Das Idaheim Näfels ist eine Schenkung von Ida von Müller, der Urenkelin von General Niklaus Franz von Bachmann an die Gemeinde Näfels anno 1918 «für arme Kinder». Es wurde lange durch Ingenbohler Schwestern geführt. Myriam Russo und ihr kleinerer Bruder Roberto kamen in den Endsechziger Jahren ins Idaheim Näfels, nachdem sich ihre Eltern getrennt hatten. Die Autorin schlüpft in die Rolle des zehnjährigen Mädchens und berichtet aus ihr «Idaheimzeit».
Das Buch erzählt erfrischend, offen, von der Ankunft «im silbrigen Citroen» bis zum Verlassen mit demselbigen in ihrer Pubertät. Episodenhaft schildert sie sie Tagesabläufe nach den strengen Regeln der Nonnen, ihre Schulzeit in der Dorfschule, die nicht leichten Besuchstage der Eltern, ihre Freizeit im Dorf, die Sonntagspflichten, Weihnachten im Heim, ihr Zusammenleben mit etwa zwanzig Kindern verschiedenen Alters, die Streiche der Kinder, sie beschreib die Situation als Heimkind neben den anderen Näfelser Gofen, reflektiert über ihre italienische Herkunft und die glarnerische Kultur, beschreibt und charakterisiert die drei Schwestern und die Betreuerin Marie, die Erziehungmethoden im Heim und in der Schule.
Aber es ist keine Anklagebuch über die «Zustände in Heimen» oder «Missbräuche». Näfelser Leser staunen über die Ortskenntnis, erleben ein Stück Dorfgeschichte aus der Sicht des Mädchens Myriam.
Dieses besuchte nach dem Mädcheninternat Sankt Katharina in Wil, einem Jahr Sekundarschule in Stans die Diplommittelschule in Zürich, machte die Matur und studierte Romanik, Germanistik und Psychologie an der Uni Zürich, wurde Gymnasiallehrerin für Französisch, entdeckte aber auch ihre musikalischen Qualitäten, sang in Discos, Clubs und Festivals, gab mit ihrem damaligen Mann als «Zofka» vier Alben heraus, die vor allem in östlichen Ländern (Türkei, Russland) einschlugen. Die Werbung entdeckte ihre Stimme, sie wurde «Sprecherin». Sie gebar zwei Töchter, und das Idaheimmädchen von damals «pendelte zwischen Klassenzimmer, Aufnahmestudio und Kinderzimmer» und hat – wie sie schreibt, «nun als grosse Myriam dem kleinen Mädchen zu seiner eigenen Sprache verholfen».
Leider erkrankte sie schwer und erlebte die Vernissage des Buches nicht mehr.





