Vier Schritte für einen Aufstieg

Wie gewinnt man ein Entscheidungsspiel um den Aufstieg in die 1. Liga? Der Schachklub Glarus schlägt das erfahrene und kämpferische Team von Réti Zürich 4 mit 4:2 und demonstriert dabei eine neue Methode. Lesen Sie die Gebrauchsanweisung.



Guido Neubauer (links) lieferte in seiner ersten Saison für Glarus einen Vollerfolg nach dem anderen. (Bild: zvg)
Guido Neubauer (links) lieferte in seiner ersten Saison für Glarus einen Vollerfolg nach dem anderen. (Bild: zvg)

Alles auf einmal zu bekommen, ist im Schach nicht möglich. Erfolge setzen sich aus vielen kleinen Erfolgen zusammen, vorausgesetzt natürlich, das Gegenüber mache keinen katastrophalen Fehler. Doch diese sind in Aufstiegsspielen weder beabsichtigt noch zahlreich, daher ist die Schritt-um-Schritt-Methode immer noch die erfolgsversprechendste. Der Schachklub Glarus präsentiert: die Vier-Schritte-Methode zum Aufstieg.

Erstens wild vorpreschen und zweitens gekonnt dominieren

Den ersten Schritt leitet Olga Kurapova am sechsten Brett ein. Ihre schwarzen Figuren preschen wie ein Herbststurm über die 64 Felder, wirbeln einen weissen Springer und einen Bauern vom Feld und bald schon muss der weisse König mit der farbgleichen Flagge winken. 1:0 für Glarus. Am ersten Brett dominiert Guido Neubauer schnell das Zentrum und nutzt seinen Raumvorteil, sich für den Durchbruch optimal in Stellung zu bringen. Als er zum Angriff ansetzt, bricht die gedrückte Stellung von Linus Capraro auseinander und Guido Neubauer krönt seine herausragende Saison (für die Insider: ELO-Performance von rund 2300!) mit dem 2:0 für Glarus. 

Drittens cool abwarten und viertens unerwartet zurückschlagen

Peter Fuchs am zweiten Brett tauscht früh viel Material ab, sichert danach seine Stellung und wartet, bis sein Kontrahent mürbe wird. Ein unüberlegter Zug, eine falsche Einschätzung oder ein blinder Fleck in der Berechnung entscheidet solche Partien und Peter Fuchs nutzt seine Chance, als sie kommt. Schon ist ein Bauer gewonnen und schnell mehren sich weitere Vorteile, sodass der Glarner zum 3:0 vorlegen kann. Martin Dürst, oft der Spezialist für die schnellen Angriffspartien, kommt zu Beginn nicht recht ins Spiel. Bis tief ins Mittelspiel verkeilen sich die Figuren und Dürst gerät auf dem Königsflügel sogar heftig unter Druck. Dann ist der schnelle Einschlag plötzlich doch da! Dürst reisst die Partie herum und holt für Glarus das 4:0. Damit hat die Vier-Schritte-Methode funktioniert; Glarus steigt auf.

Kampf bis zum Schluss

Wer gedacht hat, in den verbleibenden zwei Partien komme nun Kehrausstimmung auf, täuscht sich. Oswald Bürgi und Jan Selinga stehen gegen die beiden stärksten Zürcher unter Druck und kämpfen beherzt bis zum Ende. Es gelingt ihnen nicht mehr, die Partien herumzureissen, sodass die Zürcher noch zwei «Ehrentreffer» verbuchen können. Am Erfolg der Glarner ändert dies jedoch nichts mehr, die Rückkehr in die 1. Liga ist gesichert. Und nachdem alles wie am Schnürchen geklappt hat, darf man ohne Skrupel zugeben: Die Vier-Schritte-Methode gibt es eigentlich gar nicht. Die Glarner haben einfach gut Schach gespielt und verdient gewonnen. Aber was wäre ein Matchbericht ohne roten Faden?