht es nicht um die Sache, sondern darum, wer die Fäden ziehen darf.



)) Kirchenratspräsidentin Daniela Gallati blieb – trotz mehrerer Ordnungsanträge – immer die Ruhe selbst. (Foto: FJ)
)) Kirchenratspräsidentin Daniela Gallati blieb – trotz mehrerer Ordnungsanträge – immer die Ruhe selbst. (Foto: FJ)

Richard III. konnte seine Widersacher noch erschlagen und in ein Fass mit Malvasierwein werfen. So einfach ist das im Kirchenrat, einer Behörde, die sich staatskirchenrechtlich gestützt fühlt, nicht mehr. Doch, wie schreibt die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz auf ihrer Homepage? «Mit dem Miteinander – je nach Sichtweise auch dem Nebeneinander – der kirchenrechtlichen und der staatskirchenrechtlichen Strukturen entsteht eine sogenannte ‹Doppelstruktur› bzw. ein ‹duales System›. Diese Form ist eine Schweizer Besonderheit und einzigartig in der Katholischen Kirche. Die beiden Strukturen stehen in einer gewissen Spannung zueinander.» In Bewusstsein des Nebeneinanders führte Präsidentin Daniela Gallati die Versammlung – doch schon im ersten Ordnungsantrag zeigten sich die erwähnten Spannungen. Da die Glarner Katholiken kein Stimm- und Wahlrecht für Ausländer kennen, musste die Gemeinde ihrem Pfarrer Kurt Vogt zuerst das Rederecht erteilen, damit dieser ihr öffentlich erklären konnte, warum er nach einem Jahr als Pfarradministrator wieder geht und sich nicht zum Pfarrer von Näfels, Mollis und Kerenzerberg wählen lässt. Vogts Begründung: Wegen der Strukturen in Näfels koste ihn die Administration etwa 70 Prozent seiner Arbeit, Neuerungen, welche er hier – auch im Namen des Generalvikars und des Bischofs – habe umsetzen wollen, würden blockiert, selbst die einfachsten Vorgänge, etwa das Visieren der Arbeitsverträge würden ihm verweigert. «Machen Sie doch meinem Nachfolger das Geschenk, dass er Einsicht bekommt. Das innerkirchliche Personal gehört dem Pfarrer unterstellt. Und seien Sie ehrlich in Ihren Beweggründen.»

Ausscherer outen sich

Dass der Pfarrer nach einem Jahr geht, ist für die Gläubigen – insbesondere für die jungen Familien – schmerzhaft. Aber vernichtend sind die Spannungen, mit denen die Präsidentin in ihrem Rat zu kämpfen hat. Bei drei von acht Traktanden kamen aus dem Kirchenrat selbst Ordnungsanträge, welche das, was der Rat seiner Versammlung vorschlug, torpedierten. Als erstes meldete sich Martin Böni junior bei Traktandum 3 mit der Forderung, die 56 000 Franken für die Fenster im Pfarrhaus als Budgetüberschreitung getrennt zu traktandieren. Der Vorschlag unterlag aber, denn Fredo Landolt erkannte richtig, dass ja dieses Geld aus dem Renovationsfonds bezahlt wurde. Dieser wiederum besteht aus den Überschüssen vergangener Jahre. Dafür setzte sich – bei Traktandum 4 – Balz Hauser mit der Forderung durch, den Kirchensteuerfuss auf 8 statt bisher 8,5% der einfachen Staatssteuer festzulegen. Hauser rechnete dem Kirchenrat vor, dass dieser – bei 1,35 Mio. Franken Steuereinnahmen – fast 400 000 Franken Überschuss erwirtschaftet habe. Martin Böni junior unterlag mit seinem Ordnungsantrag, Kirchensanierungsarbeiten künftig als Investitionen ins Budget mit aufzunehmen. Da nützte auch die Unterstützung von Beatrice Weitnauer mit Verweis aufs kantonale Finanzhaushaltsgesetz wenig.

Absicht erkannt

Traktandum 5 – Innensanierung Kirchenturm – präsentiert von Bauchef Daniel Landolt, passierte glatt. Dafür stellten Böni/Weitnauer bei Traktandum 6 Rückweisungsantrag für die neue Mikrofonanlage. Es entspann sich eine lebhafte Diskussion rund um mangelhafte Verständlichkeit und akustische Messwerte. Auf den Punkt brachte es die junge Erika Rast: «Was ist jetzt die Meinung des Kirchenrates? Mich verwirrt, dass der Rat sich selbst widerspricht.» Und obwohl sich Bruder Martin für ein Konzept vor der Anschaffung der neuen Anlage in die Bresche warf, musste schliesslich der Pfarrer sagen, worum es geht. Seine Analogie: man kann nicht immer die Herdplatten ersetzen, irgendwann braucht’s einen neuen Herd. Peter Landolt legte mit den Worten «Wir haben hier eine Kollegialbehörde, wo zwei immer ausscheren», den beiden Ausscherern den Rücktritt nahe. Bei der Ablehnung einer neuen Anlage war dann aber Adrian Weitnauer allein auf weiter Flur, die Mehrheit sprach die 75 000 Franken dafür.

Salomonisch

Geradezu salomonisch war der Ordnungsantrag von Katalin Hauser. Sie verlangte, für den zurücktretenden Daniel Landolt niemanden mehr in den Rat zu wählen und diesen Rat zu beauftragen, sich von derzeit sieben auf fünf Mitglieder zu verschlanken. Er dürfe sich dafür ruhig einmal Hilfe aus der ganzen Kirchgemeinde holen. Ihr Antrag setzte sich mit hohem Mehr durch. Unter Traktandum 7b kam dann ein weiterer ewiger Zankapfel ans Licht: Die beiden Rechnungsrevisoren hatten gekündigt, weil die Situation mit der Stiftung Marienkirche ihnen nicht mehr tragbar erschien. Der Kirchenrat beteuerte, man suche mit der Stiftung eine vertragliche Lösung. So wird künftig die Treuhandfirma VTB Verwaltung, Treuhand und Beratung AG, Niederurnen, als Revisorenstelle eingesetzt. Die Umfrage dauerte dann noch einmal 45 Minuten und zeigte deutlich, wo der Wurm drin ist. Es war denn auch nicht der Kirchenrat, welcher den Pfarrer dankend verabschiedete. Diese schöne Geste blieb Hans Ackermann aus Mollis vorbehalten: «Mit Ihnen geht ein hervorragender Pfarrer, der mit uns einen Schritt zur Einheit in der Christenheit ging.»