Warum impfen? Franca Paravicini

Glarnerinnen und Glarner berichten vom Leben in der Pandemie. Wie haben sie sich informiert und was führte zu ihrem Entscheid für eine Impfung gegen das Coronavirus? Eine lose Serie während der Kampagne «Gemeinsam aus der Pandemie».



Franca Paravicini ist Pflegefachfrau, Bestatterin und Impfbefürworterin • (Foto: zvg)
Franca Paravicini ist Pflegefachfrau, Bestatterin und Impfbefürworterin • (Foto: zvg)

«Von der Wiege bis zur Bahre. So lässt sich meine berufliche Laufbahn kurz beschreiben. Angefangen als Pflegefachfrau, habe ich später, wie man das damals noch bezeichnete, als Oberschwester Chirurgie, Frauenklinik und Wochenbett im Kantonsspital Glarus gearbeitet. Jetzt arbeite ich als Bestatterin im Krematorium Nordheim in Zürich. Dort richte ich die Verstorbenen für ihren letzten Weg her und betreue ihre Angehörigen. Diese Aufgabe ist zwar mit viel Traurigkeit verbunden, aber sie ist auch sehr befriedigend und ich erfahre viel Dankbarkeit. 

Während der zweiten Welle der Pandemie über das Jahresende 2020/21 waren wir sehr stark gefordert. Das Krematorium wurde vom Einschicht- zu einem Zweischichtbetrieb hochgefahren. Notaufbahrungen mussten organisiert werden, weil die Kühlräume für die Verstorbenen nicht mehr ausreichten. Durch meinen Beruf habe ich mich zwar an den Tod gewöhnt, aber damals kam ich an meine Belastungsgrenze. Die Corona-Toten, das waren nicht nur betagte Menschen. Wir haben immer wieder Frauen und Männer aus der Lebensmitte bestattet. Und auch Junge. 

Das Trauern und Abschiednehmen war für die Angehörigen sehr schwierig. Um vor einer Ansteckung geschützt zu sein, mussten sie strenge Sicherheitsvorkehrungen einhalten. Es fiel mir schwer, hier einzugreifen. Aber ich musste weinende Angehörige darauf aufmerksam machen, dass sie ihre Masken auch in dieser schwierigen Situation tragen müssten. Wir durften die Särge wegen der Ansteckungsgefahr anfänglich nicht öffnen. Menschen mussten Abschied nehmen, ohne ihre lieben verstorbenen Angehörigen zu sehen. Das war schrecklich. 

Unter anderem aufgrund dieser Erfahrungen habe ich mich impfen lassen. Ein weiterer Grund war, dass meine Partnerin älter ist als ich und es in meinem Umfeld Menschen aus der Risikogruppe gibt. Ich wollte mein Möglichstes dazu beitragen, um die Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten. Persönlich habe ich wenig Angst vor einer Ansteckung. Auch ich habe das Gefühl, über ein gutes Immunsystem zu verfügen. Aber ich bin auch eine optimistische Person mit einer guten Resilienz. Trotzdem habe ich mich aus Überzeugung impfen lassen. Mir hat bisher niemand ein gutes Argument gegen die Impfung geliefert. Und mich stört der aggressive Ton, mit dem die Meinungen teilweise vertreten werden.

Leider wird uns das Thema auch nach einer Boosterimpfung weiter beschäftigen. Das Coronavirus ist nicht besiegt. Für diese Zeit wünsche ich mir, dass wir Rücksicht aufeinander nehmen und solidarisch mit den Geschwächten sind. Die Impfentscheidung muss persönlich gefällt werden können. Aber jede und jeder sollte sich auch die Konsequenzen gut überlegen, die für Mitmenschen entstehen können. Es wird bei uns auf sehr hohem Niveau gejammert. Der Blick auf andere Länder zeigt deutlich, dass Menschen nicht überall so gut sozial abgefedert sind wie in der Schweiz.»

Aufgezeichnet von Daniel Hauri