Wein statt Wasser

Die heissen Sommertage nach dem schneearmen Winter setzen auch den SAC-Hütten zu. Noch ist bei uns die Wasserversorgung sichergestellt. Doch ohne sparsamen Umgang mit dem kostbaren Nass geht es nicht.



In und vor der Fridolinshütte am Fusse des Tödis kann man herrlich entspannen. (Bilder zvg)
In und vor der Fridolinshütte am Fusse des Tödis kann man herrlich entspannen. (Bilder zvg)

Eigentlich wären die Voraussetzungen für herrliche Berg- und Hüttenerlebnisse in den Alpen sehr gut. Aber der prächtige Sommer hat auch seine Kehrseiten. Da in vielen Regionen im vergangenen Winter wenig Schnee gefallen und dieser auch schneller geschmolzen ist, haben diverse SAC-Hütten bereits mit Wasserknappheit zu kämpfen.

Im Glarnerland sei die Versorgung aktuell sichergestellt, sagt Markus Küng, Hüttenobmann der Sektion Tödi. Es werde aber sparsam mit dem kostbaren Gut umgegangen. Sollten ergiebige Gewitter über den Hütten niedergehen, sei die Gefahr einer Knappheit etwas gebannt. Trotzdem gebe es bereits Pläne, um bei einer Knappheit die Wasserversorgung sicherzustellen.

«Seit Jahren bewusst»

Der Schweizer Alpen-Club hat sich dem Thema schon lange angenommen – es ist Teil seiner längerfristigen Klimastrategie. «Der SAC Zentralverband und die hüttenbesitzenden Sektionen sind sich der Problematik der Wasserversorgung seit Jahren bewusst und berücksichtigen sie in ihrer Planung. Langfristig ist davon auszugehen, dass der Klimawandel mit Gletscherschwund und fehlendem Schnee zu einer Verknappung der Wasserversorgung etlicher Hütten führen dürfte. Speichermöglichkeiten dürften damit an Bedeutung gewinnen», heisst es auf der Website des Zentralverbandes.

Verbraucherseitig würden bei Hüttenumbauten die Wassertoiletten durch Trockentoiletten ersetzt und der Wasserkreislauf optimiert. Angebotsseitig werden gemäss dem SAC bestehende Wasserfassungen optimiert oder neu erschlossen und die Wasserspeicherung mit grösseren Reservoirs erhöht. Berücksichtigt würden auch neuartige Lösungen wie «Snow Farming», also das Abdecken von Schneefeldern mit Flies im Frühjahr. Damit werde die Schneeschmelze verzögert, sodass im Herbst immer noch Schmelzwasser «geerntet» werden könne.

Mehr Aufwand für Hüttenteams

Die Hüttenteams stellen die Wasserversorgung vor Ort sicher, indem sie mit grossem Aufwand Zuleitungen von nahen Bächen, Restschneefeldern oder Gletschertoren immer wieder neu verlegen, sofern sie nicht über eine Wasserquelle in unmittelbarer Hüttennähe verfügen. Waschräume sind mit Sparventilen ausgerüstet, Gästeduschen stehen ohnehin nur in Hütten zur Verfügung, die über ein ausreichendes Wasserangebot verfügen.

«Der SAC ist bemüht, den Hüttengästen ausreichend Wasser in guter Qualität zur Verfügung zu stellen. Die natürlichen Begebenheiten und die speziellen hydrologischen Voraussetzungen in hochalpinen Einzugsgebieten setzen diesem Anspruch jedoch Grenzen», so der Zentralverband.

Die Wasserversorgung im alpinen Raum werde eine der grossen Herausforderungen im Hüttenbau während der nächsten Jahre sein. In diesem Zusammenhang werde generell eine Reduktion des Wasserverbrauches angestrebt, betont auch Markus Küng. So sei beim Projekt Glärnischhütte ein Ersatz der wassergespülten WC-Anlagen durch Trockentoiletten geplant, was zu einer sehr grossen Einsparung an Wasser führe – und auch eine Reduktion des Schmutzwassers zur Folge habe.

Die Lage bei uns

Der SAC Tödi besitzt insgesamt fünf Hütten, von denen eine – die Grünhornhütte – nicht bewartet ist. Die übrigen vier bieten einen hohen Komfort. Wie sieht die Lage bei ihnen aus?

Die Sommersaison laufe gut in der Fridolinshütte, da die Verhältnisse am höchsten Glarner Berg trotz der hohen Temperaturen nach wie vor sehr gut seien, sagt Lisa Hösli, die mit Ruedi Luchsinger die Hütte am Fusse des Tödis bewartet. Doch im Moment hätten sie etwa gleich viel Wasser wie sonst Ende August. «Wir mussten bereits die Turbine für Strom vom Wasser nehmen. Das heisst weniger Strom, dafür mehr teures Gas brauchen.» Auf die Gäste wirke sich die Situation bis jetzt noch nicht dramatisch aus: «Sie trinken nun Wein statt Wasser, und der Weinkeller ist gut gefüllt», schmunzelt die Hüttenwartin. Wenn die Quelle kein Wasser mehr habe, müsse man versuchen, Schläuche zu verlegen und das kostbare Nass aus einem Bach, der vom Gletscher unter dem Tödi komme, zu fassen.

Auch Simone Landolt von der Leglerhütte ist sehr zufrieden mit dem Besuch. Eine Quelle ist einen Monat früher als üblich versiegt, doch gibt es von der grossen Quelle noch genügend Wasser. Im Moment ist also alles sichergestellt in der modernen 2007 umgebauten Hütte, die nicht nur wegen ihres Blockheizkraftwerks als wegweisendes Bauwerk im ältesten Wildschutzreservat Europas gilt.

Die stabile Wetterlage führt auch in der Planurahütte zu hohen Besucherzahlen. Allerdings vermag das Dachwasser die Tanks nicht mehr zu füllen, sodass das Team um Silvia Blatter Wasser vom Gletschersee holen muss. Sparsamer Umgang mit dem kostbaren Nass ist in der höchstgelegenen Unterkunft der Ostschweiz am grössten Windtrichter Europas sowieso ein Muss, sodass sich diesbezüglich für die Gäste nichts verändert hat.

Die von Fridli Riegg bewartete Glärnischhütte verzeichnet ebenfalls guten Besuch und scheint aktuell auch gut versorgt zu sein. Der Gletscherbach bringt viel Wasser und füllt die Reservoirs. Beim bevorstehenden Umbau sollen laut Markus Küng die Quelle saniert und die Reservoirs abgedichtet werden. Zudem werden wie erwähnt die WC-Anlagen durch Trockentoiletten ersetzt, womit dann mehr als 50 Prozent des Wasserverbrauchs eingespart werden kann.