Vom Vaterland zum Morgenrot zum?

Haben Sie schon über eine neue Nationalhymne abgestimmt? Bis zum 15. Mai können Sie online aus sechs Vorschlägen auswählen. Es gibt aber auch Kritik.



Im Internet kann man über sechs Vorschläge für eine neue Nationalhymne abstimmen. (Bild: mb.)
Im Internet kann man über sechs Vorschläge für eine neue Nationalhymne abstimmen. (Bild: mb.)

Kennen Sie mehr als eine Strophe der Schweizer Nationalhymne «Trittst im Morgenrot daher» auswendig? Falls nein, befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Der Text des «Schweizerpsalms» sei schwierig zu merken, sprachlich sperrig, nicht mehr der Realität entsprechend, und die Schweiz werde nicht in ihrer heutigen politischen und kulturellen Vielfalt abgebildet, findet die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG). Sie hat deshalb einen Künstlerwettbewerb ausgeschrieben.

Als textliche Grundlage für eine neue Hymne sollen Inhalt, Sinn und Geist der 1999 in Kraft getretenen Präambel der Schweizerischen Bundesverfassung gelten. Sie basiert auf Werten wie Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden, Solidarität und Offenheit.

208 Vorschläge sind eingegangen. Eine 30-köpfige Fachjury hat in der Folge sechs Beiträge für das Online-Voting bestimmt. Drei enthalten die bisherige Melodie, zwei haben sie leicht abgeändert, ein Beitrag ist musikalisch völlig neu gestaltet.

Bis zum 15. Mai kann die Bevölkerung nun über die sechs Beiträge befinden. Erkoren werden drei Finalisten, wobei die Stimmen der Öffentlichkeit und der Jury 50:50 zählen. Vom 8. Juni bis Ende August kann dann online über diese Finalisten abgestimmt werden. Am 12. September findet das Finale im Rahmen des Eidgenössischen Volksmusikfestes in Aarau statt. Dieses wird live in der Sendung «Potzmusig» auf SRF 1 und RTS 2 übertragen, und man kann während der Sendung noch per SMS und Telefonanruf abstimmen. Diese Stimmen werden mit den online abgegebenen addiert. Sobald der Sieger feststeht, wird die SGG den Beitrag bekanntmachen und der zuständigen Bundesbehörde anschliessend als neue Nationalhymne vorgeschlagen.

Gegen das Projekt einer neuen Nationalhymne regt sich allerdings Widerstand. Insbesondere bürgerliche Politiker laufen Sturm und fordern, die Übung sei abzubrechen. Auch bei einer aktuellen Umfrage der SÜDOSTSCHWEIZ geben 79 Prozent der Antwortenden an, es brauche keine neue Nationalhymne. SGG-Präsident Jean-Daniel Gerber betont jedoch, dass es ein demokratisches Recht sei, Vorschläge zu machen.

Das stimmt natürlich. Ich habe mir die sechs Beiträge angehört (unter www.chymne.ch) und abgestimmt. Wobei für mich punkto Text und Melodie nur ein Beitrag überhaupt infrage kommt. Und anscheinend ist die Mehrheit der bisher Abstimmenden gleicher Meinung wie ich. Ich verrate nur, dass ich überzeugt bin, die bisherige Melodie müsse beibehalten werden. Diese verursacht bei mir nämlich immer noch Gänsehaut, wenn ich sie höre. Da gibt es für mich absolut keinen Grund, die Musik zu ändern. Vom Text her hingegen bin ich offen – und finde eine der sechs Varianten durchaus passend.

Ob es dereinst eine neue Nationalhymne geben wird, steht in den Sternen. Aber abstimmen kann man trotzdem, da vergibt man sich ja nichts. Tun Sie es doch auch!