Vom unverarbeiteten Produkt zur regionalen Spezialität

In einem gemeinsamen Projekt der Glarner Metzgermeister, der Viehhändler und der Bauern und Bäuerinnen sollen künftig Glarner Fleisch- und Hofprodukte zu qualitativ hochwertigen, regionalen Spezialitäten verarbeitet werden. Damit soll im Kanton Glarus mit den Bereichen Fleischverarbeitung und Direktvermarktung von Hofprodukten eine nachhaltige Wertschöpfung in der Landwirtschaft und den nachgelagerten Verarbeitungsbetrieben geschaffen werden. Dazu sind Investitionen von 7,7 Millionen Franken geplant.



Glarner Spezialität nicht nur von der Kuh: Die Erzeugnisse der Glarner Landwirtschaft sollen mit einer grösseren Wertschöpfung genutzt werden. (Bild: ehuber)
Glarner Spezialität nicht nur von der Kuh: Die Erzeugnisse der Glarner Landwirtschaft sollen mit einer grösseren Wertschöpfung genutzt werden. (Bild: ehuber)

Nach der erfolgreichen Bewilligung der Projektskizze für ein Projekt zur Regionalen Entwicklung «Glarner Fleisch- und Hofprodukte» durch das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) erfolgte Anfang November 2010 der Startschuss zur «Vorabklärung» dieser gemeinschaftlichen Projektinitiative. In der Phase der Vorabklärung wurden in mehreren Arbeitsgruppen die verschiedenen Ideen konkretisiert und Businesspläne festgelegt, die es erlauben, die weiteren Schritte für die Umsetzung der Projektidee festzulegen. Diese Abklärungen sollen noch vor den Sommerferien dem Kanton und dem Bundesamt für Landwirtschaft zur Genehmigung der sogenannten Grundlagenetappe vorgelegt werden.

Teilprojekt «Glarner Fleisch- und Wurstspezialitäten»


Gemäss der Strukturanalyse über die Land- und Alpwirtschaft sowie der Milch- und Fleischverarbeitung im Kanton Glarus (Flury & Giuliani, 2009) verlässt 3/4 des im Glarnerland produzierten Fleisches unverarbeitet den Kanton. In diesem Segment entsteht deshalb aktuell nur wenig Wertschöpfung für die Landwirtschaft. Dies könnte besser genutzt werden, wenn es gelingt, eine qualitätsorientierte Wertschöpfungskette aufzubauen.

Mit dem Teilprojekt «Glarner Fleisch- und Wurstspezialitäten» soll die Fleischproduktion im Glarnerland auf eine neue Grundlage gestellt und die Zusammenarbeit zwischen den Landwirten, Viehhändlern und den Metzgermeistern bewusster gestaltet werden. So soll durch eine markante Reduktion des Exportes von Glarner Vieh zugunsten der Schlachtung und der Verarbeitung im Kanton ein Mehrwert, d.h. mehr Wertschöpfung aus der Glarner Fleisch- und Wurstproduktion geschaffen werden. Die gesamte Wertschöpfungskette kann dadurch nachhaltig optimiert werden. Mittels eines Informationspools soll einheimisches Fleisch zeitgerecht und in der von den Metzgern benötigten Menge und Qualität von den Landwirten zur Verfügung gestellt werden. Die Qualitätsanforderungen sollen dabei einem hohen Standard entsprechen.

Folgende Produkte sollen künftig unter einem gemeinsamen Namen und einheitlichem Auftritt als Glarner Spezialitäten den Markt erobern:

Glarner Kalberwurst, Glarner Chämi Salami, Glarner Alpenkräuter Möggli, Glarner Zigerwurst, Glarner Mostmöggli, Glarner Chämischinkli, Glarner Rohwurst, Glarner Bauernspeck, Glarner Chämi-Rauchwürstli, Glarner Trockenfleisch, Glarner Powerriegel, Glarner Beef Jerky.

Das Investitionsvolumen bei den am Projekt beteiligten Metzgern und Landwirten beträgt für die 14 Projektvorhaben rund 3,9 Millionen Franken.

Teilprojekt «Direkt vum Glarner Puur»


Im Bereich Direktvermarktung von Hofprodukten sehen die Autoren der Strukturanalyse ein Potenzial als alternativen Betriebszweig in der Landwirtschaft, den es in Zusammenarbeit mit den Partnern im Kanton und alpinavera, der Kommunikations- und Vermarktungsplattform für alpine Spezialitäten, zu nutzen gilt. Durch die Verarbeitung der Hofprodukte vor Ort zu qualitativ hochwertigen, regionalen Spezialitäten kann auch in diesem Bereich mehr Wertschöpfung generiert werden.

Im Bereich Hofprodukte möchten die Initiantinnen das bestehende Sortiment an Hofprodukten mit der Produktion von Teigwaren, Brot, Sirup, Gebäck und weiteren landwirtschaftlichen Produkten kontinu-ierlich ausbauen und dazu auch alte Glarner Spezialitäten wie den Giselkäse und alte Verarbeitungsrezepte wiederbeleben.
Das Investitionsvolumen in diesem Teilprojekt beträgt rund 1,2 Millionen Franken und wird insbesondere für den Ausbau und die Infrastruktur der gemeinsamen Verarbeitungsräume benötigt.

Teilprojekt «Puuremetzg Sernftal»


Die Fleischgenossenschaft Sernftal hat heute rund 80 Mitglieder, Bergbauernfamilien, die hauptsächlich Milch und Fleisch produzieren. Sie betreibt seit 12 Jahren einen Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb, in dem die Mitglieder ihre Tiere schlachten und zerlegen lassen können. Die Landwirte nehmen in der Regel ihr Fleisch wieder zurück, um es dann selber direkt zu vermarkten. Die Metzgerei verkauft nur einen kleinen Teil des Fleisches auf eigene Rechnung. Sie schlachtet auch Tiere von Nichtmitgliedern (v.a. Jäger). Eine Vorstudie hat ergeben, dass die bestehenden Räumlichkeiten nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprechen, ein Ausbau am jetzigen Standort nicht möglich ist. Soll das Schlachtlokal also weiter betrieben werden, ist ein Neubau notwendig.

Mit einem neu zu bauenden Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb sollen die nötigen Anpassungen an die heutigen Anforderungen, insbesondere im Bereich Hygiene, erfüllt und optimale Arbeitsabläufe gewährleistet werden. Nebst der Verarbeitung der im Sernftal anfallenden Tiere soll gleichenorts auch die Verarbeitung von Hofprodukten möglich sein.
Das Investitionsvolumen in diesem Teilprojekt beträgt zirka 1,55 Millionen Franken.

Gemeinsame Vermarktung

Die Vermarktung soll für alle Produkte unter einem gemeinsamen Dach und in einem in den Grundlagen einheitlichen Erscheinungsbild (CD) erfolgen. In Anlehnung an das CD des Kantons und unter Einbezug einzelner Gestaltungselement – wie z. B. dem Glarnertüechli – soll die Wiedererkennbarkeit gewährleistet und der Bekanntheitsgrad als einzigartige Glarner Produkte gesteigert werden.
Die Kosten für die Geschäftsstelle und die Vermarktung betragen während der vier Jahre 1,55 Millionen Franken.

Weitere Etappen zum PRE


Diese gemeinsame Projektinitiative der Glarner Metzgermeister, der Viehhändler und der Bauern und Bäuerinnen steht noch am Anfang. Mit der Einreichung des Vorabklärungsdossiers an den Kanton und an das BLW wird die zweite Phase abgeschlossen, ein Entscheid zur Umsetzung ist damit aber noch nicht erfolgt.

Über das weitere Vorgehen entscheidet das BLW in Absprache mit dem Kanton Glarus. Fällt die Beurteilung durch das BLW positiv aus, soll die Grundlagenetappe im Winterhalbjahr 2011/12 gestartet werden. Mit dem Ziel, die konkrete Planungs- und Projektierungsphase bis Mitte 2012 abgeschlossen zu haben.

An die Gesamtkosten von 7,7 Millionen Franken sind ein Kantonsbeitrag von 1,7 Millionen Franken und ein Bundesbeitrag von 2,2 Millionen Franken vorgesehen. Diese Zahlen müssen in der Grundlagenetappe noch verifiziert werden. Zusätzlich muss die Restfinanzierung durch die Direktbeteiligten sichergestellt werden.