«Wasser, marsch?»

Wer kennt ihn nicht, den berühmten Feuerwehrbefehl. Am Freitagabend, 19. November, allerdings ging er in die Gegenrichtung – also quasi: «Wasser, halt!» Sonst aber wurde, trotz ernster Bedenken, an der Gemeindeversammlung Glarus Nord gesittet diskutiert und letztlich weitgehend dem Gemeinderat gefolgt.



«Wasser, marsch?»

In der ersten der drei Stunden widmete sich die Versammlung dem Budget und dem Finanzplan. Nachdem Gemeindepräsident Thomas Kistler das Budget vorstellte, welches von zwei Prozent Bevölkerungswachstum ausgeht und bereits einen Aufwandüberschuss von 491 700 Franken vorsieht, trat Hansjörg Stucki, Oberurnen, mit mahnenden Worten vor die Versammlung. Mit Verweis auf Traktandum 16, wo ein Verpflichtungskredit über 37,5 Mio. Franken für das Schulhaus Obererlen, Näfels, genehmigt werden sollte, gab er im Rahmen des Finanzplanes zu bedenken, dass das Fremdkapital der Gemeinde Glarus Nord von 99,2 Mio. Franken Ende 2020 auf 182,6 Mio. Franken im Jahr 2025 ansteigen würde. «Wäre eine solche Schuldenlast mit einem normalen Zinssatz noch tragbar?», fragte er. Zudem fragte er nach dem Energierichtplan der Gemeinde und beantragte, dafür 100 000 Franken ins Budget einzustellen. Der Gemeindepräsident antwortete ihm: «Der Richtplan ist bereitgestellt und wird bald publiziert.», worauf Stucki seinen Antrag zurückzog. Ähnlich verfuhr Nadine Landolt Rüegg, Näfels, welche namens der Grünen im Budget 75 000 Franken einstellen wollte, um den Langsamverkehr als gleichberechtigten Partner im Gesamtverkehrskonzept zu berücksichtigen. Gemeindevizepräsident Bruno Gallati antwortete darauf, mit den bereits 150 000 Franken für dieses Konzept werde ein spezielles Augenmerk auf den Langsamverkehr und die Schnittstellen zum öffentlichen Verkehr gelegt. Nadine Landolts Antrag unterlag in der Abstimmung. Peter Landolt, Näfels, erklärte namens der Mitte zuhanden des Protokolls, man solle mit den 300 000 Franken eine saubere Auslegeordnung in Sachen Werkhöfe erstellen. Gegen einen zentralen Werkhof sprechen, so Landolt, der Mehrverkehr, den das ergebe, der Zeitverlust für die Mitarbeitenden insbesondere aber die Kosten – und auch er verwies auf die fast 100 Mio. Franken Fremdkapital in der Bilanz. Die beiden Budgets (Erfolgsrechnung und Investitionsrechnung) wurden darauf angenommen.

Beim Steuerfuss beantragte Roger Schneider, Mollis, namens der FDP die Senkung auf 64%. «Der Gemeinderat hat einen besorgniserregenden Umgang mit den Ausgaben. Mit etwas Disziplin wäre es möglich, die Ausgaben zu senken.» Adrian Hager sekundierte Schneider namens der SVP. «Die Zukunft kommt immer besser, als sie vorausgesagt wird. So waren auch die Abschlüsse der letzten 3 Jahre besser, als budgetiert. Der Gemeinderat hat zu konservativ budgetiert.» Als Mitglied der Schulkommission beantragte Nadine Landolt Rüegg, die Senkung abzulehnen. Gemeindepräsident Thomas Kistler gab bei der beantragten Senkung zu bedenken: «Der Steuerertrag sinkt um 700 000 Franken, damit erhöhen Sie das Defizit um diesen Betrag.» So wurde auch der Steuerfuss nicht gesenkt, und sowohl die Festlegung des Bausteuerzuschlags auf 1,5 Prozent wie auch der Finanzplan passierten ohne Wortmeldung.

Zweimal Wasser

Sowohl in Traktandum 3 wie in Traktandum 10 ging es ums Wasser – zuerst ums Wasserreglement, danach um den Hochwasserschutz 2. Etappe am Rosenbord. Bei beiden Traktanden monierten die Bürger, sie hätten nicht genügend Informationen. Beim Hochwasserschutz hatte die Geschäftsprüfungskommission im Memorial noch Rückweisung des Geschäftes verlangt, GPK-Präsident Rolf Stöckli zog den Rückweisungsantrag aber an der Versammlung zurück, denn: «Die Dokumente wurden aufgeschaltet und am Info-Abend wie auch heute Abend gezeigt.» Laut Bruno Gallati geht es darum, für seltene und sehr seltene Ereignisse das Fassungsvermögen der Retentionsbecken von 500 auf 1500 Kubikmeter zu erhöhen. Sowohl Viktor Sieber wie auch Hansruedi Stüssi, Niederurnen, hielten das Projekt für überdimensioniert und verlangten Rückweisung. Bruno Gallati versprach, es gebe relativ kleine Geländeveränderungen und 1,5 Meter hohe Dämme, so wurde das Projekt mit grossem Mehr genehmigt.

Wegen fehlender Unterlagen zurückgewiesen wurde das neue Wasserreglement der Gemeinde. Rund 30 Minuten dauerte diese Diskussion. Weil der Preisüberwacher die Gebührenmodelle bei Wasser und Abwasser, insbesondere die Zonengewichtung sowie das Verhältnis von Grund- und Mengengebühren beanstandet hatte, hatte die Verwaltung ein neues Reglement ausgearbeitet und eine Mitwirkung durchgeführt. Bruno Gallati zeigte eine Folie, welche aufzeigte, dass sich für 80 Prozent der Wasserbezüger die Gebühren im Bereich von +/- 20 Prozent bewegen werden. Priska Müller Wahl, Niederurnen, stellte namens der Grünen Rückweisungsantrag mit dem Auftrag, aufzuzeigen, wie der neue Staffeltarif sich gegenüber heute verändert – und zwar bei den Bezügern –, und ein Tarifsystem auszugestalten, welches das Sparen von Wasser und Abwasser belohnt. Thomas Tschudi, Näfels, stellte namens der SVP Rückweisungsantrag für beide Reglemente. «Wir wollen sehen, wie der Tarif aussieht und wollen Modellrechnungen.» Die Regenwassergebühr sei durch ein anderes Modell zu ersetzen. Mit Andreas Zweifel, Niederurnen, hieb auch die FDP in diese Kerbe. Beat Noser, Oberurnen, sagte voraus, es werde massive Verschiebungen geben, insbesondere bei jenen, welche das Wasser in einen Vorfluter leiten. Und obwohl der Gemeindepräsident auf die Kosten der Rückweisung hinwies und sagte, dass die Tarife angepasst werden müssen, und obwohl Bruno Gallati den degressiven Kubikmeterpreis verteidigte, und obwohl Ruedi Knöpfel, Näfels, das Reglement gleich beraten wollte, gingen die beiden Reglemente zurück an den Absender.

Was ohne Widerstand geschah

Die Statutenanpassung des Abwasserverbandes Glarnerland AVG, der Brutto-Gesamtkredit von 198 Mio. Franken zur Realisierung des Projektes «KVA Linth 2025», der jährliche Verpflichtungskredit von 163 000 Franken für Tourismus und Freizeit Glarnerland, die Schulhardware, der Radbagger sowie die Sanierungskredite Forenwald und Oberrütelistrasse, Mollis, Bahnhofstrasse, Oberurnen, sowie Wasserleitung am Linthli und Schwärzistrasse, Näfels passierten ohne Wortmeldung.

Was mit Widerstand geschah

Der in Traktandum 2 angekündigte Rückweisungsantrag von Hansjörg Stucki in Traktandum 16 – Verpflichtungskredit 37,5 Mio. Franken für den Schulhausneubau Obererlen – unterlag. Stucki forderte dieses Ausgabenbedürfnis auf Notwendigkeit und Tragbarkeit zu prüfen. Mit grossem Mehr beschloss die Versammlung den Kredit. Gemeinderat Kaspar Krieg legte dar, dass es neben den kurzfristigen Massnahmen mittelfristig – also 2025 – ein neues Schulhaus braucht und dass es dort – nahe beim Schulhaus Schnegg – auch richtig liegt. Zudem werde es mit Minergie gebaut und produziere Solarstrom. Die Finanzierung gehe nicht über die Gemeindesteuern, sondern es sei ein Bausteuerzuschlag von 1,5 Prozent dafür geplant. Auch Ruedi Schwitter, Näfels, namens der GLP, Priska Grünenfelder, Niederurnen, namens der SP und Roger Schneider, Mollis, setzten sich für das Geschäft ein.

Am heftigsten war die Gegenwehr natürlich bei der in Traktandum 6 beantragten Genehmigung der Jahresrechnung 2020 der Technischen Betriebe Glarus Nord. Die Gemeindeversammlung vom 11. Juni hatte das Geschäft auf die Herbstgemeindeversammlung vertagt und der GPK den Auftrag erteilt, zu den Ereignissen im Jahr 2020 bei den TBGN einen schriftlichen Bericht vorzulegen. Allein 39 Seiten umfasste dieses kleingedruckte Dokument, das sowohl auf Ebene Gemeinderat wie auf Ebene Verwaltungsrat jeweils mehr als ein Dutzend gravierende Mängel feststellt. Dreiviertel Stunden dauerte die Debatte, doch schliesslich wurden die Rechnung und auch der Bericht mit grossem Mehr genehmigt. Herbert Wanner, namens des Verwaltungsrates, und Rolf Stöckli namens der GPK, schufen in ihren Voten die Basis, damit die Stimmbürger ihr Vertrauen zurückgewinnen konnten. Stöckli versprach: «Im nächsten Halbjahr schauen wir, wie sie vorgehen und die Mängel beheben. Wir sehen, dass beide Gremien den Bericht ernst nehmen. Wir haben nichts entdeckt, was die Rechnung revisionsbedürftig machen würde. Zudem ist die Zustimmung keine Entlastung für die Verwaltungsrat.» Natürlich dürfen wenigstens ein paar Stichwörter der Gegnerschaft nicht fehlen: Peter Straub, Näfels, forderte, «dass uns die Boni zurückgegeben werden und dass das absurd hohe Eigenkapital der TBGN zurückgezahlt wird.» Urs Zimmermann, Niederurnen, sprach von einer «Reise mit einer Geisterbahn» und von «Omertà-Methoden». Akribisch schilderte er, was es braucht, um dieses systemische Problem zu beheben, und präsentierte eine ganze Reihe von Anträgen, welche er jedoch zurückzog, als ihm der Gemeindepräsident aufzeigte, dass die Liste der Mängel ernst genommen würde. Vielleicht sollte man es tatsächlich halten wie Ruedi Schwitter, Näfels, der Annahme von Rechnung und GPK-Bericht beantragte mit den Worten: «Ich lese manchmal einen Krimi. Die GPK zeigt uns zwar akribisch auf, was suboptimal lief. Aber es lohnt sich, die Rolle der Akteure zu beobachten, nicht die schöne Umgebung.» Schwitter forderte schriftliche Stellungnahme des Gemeinderates – doch da bereits die GPK darüber Bericht erstattet, unterlag sein Antrag. Adrian Hager, Niederurnen, nahm namens der SVP den Bericht der GPK zur Kenntnis. «Wir erwarten von Gemeinde- und Verwaltungsrat, dass sie die Lehren daraus ziehen.»