Vom Glarnerhaus zum Tibeterhaus

Kaum eine andere Volksgruppe hat sich im Glarnerland so gut integriert wie die Tibeter. Seit 40 Jahren leben und arbeiten sie mittlerweile hier. Anlässlich dieses Jubiläums wurde vergangenes Wochenende eine Ausstellung im Leglerhaus eröffnet. Zu sehen sind traditionelle Gegenstände des Alltags, aber auch religiöse Utensilien.



Hans Marti und Rösli Streiff. Eine Gebetsmühle
Hans Marti und Rösli Streiff. Eine Gebetsmühle

«Die Tibeter leben in einer ganz anderen Welt. Auf einer Hochebene und in meinen Vorstellungen als kleiner Junge in einer märchenhaften Welt», so die einführenden und berührenden Worte von Dr. Thomas Hefti. Die Weltgeschichte spiele oft grausam und das Märchen von damals sei an der Wirklichkeit zerbrochen. Bis heute erfahre das tibetische Volk Unterdrückung, Flucht und Todesgefahren. Was vor Jahrzehnten kaum vorstellbar, ist heute aber Realität. Tibetische Kinder in der dritten Generation sprechen Glarnerdeutsch, spielen und lachen mit den hiesigen und dennoch versuchen sie, ihre Herkunft nicht zu vergessen, Sitten und Gebräuche zu bewahren. «Die Welt lebt nur in den Tibetern weiter, die das Erbe kennen, in sich tragen und weitergeben», so Hefti.

Tibetische Tänze, Musik und Buttertee

Etwas von diesem Erbe wurde den vielen Gästen am 3. Mai präsentiert. Tibetische Tänze, darunter auch ein Stepptanz, begleitet mit tibetischer Musik, entführten die Gäste in diese farbenfrohe Kultur. Dabei wurde die Musik live mit traditionellen Instrumenten wie die Laute, Hackbrett, eine Art Querflöte und die Kniegeige gespielt. Dabei symbolisierten beispielsweise drei Tänzer die drei Provinzen des Landes. Und auch kulinarische Eindrücke konnten sich die Besucher verschaffen. Neben gefüllten Teigtaschen gab es Reisschnaps und Buttertee, der vor allem durch den legendären Film «Sieben Jahre in Tibet» bekannt ist. Dieser gehaltvolle Tee aus Butter, Milch und Salz liefert den Menschen auf der Hochebene die lebensnotwendigen Kalorien.

Worte des Dankens und Mahnens

Der Präsident der Tibetergemeinschaft Schweiz und Liechtenstein, Lobsang Gangshontsang, liess es nicht aus, der Schweizer Regierung für die Aufnahme vieler seiner Landsleute zu danken. Er erinnerte an die Annektion Tibets durch China vor 60 Jahren, an die Inhaftierungen und Misshandlungen von Tausenden seiner Landsleute und die Zerstörung von mehr als 6000 Klöstern. Mehr als 130 Tibeter hätten sich in den letzten fünf Jahren verbrannt, weil sie die Situation nicht mehr länger ertragen konnten, dies habe aber nichts mit dem Buddhismus zu tun, wie er betonte. Der Einsatz aller Länder für die Sache Tibets sei sehr wichtig, denn der Verlust seiner Kultur sei ein Verlust für die ganze Weltgemeinschaft. Im Anschluss überreichte er Thomas Hefti, Hans Marti, Präsident der Thomas-Legler-Haus-Stiftung und Rösli Streiff einen Glücksschaal. Ihr Mann, Dr. Hans Jakob Streiff, war es, der massgebend am Ausstellungskonzept gearbeitet hatte.

Eine Ausstellung «wie wir es zu Hause haben»

Die Ausstellung im Leglerhaus sei kein totes Museum, sondern zeige auf lebendige Art und Weise, «wie wir es zu Hause haben» und habe hierdurch auch einen ganz besonderen Reiz, so Loten Dahortsang. Er arbeitet in Rikon am Tibeterinstitut, ist Meditationslehrer und ein exzellenter Kenner der tibetischen Geschichte und Kultur. Er konzipierte die vielen Informationstafeln für die Ausstellung und spannte in seinem Vortrag den Bogen von der Urzeit, über die Vorstellungen von Geistern und Dämonen, bis zur Einführung des Buddhismus im 7. Jahrhundert. Buddhismus sei keine Religion, habe keinen Gott, sondern sei ein Weg, bei dem der Geist ständig weiterentwickelt werden müsste.

Eine Trommel ruft zum Gebet

Unübersehbar weist nun das Leglerhaus schon von aussen auf seinen neuen Ausstellungsinhalt hin. «40 Jahre Tibeter» im Glarnerland steht geschrieben und bunte Fahnen wehen im Wind. Im Inneren bunte Teppiche und Gegenstände des Alltags. Der obere Bereich stellt mehr heilige Räume dar und ein Mönch erklärt die vielen religiösen Utensilien. Er demonstriert, wie mit der Trommel zum Gebet gerufen wird und wirft die Gebetsmühle an. Die Reisschalen seien Opfergaben. Und überall hängen Infotafeln, die Auskunft geben über die Geschichte, Geografie und Medizin, über Architektur, Kunst und Brauchtum und vieles mehr. In den unteren Räumen werden Filmausschnitte gezeigt und Masken, die bei Ritualtänzen vor Opern eingesetzt werden, um das Gebiet zu säubern.