Wenn das Fegefeuer im Brotkasten lodert…

…dann schwirrt der Geist von Tim Krohns „Vreneli“ unwiderstehlich im Irgendwo herum. Am vergangenen Samstag fand Vrenelis unruhiger Geist in der Abgeschiedenheit des Tierfehds für kurze Zeit einen Ort des in sich ruhenden Seins.



Was unterscheidet das Reale vom Traum? Tim Krohns Vreneli hat beides traumtänzerisch leicht zum Ganzen vereint (Bild: rzweifel)
Was unterscheidet das Reale vom Traum? Tim Krohns Vreneli hat beides traumtänzerisch leicht zum Ganzen vereint (Bild: rzweifel)

Betörend sinnliches Programm

Die Wandlung von einer Lesung ins programmatische Gestalten des Abends alleine wäre schon in sich ein Erlebnis gewesen. Durch das harmonische Miteinander von Wort und Klang touchierten der begnadete Phantasienzauberer Tim Krohn und das musikalische Multitalent Anna Trauffer beinahe das Perfektum. Den beiden gelingt eine Symbiose, die bis anhin nur im Zusammenspiel von Bühnenwerken mit musikalischer Untermalung erlebbar war, wie beispielsweise in der letztjährigen Aufführung von „Quatemberkinder“ durch das Theater Glarus. Durch das sensible Mitschwingen der durch Anna Trauffer erzeugten Klangebilde wurden die Worte zu lebendigen Bildern erweckt. Eine ebenso neue Kunstform der Darbietung hat am Samstagabend die Gäste überzeugt, wie d’Vriina mit ihrer „rechten Kunst des Blüemlibislens“.

Das rote Bändeli vom Mariili

Flossen in stummer Einsamkeit die Worte einst aufs Papier, erfüllten sie im Tierfehd den grossen Spiegelsaal des Hotel Tödis und verführten die Gäste in die traumhafte Welt vom Vreneli, der Realität jedoch nie ganz enthoben. Schon die Seele von Vrenelis Mutter, dem Mariili, schwebte zeitlebens im brüchigen Raum zwischen der realen und der Hummeliwelt, um in einer eisigen Winternacht den Weg nicht mehr zurück in die Menschenwelt zu finden. Dem Vreneli blieb einzig das rote Bändeli, das es stets wegweisend begleitete. Diesem Bändeli gleich gestaltete Tim Krohn seine Lesung, gelang ihm doch ein weiteres Kabinettstück, indem er den Bogen von Mariilis eigenartiger Kindheit zu Linthal bis hin zum ersten „Zwick im Ranzen oder darunter“ vom Vreneli, - ab dann es zur Vriine erwachte – zeichnete, als gäbe es nur diesen einzigen Erzählstrang. Dass es jedoch derer viele sind, davon können wir uns jetzt alle durch genüssliches Schwelgen im prosaischen Werk vom „Vrenelis Gärtli“ überzeugen lassen.