Wann ist man alt?

Die eidgenössischen Räte debattieren derzeit über die Altersreform. Momentan sind National- und Ständerat weit weg von einer Einigung. Aber wann ist man denn eigentlich alt?



Nicht alle Schreiben
Nicht alle Schreiben

Zum Glück sind die heutigen Jungen anders erzogen und stehen nicht mehr auf, um einem im Zug oder im Bus Platz zu machen. Sonst käme man sich noch älter vor. Dies sagt ein Mann, der mit seinen 65 Jahren laut Weltgesundheitsorganisation zu den «jungen Alten» gehört. Zehn Jahre später wird er einfach «alt» sein. Ab 80 wird er zu den «alten Alten», ab 90 zu den «ältesten Alten» gehören.

Die Frage, ab wann man alt ist, spaltet die Gemüter. Ärzte sprechen von «Alterspatienten», wenn diese 70 Jahre alt sind. Auch Befragungen zeigen, dass alt sein gefühlt mit 70 beginnt. Es gibt aber durchaus ältere Leute, die sich noch gar nicht alt fühlen. Denn Altern ist individuell – ein langsamer Prozess der Veränderung und der Wandlung innerhalb eines Lebens.

70-Jährige sind heute viel rüstiger als früher. Die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt ist in der Schweiz im Laufe des 20. Jahrhunderts stark angestiegen. Im Glarnerland liegt sie laut dem Bundesamt für Statistik bei 80,1 Jahren für Männer und 85,1 für Frauen. Und dann gibt es ja noch das biologische Alter, welches deutlich unter dem biografischen liegen kann. Im Internet gibt es Tests, mit denen man dieses biologische Alter eruieren kann. Ob sie tatsächlich richtig sind, bleibe mal dahingestellt.

Wie alt man sich fühlt, ist also ganz unterschiedlich. Bisher habe ich mich nicht gross um dieses Thema gekümmert. Nun steht mir aber ein runder Geburtstag bevor, der mir zugegebenermassen etwas Mühe bereitet. Frage ich Gleichaltrige, reagieren die meisten wie ich. «Ich bin an meinem 60. Geburtstag sicher nicht zu Hause», meint eine Freundin. Eine andere hat zwar Einladungen verschickt, aber erst nach langem Ringen mit sich selbst, wie sie sagt. Mir steht die Entscheidung noch bevor.

Ironie des Schicksals: Während ich diese Kolumne schreibe, legt mir der Pöstler eine «Einladung zum kostenlosen Pensionierungs-Seminar» in den Briefkasten. «Wichtige Schritte im Leben sollten gut und rechtzeitig vorbereitet sein», heisst es da. Wie bitte? Erstens frage ich mich, weshalb die auswärtige Firma überhaupt mein Alter kennt. Und zweitens bin ich ja noch weit weg von der Pensionierung.

Das Schreiben kommt bei mir gar nicht gut an. Jetzt verstehe ich meinen Mann, der jeweils geharnischt auf solche Dinge reagiert hat. Bei ihm konnte ich noch lachen. Aber jetzt, da ich selber betroffen bin, hat der Spass ein Ende. Das Seminar werde ich sicher nicht besuchen. Sooo alt bin ich ja noch nicht. Auch wenn ich mich seit dem Erhalt der Einladung um Jahre älter fühle!