Mit PV-Anlagen den eigenen Strom produzieren, Wärmepumpen zum Heizen installieren, Abwärme nutzen, ein Fernwärmenetz aufbauen: Der Weg zu einer klimaneutralen Schweiz beginnt auch im Kleinen. Das ist die Vision der Glarner Klimabewegung. Sie setzt sich ein für ein «klimaneutrales Glarnerland» und will damit Vorbild für andere sein. Wie geht die Glarner Klimabewegung das an? Und wie steht die Glarner Regierung zu den Ideen und Visionen?
Energeiaplus hat bei Lisa Hämmerli – sie gehört zu den «Gründerinnen» der Glarner Bewegung – und bei Regierungsrat Kaspar Becker nachgefragt.
Energeiaplus: Kaspar Becker, Sie pflegen einen regelmässigen Austausch mit den Vertreter/-innen der Glarner Klimabewegung. Wie kommt das?
Kaspar Becker: Die Klimabewegung in Glarus ist konstruktiv und kreativ. Das gefällt mir. Sie sucht die Aufmerksamkeit nicht mit wilden Demonstrationen, sondern setzt auf Aufklärung.
Ausserdem ist mir klar: Wir müssen jetzt handeln – auch als Kanton. Denn: Im Kanton Glarus erleben wir die Klimaveränderungen hautnah. Stichwort: Felsstürze oder Murgänge.
Energeiaplus: Die Glarner Regierung ist Ihnen wohlgesinnt. Wie hat die Klimabewegung das geschafft?
Lisa Hämmerli (lacht): Das war nicht ganz von Anfang an so. Im August 2019 organisierten wir im Vorfeld der nationalen Wahlen eine Info-Veranstaltung, zu der wir den Klimaforscher Thomas Stocker eingeladen hatten. Im Anschluss ans Referat gab es eine Podiumsdiskussion mit Glarner Politikern, die fürs nationale Parlament kandidierten. Die Aula der Kantonsschule in Glarus war voll. Das hat niemand so erwartet, und diese grosse Resonanz hat uns sehr gefreut. Es war ein wichtiger Wendepunkt für die Akzeptanz unserer Anliegen.
Zu diesem Anlass haben wir auch die ganze Glarner Regierung eingeladen. Sie hat uns aber abgesagt.
Kaspar Becker: Zu diesem Zeitpunkt waren zahlreiche politische Vorstösse zum Thema Klima bei der Regierung hängig. Diese Vorstösse wären an dieser Veranstaltung sicher aufgegriffen worden. Die offiziellen Antworten der Regierung standen aber noch aus. Wir wollten uns da deshalb nicht instrumentalisieren lassen. Wir haben den Vertreter/innen der Klimabewegung aber angeboten, im kleinen Rahmen das Gespräch aufzunehmen. Und diese Gespräche führen wir seither regelmässig.
Die Glarner Klimabewegung hat 2019 Aufsehen erregt mit der kleinsten Klima-Demo der Schweiz mit etwa 30 Teilnehmenden. Im Oktober 2020 entstand der Verein Klima-Glarus.ch, welcher nun im Aufbau ist. Die Kerngruppe, rund ein Dutzend Personen, trifft sich jeden Freitag, um an verschiedenen Projekten zu arbeiten.
Die Klimabewegung partizipiert am politischen Prozess bei klimarelevanten Traktanden an der Landsgemeinde oder an Gemeindeversammlungen, so zum Beispiel am 29. November 2019 in der Gemeinde Glarus für den Klimarappen.
Energeiaplus: Was unterscheidet die Glarner Bewegung von Klimaaktivist/-innen andernorts, Lisa Hämmerli?
Lisa Hämmerli: Wir sind eine sehr heterogene, also diverse Bewegung. Gymnasiastinnen, Lehrlinge machen mit, aber auch Pensionierte, Ingenieure, Unternehmer, Angestellte und Fachleute. Auch wir machen Demos. Aber im Unterschied zu den grossen Städten, kennt im Glarnerland jeder jeden. Man exponiert sich also einerseits mehr, weil das Verstecken in der Anonymität nicht möglich ist. Aber es ist auch einfacher, mit den Menschen in Kontakt zu kommen und einen konstruktiven Dialog aufzubauen, unabhängig von der Parteizugehörigkeit.
Wir suchen die Aufmerksamkeit mit anderen kreativen Aktionen. Im letzten Mai haben wir zum Beispiel eine Schuh-Demonstration gemacht. Wegen Corona war ein Zusammentreffen von Menschen nicht angezeigt. Wir haben darum Schuhe stellvertretend auf einen Platz gestellt. Im September haben wir auf dem Rathausplatz zusammen die Klimasuppe ausgelöffelt und neulich beim Wintereinbruch eine «Schneefrau» gebaut, die im Hauptort still für Klimagerechtigkeit demonstriert.
Energeiaplus: Die Vision der Glarner Bewegung ist, der erste klimaneutrale Kanton der Schweiz zu sein. Kaspar Becker, wie beurteilen Sie diese Perspektive?
Kaspar Becker: Aufgrund der geographischen Ausgangslage ist das bei uns durchaus realistisch. Wir haben nur eine Hauptverkehrsachse und keinen Durchgangsverkehr. Der Kanton ist überschaubar. Hier sehe ich Möglichkeiten für «Feldversuche» bei der Mobilität in Zusammenarbeit mit dem Bund. Es laufen zudem verschiedene Projekte im Energiebereich, wie die Erhöhung des Biogasanteils in der Gasversorgung oder zur CO2-Abscheidung und Speicherung bei grossen CO2-Emittenten.
Ausserdem: Es gibt verschiedene Beispiele, bei denen der Kanton Glarus bewiesen hat, wie progressiv er sein kann. Denken Sie nur an das Stimmrechtsalter 16 oder die Reduktion auf drei Gemeinden im Kanton. Beides hat die Landsgemeinde beschlossen.
Energeiaplus: Kaspar Becker, wo hat die Klimabewegung Spuren hinterlassen bislang?
Energeiaplus: Wo will die Klimabewegung 2021 Akzente setzen?
Energeiaplus: Wie realistisch ist diese Idee für Sie als Regierungsrat?
Das Interview führte Brigitte Mader, Kommunikation Bundesamt für Energie