Was braucht ein Tageskind?

Wer Tageskinder betreuen will, muss seit 2011 eine obligatorische Ausbildung absolvieren. Wir waren an einem Kursmorgen in Niederurnen mit dabei.



Mit viel Engagement gestalten die Tagesmütter ein Plakat mit den Werten
Mit viel Engagement gestalten die Tagesmütter ein Plakat mit den Werten

Es ist ein heisser Freitagvormittag im Jakobsblick Niederurnen. 15 Tagesmütter – sechs aus dem Glarnerland, acht aus dem Linthgebiet und eine aus dem Sarganserland – befassen sich auf Anleitung von Melanie Kistler mit dem Thema «Die Beziehung zum Tageskind positiv gestalten». Insgesamt müssen die Tagesmütter obligatorisch vier Kurstage absolvieren, die der Verband Tagesfamilien Ostschweiz durchführt. Der aktuelle Kurs ist einer von sechs in diesem Jahr und beinhaltet zwei Tage in Schänis sowie zwei in Niederurnen.

Welche Werte vermitteln?

Bei unserem Besuch geht es vor allem um Werte, Erziehungsziele und Bedürfnisse der Kinder. Nach dem Definieren von eigenen Werten sammeln die Frauen gruppenweise, welche Lebenswerte sie den Kindern vermitteln möchten. Aus zwölf Werten bauen sie ein Haus und zeichnen darum herum unterstützende Erziehungsmassnahmen.

Anschliessend werden die Plakate mit Symbolen versehen und diskutiert. Wie setzt man Grenzen? Wie stehts mit dem Sackgeld? Wie verhalte ich mich einem Kind gegenüber, das einer uns fremden Religion angehört? Für die Tagesmütter ist es notwendig, klare Absprachen mit den abgebenden Eltern zu treffen. Es geht bei dieser Sequenz allerdings mehr um allgemeine Erziehungsthemen. «Ich hätte gerne mehr Beispiele aus dem Alltag», sagt eine Frau, worauf ganz konkrete Situationen angesprochen werden. «Entscheidend ist unsere Vorbildfunktion», so das Fazit am Schluss.

Reflektieren ist wichtig

Melanie Kistler ist es wichtig, dass sich die Frauen viele Gedanken machen über ihre Erziehungsarbeit, die als öffentlicher Auftrag im privaten Raum stattfindet. «Im Kurs haben sie den Austausch mit anderen Tagesmüttern, was sehr geschätzt wird», so die Kursleiterin. Sie hört von den Teilnehmerinnen denn auch immer wieder, dass sie die Ausbildung jeder Mutter – ob Tagesmutter oder nicht – empfehlen würden. «Vieles kennt man schon, aber es wird einem bewusster im Kurs», lautet die übereinstimmende Rückmeldung. Auch Männer sind übrigens willkommen – und haben vereinzelt auch schon mitgemacht.

Weitere Themen im Kurs sind «Kinder brauchen Be-Achtung», «Das Kind in zwei Familien», «Aufgaben und Alltag der Tageseltern», «Die Würde des Kindes ist unantastbar» sowie «Miteinander reden und verhandeln». Nach Absolvierung der vier Kurstage bekommen die Teilnehmenden das Zertifikat «Tagesmutter/Tagesvater» nach den Richtlinien von Tagesfamilien Schweiz. So sind sie gerüstet, um der verantwortungsvollen Aufgabe als Tageseltern gerecht zu werden und eine positive Beziehung zum Tageskind aufzubauen und zu bewahren.