Weisser Stock hat Vortritt!

Zum «Internationalen Tag des weissen Stockes» organisierte der Schweizerische Blindenbund gemeinsam mit der Kantonspolizei Glarus eine Aktion beim Bahnhof Näfels. Dabei ging es um die Sicherheit im Strassenverkehr.



Anhalten obligatorisch: Der hochgehaltene weisse Stock hat immer Vortritt. (Bilder: mb)
Anhalten obligatorisch: Der hochgehaltene weisse Stock hat immer Vortritt. (Bilder: mb)

Elegant kurvt der Velofahrer um die blinde Frau mit dem weissen Stock, welche die Strasse überqueren will. Ein Autofahrer macht es ebenso. Hoppla. Ginge es nicht um eine Aufklärungsaktion, hätten beide mit einer Verzeigung rechnen müssen. Denn die Rechtslage ist klar. In Artikel 6 der Verkehrsregelverordnung heisst es: «Unbegleiteten Blinden ist der Vortritt stets zu gewähren, wenn sie durch Hochhalten des weissen Stockes anzeigen, dass sie die Fahrbahn überqueren wollen.» Dies gilt für alle und überall – egal, ob es einen Fussgängerstreifen gibt oder nicht, ob in einer Tempo-30-Zone, in Begegnungszonen oder ausserhalb von Ortschaften.

Im Ernstfall verzeigt

Um die Öffentlichkeit wieder einmal zu sensibilisieren, führt der Schweizerische Blindenbund gemeinsam mit der Kantonspolizei den Präventionsnachmittag beim Bahnhof Näfels durch. Fünf blinde oder sehbehinderte Frauen wollen abwechslungsweise die Strasse überqueren, halten dazu den weissen Stock hoch und testen so die Reaktion der Auto- und Velofahrer.

Etwas weiter südlich warten Polizist Markus Fritschi vom Fachdienst Verkehr und Markus Hermes vom Blindenbund. Sie halten die Fahrzeuge auf und informieren die Lenker über die Präventionsaktion. Wer die Verkehrsregel eingehalten hat, wird gelobt und mit einem kleinen Geschenk belohnt. «Orientieren Sie bitte auch Ihre Bekannten», sagt Markus Fritschi zu ihnen. Wer die Regel gebrochen hat, wird darauf aufmerksam gemacht, dass dies im Ernstfall eine Verzeigung zur Folge hätte und teuer werden würde.

75 Prozent Anhaltedisziplin

25 von 33 getesteten Autofahrern halten korrekt an, als sie den weissen Stock sehen. Bei den Velos sind es zwei von vier. Für Markus Fritschi ein voller Erfolg: «Ungefähr 75 Prozent der Verkehrsteilnehmer haben beim Hochhalten des weissen Stockes angehalten. Das Feedback der kontrollierten Fahrzeuglenker war sehr positiv. Viele schätzten diese Aktion als sehr wichtig ein», so sein Fazit.

Helen Zimmermann aus Netstal, Präsidentin der Regionalgruppe Zürich des Schweizerischen Blindenbundes, zu welcher das Glarnerland gehört, hat die Aktion in Näfels organisiert. Sie zeigt sich beeindruckt, «dass die besonderen Anliegen von uns sehbehinderten und blinden Menschen im Strassenverkehr auf Interesse gestossen sind. Die Bereitschaft zur Mitarbeit war vonseiten der Polizei, der Mitglieder aus der Region und der Medien gut zu spüren.» Sie dankt denn auch allen Beteiligten – «und natürlich auch den 75 Prozent der Autofahrenden, welche die Bedeutung des weissen Stockes beachtet haben».