Wie ein Glarner in Bulgarien lebt

Heute folgt der zweite Bericht aus der Serie «Auslandglarner» erzählen. Sie geben uns Eindrücke über ihr Leben in fremden Ländern. Thomas Gallati aus Braunwald berichtet, warum er in Varna sein Glück gefunden hat. In den kommenden Monaten werden weitere Auslandglarner über ihre Erlebnisse und Eindrücke berichten.



Wie ein Glarner in Bulgarien lebt

glarus24: Sie sind aus dem Glarnerland ausgewandert in ein fremdes Land. Wo verbringen Sie heute Ihre Tage und wie lange leben Sie schon an diesem neuen Ort?

Thomas Gallati: Ich bin 1999 nach Varna ausgewandert und war beeindruckt über so viel Grünfläche. Beim Anblick der alten Wohnblocks fragte ich mich: Kann man in solchen Gebäuden leben? Ich wurde schnell eines Besseren belehrt. Im Innern muss man auf keinen Luxus verzichten. In den Jahren, wo ich in Varna lebe, hat sich sehr vieles geändert. Damals gab es keine Einkaufszentren. Heute sind sie wie in jeder Stadt aus dem Boden gewachsen.

glarus24: Was ist der entscheidende Grund, weshalb Sie sich seinerzeit zu diesem Schritt entschieden haben und war dies schon lange Ihr Wunsch?

Thomas Gallati: Meine damalige Freundin war Bulgarin und ich war bei der Schweizerischen Grenzwache von 1980 bis 1998 tätig. Die dieser Zeit wusste man nicht, was mit der Schweiz und unserem Kanton geschieht. (EWR, EU) und so fasste ich die Idee, etwas Neues in Bulgarien aufzubauen.
Ich gründete in Bulgarien eine Firma, eröffnete eine Tauchschule und spezialisierte mich zusätzlich auf Bulgarien-Reisen. Der Alltag ist nicht viel anders als in der Schweiz, aber was ich hier schnell gelernt habe ist, wieder zu leben.

glarus24: Sie leben nun in einem für uns fremden Land. Einen früheren Teil Ihres Lebens haben Sie aber im Glarnerland verbracht. Erzählen Sie uns etwas über diese Zeit.

Thomas Gallati: Ich bin am 28. 3. 1958 in Braunwald geboren, wo ich auch die Primarschule bis zur 7. Klasse besuchte, anschliessend besuchte ich die Handwerkerschule in Glarus. Nach meiner Schulzeit begann ich die Lehre als Mechaniker bei der Firma Therma AG in Schwanden. 1980 ging ich zur Schweizerischen Grenzwache, wo ich bis 1998 arbeitete.

glarus24: Unsere Leser interessiert aber selbstverständlich auch, wie Sie heute Ihr Leben verbringen. Wie sieht bei Ihnen der Alltag fernab vom Glarnerland aus?

Thomas Gallati: Verheiratet bin ich mit Wenzeslava und wir haben zwei Söhne – Samir 21-jährig und Galen 9-jährig. Samir besucht die Universität in Schumen und Galen geht in die 3. Klasse. In den Monaten März bis Oktober bin ich mit der Tauchschule und der Betreuung von unseren Gästen tätig. Die Unterwasser-Fotografie darf natürlich nicht fehlen. In den Wintermonaten verbringe ich die Zeit zum Teil in Braunwald. Bulgarien, das Tor zu Europa, hat eine Faszination des Zusammenlebens von verschieden Kulturen, was auch bei der täglichen Arbeit einen Einfluss ausübt. Es dauert einfach einige Zeit, bis man an das Ziel kommt, planen ist sehr schwierig. Die Geschichte Bulgariens ist auch sehr attraktiv; so ist der älteste Goldschmuck der Welt in Archäologischen Museum zu sehen. Meine tägliche Arbeit besteht darin, Gäste aus aller Welt zu betreuen und ihnen behilflich zu sein, bei der Planung der Ferien. Auch besitzen wir eine Tauchschule, wo wir die Schönheiten des Schwarzen Meers zeigen und natürlich auch Taucherausbildung betreiben. Das Leben in Bulgarien ist für die Bevölkerung sehr teuer, kostet doch 1 Liter Benzin umgerechnet rund 1.78 Franken bei einem minimalen Einkommen von lediglich knapp 160 Schweizer Franken. Für unsere Gäste ist Bulgarien ein günstiges Reiseland.

glarus24: Wenn Sie einmal Vergleiche ziehen, was ist nach Ihrer Ansicht besser als im Glarnerland und hat sich der Entschluss auszuwandern, für Sie rückblickend betrachtet gelohnt?

Thomas Gallati: Ich bin ein Weltbürger und das Auswandern hat sich für mich sicher gelohnt, weil ich hier in Varna respektive in Bulgarien wieder gelernt habe zu leben. Sicher um einiges besser denke ich, denn man hat hier einfach mehr Zeit und man nimmt das leben stets wie es kommt.

glarus24: Zum Schluss noch eine Frage: Vermissen Sie von Zeit zu Zeit das Glarnerland oder Ihren Geburtsort und wenn ja, was fehlt Ihnen bei diesem Gedanken am meisten?

Thomas Gallati: Da ich in den Wintermonaten meine Zeit nach wie vor zum Teil in Braunwald verbringe, fehlt mir eigentlich davon nichts oder nur wenig. Mit fehlen höchstens meine Eltern, die leider bereits verstorben sind.