Die Welt der Bücher bietet neben anderen Medien einen Einstieg in den Überfluss und die Weite der Sprache; in eine reichhaltige, fast übersprudelnde Wortwelt. Es besteht die Qual der Wahl. Hilfen bieten Erwachsene, Lehrkräfte und Freunde dann, wenn man bei der Auswahl einfach nicht mehr weiterkommt.
Um diese ungeheure Vielfalt ein klein wenig einzuschränken, aber gleichzeitig die Freude an der geschriebenen Sprache zu wecken und zu fördern, hat die Kulturbuchhandlung Wortreich in Glarus im Jahre 2009 von sich aus den Glarner Vorlesewettbewerb ins Leben gerufen und sich mit diesem Vorhaben an Vorgaben aus Deutschland orientiert. Derartige «Kräftemessen» sind in unserem Nachbarland seit mehr als 50 Jahren bekannt und geniessen verdiente Beachtung. Der glarnerische Wettbewerb ist für die gesamte Schweiz einzigartig und gerade deshalb umso bemerkenswerter. Das Vorgehen bis zur Siegerehrung wickelt sich immer gleich ab. Von der Buchhandlung aus, verantwortlich sind die Geschäftsführerin Christa Pellicciotta mit ihrem Team, werden die Lehrkräfte der jeweiligen fünften Primarklassen im ganzen Kanton mit der Bitte ums Mitmachen angeschrieben. Alles ist freiwillig und hängt vom Interesse der Klassenverantwortlichen ab. Im Wissen um die Bedeutung der Sprachfertigkeit, des Ausdrucksvermögens, des passenden und interessierenden Formulierens, des Wortschatzes und der Beherrschung der Rechtschreibung wäre eine grössere Beteiligung durchaus sinnvoll.
In diesem Jahr war Glarus Süd mit sechs, Glarus Nord mit zwei und Glarus mit drei Klassen vertreten. Nach festen Vorgaben wurde in den Klassen jenes Kind Sieger, das am besten abschnitt. Die Erstrangierten der jeweiligen Klasse wurden zum Vorlesen eingeladen und durch eine kompetente von der Buchhandlung Wortreich eingesetzte Jury angehört und beurteilt. Ihr gehören – wie in den Vorjahren – Claudia Kock Marti, Martin Beglinger und Lukas Sarasin an. Ist dieser Prozess abgeschlossen, kommt es für die drei Erstplatzierten zum Treffen vor dem Publikum, selbstverständlich wieder in Anwesenheit der korrekt und einfühlend urteilenden Jurymitglieder.
Tierisch ernst ging es in der Buchhandlung gar nicht zu und her. Ein klein wenig aufgeregt wirkten die drei Siegerinnen der jeweiligen Region. Es waren Isabel Iglesias aus Elm (Glarus Süd), Jael Mundwiler, Ennenda (Glarus) und Sophia Zehnder aus Mollis (Glarus Nord). Zum Publikum zählten natürlich Eltern, Geschwister, nahe Bekannte und Freunde und die Gemeindepräsidenten von Glarus, Christian Marti sowie von Glarus Nord, Martin Laupper. Entschuldigen musste sich wegen der gleichentags stattfindenden Gemeindeversammlung das Gemeindeoberhaupt von Glarus Süd, Mathias Vögeli. Es ist wirklich erfreulich, dass sich die Spitzen der Politprominenz für dieses Verweilen so nachhaltig interessieren und die Erstplatzierten auch mit einem passenden, verdienten Preis belohnen, neben dem passenden Paket aus der Buchhandlung, beinhaltend ein Hörbuch, Büchergutschein, einem weiteren «Bhaltis» und der Siegerurkunde.
Dann startete der Event. Die lesefreudigen Mädchen hatten sich vorgängig mit dem Buch «Mein Sommer mit Mucks» von Stefanie Höfler befasst. Johanna Lehmann, angehende Buchhändlerin, amtete als «Schicksalsgöttin». Die Reihenfolge der Vorlesenden wurde schon mal festgelegt, dann übergab Christa Pellicciotta den jeweiligen Text – und los gings. Zuweilen etwas leise, in flüssigem Tempo, fast ohne Aussetzer, mit erstaunlicher Fertigkeit und einigem Geschick, sogar mit locker eingestreuten Kunstpausen, Hervorheben von Bedeutsamem, kleinen Lachern erfolgten die kleinen Lesungen. Wenig später ging es mit einem ausgewählten, den Vorlesenden noch unbekannten Zeitungstext zum Thema «Halloween und Präsenz der Polizei» weiter. Die Jurymitglieder hörten – auftragsgerecht – mit hoher Aufmerksamkeit zu. Dann zogen sie sich zur Beratung zurück. Das Warten begann.
Und dann stand die strahlende Erstplatzierte, Isabel Iglesias aus Elm, fest. Die Urkunde überreichte der Molliser Marc Bachmann, Sieger des Vorjahres. Sie erhielt ein ganz klein wenig mehr Applaus als Jael Mundwiler und Sophia Zehnder. Glücklich waren alle; nun im Besitz des hochverdienten Preises. Im nächsten Jahr soll es weitergehen, vielleicht mit einer etwas grösseren Beteiligung.
Vorlesewettbewerb mit Siegerin – Isabel Iglesias aus Elm
Mit Berichten, Geschichten und Bildern wird die Menschheit geradezu überschwemmt. Die Vielfalt ist nicht immer gleichermassen willkommen. Ungutes steht neben Positivem, Überflüssiges neben Nützlichem, Erheiterndes neben Dummem, Verletzendes neben Aufbauendem. Einiges beansprucht unbotmässig weiten Raum, geniesst zuweilen unnötig hohen Stellenwert. Einiges ist von Interesse, anderes hat höchstens Papierkorbqualität. Dann wieder sieht man weg, will gar nichts wissen – oder man widmet sich Ausgewähltem mit Interesse, Anteilnahme, Neugierde und Vergnügen.